Frage an Winfried Kretschmann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Winfried Kretschmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Heike V. •

Frage an Winfried Kretschmann von Heike V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kretschmann,

mich irritiert, dass die Grünen immer von einem "Volksentscheid" zu Stuttgart 21 sprechen.

Die Vertreter des Aktionsbündnisses differenzieren dagegen und fordern einen Bürgerentscheid oder eine bindende Bürgerbefragung zumThem Stuttgart 21, das heißt, dass dazu nur die Bürger der Stadt Stuttgart und der Region befragt werden sollen.
Zur Neubaustrecke wird dagegen ein landesweiter Volksentscheid gefordert, denn diese betrifft das ganze Land.

Ich sehe das genauso. Warum sollen z.B. die Balinger oder die Radolfzeller darüber abstimmen, wie der Stuttgarter Bahnhof aussehen soll? Und ob Stuttgart die nächsten 10 (oder eher 20) Jahre unter der größten Baustelle Europas mit Staub, Dreck und Lärm leiden soll und das Stadtbild durch 17 km lange oberirdische Wasserleitungen verschandelt werden soll? Darüber sollten doch wirklich nur die Bürger der Stadt und der Region abstimmen.

Würden die Grünen, falls Sie an der neuen Regierung beteiligt sind, die beiden Abstimmungen auf diese Weise durchführen? Oder würden Sie tatsächlich das ganze Land über den Stuttgarter Bahnhof und Bahnknoten abstimmen lassen?

Die neue Städtetagspräsidentin, die Reutlinger Bürgermeisterin, sieht das übrigens genauso. Sie sagte, wie der Bahnhof in Stuttgart aussähe, sei Sache der Stuttgarter, da mische sie sich nicht ein.

Besten Dank für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Heike Voß

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Voß,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte.

Dass wir von einem Volksentscheid sprechen, liegt daran, dass ich als Fraktionsvorsitzender einer Landtagsfraktion für die Landesebene spreche.
Auf der kommunalen Ebene gibt es das Instrument des Bürgerentscheids, aber das betrifft die Kommunen, daher die Differenzierung.

Bündnis 90/Die Grünen setzen sich für eine Stärkung der Bürgerbeteiligung/Direkten Demokratie auf allen Ebenen ein. Demokratie lebt von interessierten und verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürgern. Nur mit einem „Mehr an Bürgerbeteiligung“ kann der zunehmenden Politikverdrossenheit und der entstandenen Distanz zwischen Politik und Zivilgesellschaft wirksam begegnet werden. Bürgerinnen und Bürger wünschen mehr direkten Einfluss, wollen hierfür Verantwortung übernehmen und fordern aus diesen Gründen direktdemokratische Formen der Bürgermitsprache. Die grüne Landtagsfraktion hat gemeinsam mit der SPD daher einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Einführung einer Volksinitiative in den Landtag eingebracht. Konkret bedeutet das, dass die formalen Hürden für Volksbegehren und Volksabstimmung gesenkt werden d.h das Quorum bei Unterschriften von 16,6% (ca. 1,2 Mio) wird auf 5% (ca. 375.000) abgesenkt, die Frist zur Unterschriftensammlung wird von 2 Wochen auf 6 Monate ausgeweitet und die Eintragung soll sowohl in Ämtern als auch freie Sammlung erfolgen. In Baden-Württemberg gab wegen der unüberwindbaren Hürden es trotz Verankerung in der Landesverfassung (1974) bis heute keine einzige Volksabstimmung.

Die Volksabstimmung über Stuttgart 21 soll sich daher auf die finanzielle Beteiligung des Landes an diesem Projekt beziehen. Das Projekt Stuttgart 21 geht alle Bürgerinnen und Bürger im Land etwas an, also auch die Balinger oder die Radolfzeller, da es auch mit Landesgeldern finanziert ist. Und das ist das Geld von allen Baden-Württembergern.

Mit freundlichen Grüßen
Winfried Kretschmann

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