Frage an Wilhelm Minschke bezüglich Wirtschaft

Wilhelm Minschke
FDP
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Frage von Stefan K. •

Frage an Wilhelm Minschke von Stefan K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Minschke. ,

wie sicherlich auch ihnen nicht entgangen ist leidet Deutschland unter einer enormen Staatsverschuldung. Die genaue Summe zu nennen schenke ich mir, da es sich erstens um eine Zahl handelt die für mein mathematisches Verständnis real nicht mehr fassbar ist, und sie sich zweitens bekanntlich im Sekundentakt erhöht. 1. Wann, wie und von wem sollen diese Schulden jemals getilgt werden?
2. Ist ihrer ehrlichen Meinung nach eine Rückzahlung des gigantischen Schuldenberges überhaupt jemals möglich bzw. wird sie vielleicht von den verantwortlichen Politikern längst gar nicht mehr angestrebt?
3. Da ja abgesehen von einigen "Ölscheichtümern" sämtliche Staaten unter einer ähnlichen Schuldenlast leiden, wieso ist es nicht möglich, daß im Interesse der gesamten Weltbevölkerung sämtliche Staatsschulden bspw zum 1.1.2006 von allen Staatsoberhäuptern in einem gemeinsamen feierlichen Akt für nicht existent erklärt werden?

Im Wahlprogramm ihrer Partei (wie aber auch bei allen anderen) finde ich darauf keine befriedigende Antwort. Sie stimmen mir doch sicher zu, daß es Volksverdummung wäre, zu behaupten, die Staatseinnahmen würden sich durch wirtschaftliches Wachstum so astronomisch steigern lassen, daß dadurch eine komplette Rückzahlung möglich wäre.

Mfg

Antwort von
FDP

Sehr geehrter Krauß,
gerade bin ich mit der Beantwortung von Fragen von Lesern der BZ fertig geworden. Auch Ihre Fragen sind damit beantwortet worden. Vielleicht sind Sie damit einverstanden, dass ich Ihnen diese Antworten zusende. Sollten Sie nicht zufrieden sein, melden sie sich bitte noch einmal.

