Frage an Winfried Kretschmann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Winfried Kretschmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Wolfram H. •

Frage an Winfried Kretschmann von Wolfram H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Herr Kretschmann,

wie stehen Sie und die Grünen zum Bedingugnslosen Grundeinkommen ?

Als Familienvater mit 2 (+1) Kindern empfinde ich es als extrem ungerecht, dass die Erziehungsarbeit, die alle als sehr wichtig erachten nicht gewürdigt und auch nicht monetär gewertschätzt wird. Dazu wäre ein BGE in der Lage und würde die Möglichkeiten von Familien deutlich erweitern.

M.f.G.

Wolfram Hertler

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hertler,

ich danke Ihnen für Ihre Frage zum Thema eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Ich halte das Modell des bedingungslosen Grundeinkommens für einen sehr interessanten Ansatz, das auch in der Grünen Partei seit Jahren intensiv diskutiert wird. Allerdings sind dafür verschiedenste Voraussetzungen zu erfüllen, die nur in einer hoch integrierten Bürgergesellschaft zu den erhofften Effekten wie einer Aktivierung und Freilegung von Potenzialen und Ressourcen von Menschen zugunsten der Gesamtgesellschaft führen können. Eine Gesellschaft dieser Art besteht bislang nicht, weshalb das bedingungslose Grundeinkommen weiterhin ein Zukunftsprojekt bleiben wird.

Auf dem Bundesparteitag im Jahr 2008 setzte sich der Vorschlag einer Grünen Grundsicherung durch, die eine Alternative zu einem bedingungslosen Grundeinkommen darstellen könnte. In diesem Konzept sind einige Grundeinkommenselemente enthalten wie zum Beispiel die schrittweise Einführung eines Grundeinkommens für Kinder (bedingungslose Kindergrundsicherung), der Öko-Bonus (ein Grundeinkommen finanziert aus Ökosteuern) sowie ein temporäres Grundeinkommen (Brückenexistenzsicherung). Seit dem letzten Bundesparteitag 2013 wird der Fokus verstärkt auf die Förderung von Kindern gesetzt: Der schrittweise Umbau des Ehegattensplittings zu einem Familien-Splitting – wobei der Steuervorteil bis zu einem jährlichen Schwellenwert erhalten bleiben soll, um kleinere und mittlere Einkommen zu schützen – setzt Mittel frei, die vollständig in Bildungseinrichtungen wie Kitas und Schulen investiert werden. Außerdem sieht das Grüne Programm vor, den Familienlastenausgleich umzustrukturieren und so eine Kindergrundsicherung aufzubauen, mit der jedes Kind, egal ob es aus einem einkommensstarken oder einkommensschwachen Haushalt stammt, vor dem Staat gleich viel wert ist.

Auch auf Landesebene gibt es weitere Möglichkeiten, eine umfassende Teilhabe für alle Menschen sicher zu stellen und so bessere Zukunftschancen für alle zu schaffen. Hierzu gehören eine aktive und innovative Arbeitsmarktpolitik sowie Investitionen im Bildungsbereich wie der Ende 2011 zwischen kommunalen Landesverbänden und der Landesregierung geschlossene Pakt zum Ausbau der Kleinkindbetreuung. Damit setzt die Landesregierung ein wichtiges Zeichen für die Unterstützung junger Familien.
Nichts desto trotz wird die Diskussion um ein Grundeinkommen weiterzuführen sein. Dabei muss geprüft werden, welche erheblichen Veränderungen in den bestehenden Finanz-, Sozial- und Wirtschaftssystemen zur Umsetzung dieser Idee erforderlich wären und welche anderen Modelle und Möglichkeiten es gibt, die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sowie die Existenz- und Grundbedürfnissicherung für jeden Menschen zu ermöglichen.

Mit freundlichen Grüßen,

Winfried Kretschmann

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