Frage an Winfried Kretschmann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Winfried Kretschmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Heinz H. •

Frage an Winfried Kretschmann von Heinz H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kretschmann,

ich ärgere mich immer, wenn Politiker den Bürgern mit oberflächlichen Antworten Sand in die Augen zu streuen versuchen. So empfinde ich auch Ihre Antwort zum Thema Direktwahl der Landräte vom 28.1.2016. Grüne und SPD hatten dieses Thema schon als Oppositionsparteien auf ihrer Agenda und zudem im Koalitionsvertrag vereinbart. Warum wurde dies also nicht schon in der zu Ende gehenden Legislaturperiode umgesetzt? Wegen einem Kuhhandel mit der CDU? Als zweitletztes Bundesland ohne Direktwahl hatte man genügend Vorlagen von den anderen Bundesländern und immerhin fünf Jahre Zeit. Wenn, wie zu befürchten, Rot-Grün abgewählt wird, ist das Thema für viele Jahre vom Tisch.

Mich ärgert aber noch etwas. Gewerkschaften, SPD und sogar der Arbeitnehmerflügel der CDU fordern zurecht, bei der Krankenversicherung wieder zur paritätischen Finanzierung zurückzukehren. Sie dagegen vertreten die Ansicht, damit würden die Arbeitgeber zu stark belastet. Im Zweifel stehen Sie also auf der Seite der Arbeitgeber? Die zu erwartenden Zusatzbeiträge sind also Ihrer Ansicht nach den Arbeitnehmern zumutbarer als eine paritätische Finanzierung den Arbeitgebern? Haben Sie nichts davon mitbekommen, daß sich die Einkommens- und Vermögensverteilung zwischen arm und reich immer weiter auseinanderentwickelt?

Durch Ihre Position zu diesem Thema mögen Sie zwar wenige Stimmen von Unternehmern bei der Wahl gewinnen, Sie verlieren dadurch aber sicherlich zurecht ein Vielfaches davon im Lager der abhängig Beschäftigten. Sollten Sie also tatsächlich abgewählt werden, bräuchte man Ihnen aus dieser Perspektive wenigstens keine Träne nachweinen.

Mit freundlichen Grüßen
Heinz Heckele

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Heckele,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Direktwahl der Landrätinnen und Landräte und der Beitragsgestaltung bei den Krankenkassen.

Zum ersten Thema haben wir Ihnen unsere Ansicht bereits dargelegt: Wir Grüne werden uns – wie in unserem Wahlprogramm verankert – weiter für die Direktwahl der Landräte einsetzen.

Die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung ist eine wichtige Errungenschaft des deutschen Sozialstaats, zu der wir uns bekennen. Die Entscheidung, dieses Prinzip zu verlassen, wurde nach langer kontroverser Debatte getroffen: 2005 wurde die Parität zunächst teilweise und 2014 dann vollständig aufgegeben. Aufgrund einer Initiative der Großen Koalition wurde der Beitrag seit 01.01.2015 bei 14,6 % eingefroren, so dass weitere Erhöhungen der Krankenkassenbeiträge von den Versicherten alleine getragen werden müssen. Ziel war und ist es, mehr Wettbewerb zwischen den Kassen zu ermöglichen und die Unternehmen zu entlasten.

Allerdings sollte eine solch wichtige Frage wie die Rückkehr zur Parität, die gerade diskutiert wird und bei der es um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und übrigens auch eine relevante strukturelle Belastung des Landeshaushalts geht, nicht übers Knie gebrochen werden. Eine solche Frage muss sorgfältig geprüft und abgewogen werden. Alles andere wäre keine verantwortliche Politik. Schließlich geht es dabei um eine Mehrbelastung der Unternehmen von 6 Milliarden Euro bundesweit und rund 600 Millionen Euro allein für die Unternehmen im Land. Hinzu kommt eine jährliche Belastung des Landes als Arbeitgeber von 18 Millionen.

Die Landesregierung führt vor einer solch wichtigen Entscheidung Gespräche mit allen Beteiligten, um die Belastungen der Unternehmen und mögliche Alternativen gründlich zu prüfen. Hier muss sorgsam abgewogen werden. Dies kann man nicht mit einer direkten Abstimmung im Bundesrat erreichen, ohne die Zeit, sich verschiedene Alternativen anzuschauen. Eine Beratung in den Ausschüssen ist deshalb der sinnvolle Weg.

Klar ist: Wir Grüne stehen für ein gerechtes und wirtschaftlich erfolgreiches Baden-Württemberg. So haben wir sowohl die Interessen unserer Unternehmen im Land als auch die der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Blick – und haben in den vergangenen Jahren viele wichtige Verbesserungen für die Arbeitnehmer im Land erreicht, wie z.B. das Bildungszeitgesetz, das Tariftreuegesetz oder der gesetzliche Mindestlohn. Weitere Infos finden Sie hier: http://erfolgsgeschichten.baden-wuerttemberg.de/de/erfolgreiches-baden-wuerttemberg/#/11

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Büro-Team Winfried Kretschmann

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