Herzliche Grüße

Wilhelm Minschke

Salzgitter Zeitung - Beantwortung von Leserfragen

zu Frage 1
Die EU steht zunächst vor der großen Aufgabe, auch mit 25 Mitgliedern handlungsfähig zu bleiben. Die Erweiterung der EU darf auf keinen Fall die Vertiefung der Integration in Frage stellen. Der Beitritt weiterer Staaten ist nur möglich, wenn diese sich als beitrittsfähig und die EU sich als aufnahmefähig erweisen. Die europäische Erfolgsgeschichte wird sich nur fortsetzen, wenn an die Kontrolle dieser Voraussetzungen strenge und transparente Anforderungen gestellt werden.
Wir setzen uns für eine wirksame und kohärente Nachbarschaftspolitik der EU ein.
Für die Türkei gilt erst recht, dass Alternativen zur Vollmitgliedschaft in den im Oktober beginnenden und mehr als ein Jahrzehnt andauernden Verhandlungen vorgreiflich mitgedacht werden müssen. Die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei müssen ergebnisoffen geführt werden. Erst gegen Ende des Verhandlungsprozesses wird man bewerten können, ob die Türkei den acquis communitare voll umgesetzt hat und ob die EU in der Lage ist, ein weiteres großes Land als Mitglied aufzunehmen. Denn weder kann als sicher angenommen werden, dass die Türkei bis Ende des nächsten Jahrzehnts in der Lage sein wird, den acquis communitare voll anzuwenden und die mit ihm einhergehenden Souveränitätsverzichte zu akzeptieren, noch kann davon ausgegangen werden, dass bis dahin die Europäische Union die notwendige Absorptionskraft und Aufnahmefähigkeit wieder gewonnen hat, um mit der Aufnahme diese großen und heterogenen Landes ohne Gefahr der Überdehnung und Überforderung fertig zu werden.
zu Frage 2
Die demografische Entwicklung (Entwicklung der Bevölkerung nach Zahl und Zusammensetzung) hat in Deutschland insbesondere Auswirkungen auf die Kinderzahlen.
Seit Anfang der 70er Jahre
des letzten Jahrhunderts ist jede Kindergeneration um ca. ein Drittel kleiner als die ihrer Eltern, dementsprechend ist die Anzahl der Bevölkerung, auch unter Berücksichtigung von
Einwanderern rückläufig. Der Bevölkerungsrückgang hat negative Auswirkungen auf alle Bereiche des Staates. Wir wollen daher u.a. mit einer fortschrittlichen Familien- und Arbeitsmarktpolitik und entsprechender sozialer Absicherung dafür Sorge tragen, dass bessere Anreize zur Gründung von Familien mit Kindern geschaffen werden.
zu Frage 3
Im Bundeshaushalt sind im Etat des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit die so genannten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit mit 6,55 Mrd ¬ dotiert. Aus diesem Titel werden auch die 1-¬ -Jobs finanziert. Ausgehend von 500.000 derartiger Jobs entstehen maximal Ausgaben von 1 Mrd ¬ .
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollen 600.000 solcher Arbeitsgelegenheiten für Arbeitslosengeld II- Empfänger geschaffen werden. Im Juni 2005 waren rd. 193.000 Personen in Zusatzjobs beschäftigt.
Insbesondere die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen im Rahmen von 1-¬ - Jobs bei den Kommunen bergen die Gefahr, (in diesem fall ja auch konkret), von Wettbewerbsverzerrung zu Lasten Beschäftigter oder auch privater Unternehmen. Durch die Anrechnungsfreiheit der 1-¬ -Jobs auf das Arbeitslosengeld II sind die Anreize so gesetzt, dass eine Beschäftigung im zweiten Arbeitsmarkt finanziell attraktiver ist, als eine Zusatzbeschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt. Wir wollen hier ebenso neue Regelungen wie bei den Ich-AG s, die ebenfalls mehr Arbeitsplätze vernichten, als schaffen.
zu Frage 4
Der Landwirt muss wieder zum Unternehmer werden. Die heimische Ernährungs- und Agrarwirtschaft sichert in bedeutendem umfang Arbeits- und Ausbildungsplätze in Deutschland. Wir wollen die Rahmenbedingungen für den Agrar- und Ernährungsstandort Deutschland mit seinen mehreren Millionen Arbeitsplätzen deutlich verbessern und ideologische Fehlentwicklungen, wie die sog. Agrarwende, stoppen und korrigieren. Entgegen der Zielvorgabe von 20% Ökolandwirtschaft bis 2010 wird heute auf ca. 4,1% der Landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologische Landwirtschaft betrieben. Der Marktanteil von Ökoprodukten im Handel beträgt sogar nur 2,6 %, die Agrarwende ist damit gescheitert.
