Frage an Waltraud Lehn bezüglich Senioren

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Waltraud Lehn
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Frage von Werner M. T. •

Frage an Waltraud Lehn von Werner M. T. bezüglich Senioren

"Zwangsbeitrag" in der GKV:
Als Rentner zahle ich jetzt auch 15,5% Beitrag. Vorher 12,7%. Kasse ist Ihnen gut bekannt da Sie aus unserem Raum kommen. Eine Wahlmöglichkeit - und damit Kostenminimierung - ist mir durch den Gesundheitsfond genommen. Nach 20 Jahren Angestelltentätigkeit - davon mehr als die Hälfte Beiträge über der BBG (Beitragsbemessungsgrenze) - habe ich mich selbständig gemacht. Da ich vor meiner zur-Ruhe-Setzung selbständig war und mich für die letzten 20 Jahre "privat" versicherte habe, trage ich hier den Beitrag zur GKV allein. Ohne Beteiligung der Gesetzlichen. Dies ist so zu sehen: ein Fünftel meiner Rente erziele ich aus 20 Jahren gesetzl. Versicherung und vier Fünftel aus privater Vorsorge. (Beachten Sie: 20 Jahre gesetzl. und 20 Jahre privat!) Solidarität ist "in". Ist auch gut so. Aber: Lohnsteigerung: Null Euro. Weihnachtsgeld: Null Euro. Preissteigerung - von Energiekosten will ich garnicht erst reden - immer weiter rauf.
Ich denke, es geht nicht nur mir so. Der soviel gerühmte Mittelstand ist sicher überwiegend privat versichert und nicht in der GKV. Trägt also auch heute noch das "Risiko" alleine. Toll. Wahlen stehen an. Rentner sind im Marketing heute "in". Hätten Sie heute schon eine Idee für den Fall, dass Sie (sie) nach dem 27.09.2009 wieder ein wenig mehr (allein) entscheiden könnten-:)? Würde mich schon sehr interessieren. Meine Wahlentscheidung ist noch offen.
Mit herzlichen Grüßen und dem Wunsch, dass Sie (Und sie= Bundestagsabgeordnete in Berlin) auch einmal an die stärker werdende "Fraktion" der Rentner denken.
Ihr Werner M. Tappe

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Sehr geehrter Herr Tappe,

vielen Dank für Ihre Frage vom 9. Januar 2009. Sie fragen nach dem neuen allgemeinen Beitragssatz für Ihre Krankenversicherung. Dazu kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Bislang hat jede einzelne Krankenkasse ihren eigenen Beitragssatz festgelegt, so dass es zu erheblichen Belastungsunterschieden für die Versicherten gekommen ist. Der günstigste Beitragssatz lag 2008 bei 11,8 Prozent, der höchste bei 16,5 Prozent. Mit Ihren 12,7 % lagen Sie also im unteren Mittelfeld.

Die bisherigen Beitragsunterschiede von bis zu 4,7 Beitragssatzpunkten führten zu Ungerechtigkeit und Wettbewerbsverzerrungen. Diese werden durch den ab 1. Januar 2009 geltenden einheitlichen allgemeinen Beitragssatz beseitigt. Gleicher Beitragssatz für gleiche Leistungsansprüche entspricht dem Grundprinzip eines Solidarsystems wie der gesetzlichen Krankenversicherung, macht es hierdurch gerechter und transparenter und führt zu mehr Verteilungs- und Belastungsgerechtigkeit.

Ab dem 1.1.2009 erhalten also alle Kassen die zur Versorgung ihrer Versicherten notwendigen Mittel auf einer fairen und gerechten Grundlage. Die frühere Verteilung war nicht fair. Viele Mitglieder zahlten nicht deswegen höhere Beiträge, weil ihre Kasse unwirtschaftlich war, sondern deswegen, weil ihre Kasse eine ungünstige Versichertenstruktur hatte. Beispielsweise musste die AOK Berlin einen Beitragssatz von 15,8 (plus 0,9 Prozent Sonderbeitrag) erheben, vor allem, weil etwa die Hälfte ihrer Versicherten Rentner sind. Auch die AOK Saarland erhob im Jahr 2008 diesen hohen Beitragssatz und hat mittlerweile nur noch 170.000 Versicherte, von denen gut 84.000 Rentnerinnen und Rentner sind. Dagegen konnte ihr größter Konkurrent, die IKK-Südwest, bei 314.000 Versicherten und nur 10.000 Rentnern einen Beitragssatz von nur 12,3 Prozent erheben.

Mit der Neuordnung der Finanzierung wird dafür gesorgt, dass dieser verzerrte Wettbewerb aufhört und dass die Beitragsmittel gerecht verteilt und damit ungerechtfertigte Beitragsvorteile und -belastungen abgebaut werden. Krankenkassen, die mehr ältere und mehr kranke Menschen versichern, erhalten durch die Neuordnung mehr Geld aus dem "Solidartopf" als bisher.

Diese Neuordnung führt in der Tat dazu, dass die Beiträge bei einigen Kassen ab dem 1.1.2009 steigen. Andere Kassen, deren bisheriger Beitragssatz über dem neuen einheitlichen Beitragssatz liegt, haben dann einen niedrigeren Beitragssatz.

Der Start des Gesundheitsfonds ist jedoch nicht der Grund für steigende Beitragssätze. Die Erhöhungen resultieren vor allem aus einer seit langem geforderten besseren Vergütung für ambulante ärztliche Leistungen, finanziellen Entlastungen der Krankenhäuser, sowie aus steigenden Arzneimittelausgaben. Die Finanzierung des medizinisch technischen Fortschritts und die Zunahme chronischer Krankheiten im Rahmen einer älter werdenden Gesellschaft erfordern ebenfalls zusätzliche Finanzmittel. Diese Entwicklung wäre auch ohne den Gesundheitsfonds eingetreten. Daher hätte Ihre Kasse auch ohne Fonds Ihren Beitragssatz erhöhen müssen.

Herr Tappe, ich hoffe, ich habe Ihre Frage damit ausreichend beantwortet. Zur Situation der Rentner, die ich natürlich aus Gesprächen in meinem Wahlkreis kenne, möchte ich noch Folgendes sagen: Wie Sie sicher wissen wurden die Renten zum 1. Juli 2008 stärker angehoben, als ursprünglich vorgesehen. Damit auch die Rentnerinnen und Rentner vom wirtschaftlichen Aufschwung der letzten Jahre profitieren, hat sich die Bundesregierung dazu entschieden, die so genannte "Riestertreppe" in diesem und im nächsten Jahr auszusetzen. Wir werden auch im nächsten Jahr darauf achten, dass die Rentnerinnen und Rentner trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen wie geplant von der höheren Rentenanpassung profitieren. Nach langen Jahren von Nullrunden oder Kleinstanpassungen halte ich diese Erhöhung für richtig. Natürlich weiß ich, dass diese nicht üppig ist, aber sie schöpft aus, was möglich ist. An den begrenzten Haushaltsmitteln können leider auch wir als SPD-Fraktion nichts ändern. Damit der Neuverschuldung ein Riegel vorgeschoben wird, müssen wir alle an einem Strang ziehen -- das gilt für die jetzige Koalition als auch für spätere Regierungen.

Freundliche Grüße

Waltraud Lehn