Die Förderung der Landwirtschaft wird nach dem neuen Agrarkonzept der FDP schrittweise produktunabhängig gestaltet. Die vielfältigen Fördertatbestände werden zu einem Flächenbezogenen Fördertatbestand zusammengefasst: Zukünftig sollen die Landwirte für ihre Leistungen zur Pflege und Erhaltung unserer Kulturlandschaft eine Kulturlandschaftsprämie erhalten. Im Gegenzug entfallen schrittweise die bisherigen bürokratischen Marktregulierungen. Wir brauchen frischen Wind in der Agrar- und Verbraucherpolitik: mehr soziale Marktwirtschaft statt staatlicher Eingriffe, Eigenverantwortung statt Bevormundung vin Verbrauchern und Unternehmen, weniigwer Bürokratie statt immer mehr Auflagen, Marktöffnung statt Abschottung und Fachlichkeit statt Ideologie. Wir setzen neben dem gesetzlichen Verbraucherschutz verstärkt auf Eigeninitiative, Wettbewerb und Marktöffnung. Der von der bundesregierung eingeschlagene Kurs der einseitigen politischen Steuerung des Konsums ist zu beenden, überbordende Bürokratie lähmt den unternehmerischen Landwirt. Die in diesem Jahr in nationales Recht umgesetzte EU-Agrarreform muss mit dem Ziel der deutlichen Vereinfachung fortgesetzt werden.
zu Frage 5
Mit der Novelle des Energiewirtschaftsrechtes ist zum 1. Juli 2005 der Startschuss für einen Neuanfang in der Energiewirtschaft gelungen. Für mehr Wettbewerb in den Energienetzen soll künftig ein staatlicher Regulator sorgen, der Netzentgelte prüfen und kontrollieren soll. Von ihm werden entscheidende Impulse zur Preisfindung ausgehen. Preissenkungspotentiale können besser ausgeschöpft werden als bisher. Die Einführung des europaweiten Emissionshandels gibt die Gelegenheit, bisherige nationale Förderegime zu überprüfen. An erster Stelle steht dabei das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Die FDP- Bundestagsfraktion will diese Subventionsgesetz abschaffen, das den Strom voraussichtlich in 2005 um mehr als 2,5 Mrd ¬ verteuert. Auch das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz gehört auf die Agenda anstehender Reformen.
zu Fage 6
Die Kernaufgaben des Staates sind jene Aufgaben des Staates, durch die die grundlegenden Maßnahmen zur Organisation des Staates geregelt werden.
Die Frage nach einer Verstärkung der polizeilichen Überwachung ist so z.B ein Thema der Innen- und Sicherheitspolitik. Wir von der FDP meinen dazu, dass die Aufgabenstellung in diesem Bereich für den Staat eindeutig geregelt sind. Der Staat muss Freiheit und Eigentum der Bürger schützen, nicht mehr und nicht weniger. Wir wollen nicht mehr Staat, wir wollen keine lückenlose Überwachung. Die Aufhebung des Bankgeheimnisses ist ein Beispiel dafür, was wir nicht wollen, denn es stellt alle Bürger unter einen „Generalverdacht“ der Steuerhinterziehung. Weder Behörden die die Konten abfragen dürfen, noch der Zweck der Anfrage ist definiert. Der Rechtsstaat muss aber auf die Unschuldsvermutung setzen und sich auf begründete Überprüfungen beschränken. Wir wollen keine Verdachtsunabhängige massenhafte Vorratsdatenspeicherung unter dem Vorwand der „Fahndungseffizienz“. Wir wollen auch keine neuen diesbezüglichen Gesetze sondern die Ausschöpfung des vorhandenen Rechtsrahmens und eine funktionierende Justiz.
zu Frage 7
Der Generationenvertrag kann auf Grund der demagogischen Entwicklung in Deutschland nicht mehr die Grundlage für unsere Sozialsysteme sein, da durch immer weniger Menschen in Arbeit immer weniger Einzahler auf der einen Seite und immer mehr Empfänger, die auch immer älter werden, auf der anderen Seite stehen.
Aus unserer Sicht können die Probleme nur mit einer umfassenden Neuordnung der Sozialsysteme für Deutschland gelöst werden.
So wollen wir auf die Entlastung der Familien besonderes Augenmerk legen.
Ein Ehepaar mit zwei Kindern zahlt bei unserem System erst ab einem Jahreseinkommen von 38.600 ¬ Steuern (incl. Ausnutzung des Freibetrages für Vorsorge-Aufwendungen) Die Familie kann also fast doppelt soviel steuerfrei verdienen wie nach dem geltenden Recht. Das Kindergeld wird auf 200,-- EUR angehoben, durch einen Teil der so frei gewordenen Mittel können angemessene Vorsorgemaßnahmen bedient werden.
zu Frage 8
Die Verschuldung eines Staates hängt von vielen Faktoren ab. Grundsätzlich ist eine Verschuldung nicht vertretbar, in der Praxis aber kaum vermeidbar. Entscheidend ist dabei, in welchem Rahmen und für welchen Zweck sich ein Staat verschuldet.
Unsere erste Priorität ist eine solide und nachhaltige Haushaltspolitik., die im Rahmen einer modernen und gerechten Steuer- und Sparpolitik die Verschuldung des Staates schnellstmöglich abbaut. Wir begreifen das „Sparen“ als strukturelle Aufgabe, so haben wir z.B. für die Haushaltsberatungen zum Bundeshaushalt 2005 über 400 Anträge zu Einsparvorschlägen mit einem Volumen von 12,5 Mrd EUR vorgelegt und weitere strukturelle Maßnahmen vorgeschlagen, die den Haushalt bei vorsichtiger Bewertung um bis zu 35 Mrd EUR entlasten können.
Niedersachsen und der Stadt Braunschweig zeigen sich die Erfolge einer solchen Haushaltspolitik.