Frage an Wolfgang Zöller bezüglich Gesundheit

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Wolfgang Zöller
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Frage von Heribert K. •

Frage an Wolfgang Zöller von Heribert K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Zöller,

ich habe hier mehrere Fragenkomplexe und würde mich freuen, wenn Sie mir hier weiterhelfen könnten:

A) Es bestehen Rücklagen in den GKVen + Gesundheitsfonds von 19,5 Mrd €. Bei einem Beitragsaufkommen von 169 Mrd € + Zuschüssen des Bundes von rd. 15 Mrd € = 184 Mrd € entspricht die Rücklage 11% der Beitragseinnahmen. Rechnerisch hätten also 71 Mio Beitragszahler (=85 % der Bevölkerung) - JEDER- ca. 300 € überzahlt, was 25 € im Monat entspricht. Angesichts dieser Rücklagen - ist da nicht die Streichung der mit hohen Verwaltungskosten verbundenden Praxisgebühr Gebot der Stunde?

B) Der § 305b SGB V wird geändert. Wasser auf die Mühlen der Monopolkommission. Warum aber soll die Bilanzierung nach SGB und nicht nach HGB erfolgen? Was soll versteckt werden? Werden Pensionsrückstellungen analog BilMoG behandelt? Wer testiert die Jahresabschlüsse? Wird mit der Änderung auch die "doppelte Buchführung" bei den GKVen eingeführt?

C) Wie kann ich mich bis zu geplanten Änderung des 305 b SGB V informieren, ob es meiner Kasse "gut" geht (wegen 3-jähriger Bindefrist bei Wahltarif u. Gefahr v. Beitragszuzahlungen) und welches Eigenkapital sie hat?

D) In welchem Umfang fallen Verwaltungskosten für nicht ärztliche Leistungen (außerhalb der GKVen) an, z.B. um Rückfragen GKVen für Verordnungen zu beantworten oder um Leistungen zu dokumentieren? Gibt es hier Erhebungen?

E ) Nach den vorläufigen Rechnungsergebnissen der GKVen vom BMG für 2011 beliefen sich die Beiträge der ALG II-Empfänger auf rund 4,4 Mrd Euro. Von wem wurden diese Beiträge geleistet? Wie partizipieren die nicht ges. Versicherten (z.B. Beamte) an den Zahlungen? Wird der Bund sich künftig (weiter?) an den Beitragszahlungen für ALG II-Bezieher beteiligen und in welchem Umfang?

F) Ließe sich die Solidarität der Organspender nicht durch Zuschuss für Beerdigungskosten oder durch Beitragssenkungen belohnen?

Ich danke Ihnen für die Beantwortung meiner Fragen.

Heribert Karsch

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CSU

Sehr geehrter Herr Karsch,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 25. April 2012. Gerne lasse ich Ihnen einige Informationen zukommen.

Zunächst zum Thema Praxisgebühr: Wir haben schon mit dem Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir die Praxisgebühr überprüfen wollen. Aber ich kenne bisher keinen praktikablen Vorschlag, der folgende Voraussetzungen besser erfüllt: Einnahmen sichern, Steuerungswirkung erreichen, Bürokratie abbauen und chronisch Kranke nicht überfordern. Von Vorschlägen, dass Kassenpatienten künftig bei jedem Praxisbesuch fünf oder mehr Euro bezahlen müssen, halte ich nichts, weil so nichts verbessert wird – im Gegenteil, die Bürokratie würde ausgeweitet und viele Patienten würden finanziell überfordert werden.

Sie bitten weiterhin um nähere Informationen zur Veröffentlichung der Jahresrechnungsergebnisse der Krankenkassen: Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz) wurden, wie Ihnen bereits bekannt ist, die Krankenkassen verpflichtet, die wesentlichen Ergebnisse ihrer Rechnungslegung in einer für die Versicherten verständlichen Weise zu veröffentlichen. Zu veröffentlichen sind insbesondere Angaben zur Entwicklung der Zahl der Mitglieder und Versicherten, zur Höhe und Struktur der Einnahmen, zur Höhe und Struktur der Ausgaben sowie zur Vermögenssituation. Ausgaben für Prävention und Gesundheitsförderung sowie Verwaltungsausgaben sind gesondert auszuweisen. Das Nähere zu den zu veröffentlichenden Angaben wird in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über das Rechnungswesen in der Sozialversicherung geregelt.

Da Hintergrund Ihrer Frage zu den Informationsmöglichkeiten über die Vermögenssituation der Krankenkassen bis zur erstmaligen Veröffentlichung der Ergebnisse der Rechnungslegungen die Sorge ist, bei Abschluss eines Wahltarifs an eine Krankenkasse gebunden zu sein, die in der Zukunft einen Zusatzbeitrag erheben könnte, möchte ich Sie auch über Neuregelungen in diesem Bereich informieren: Durch das GKV-Finanzierungsgesetz (GKV-FinG) ist die Wahlfreiheit der Versicherten nochmals gestärkt worden. Die Mindestbindungsfrist für die Tarife "Prä-mienzahlung", "Kostenerstattung" und "Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen" ist auf ein Jahr reduziert worden. Beim Selbstbehalttarif und beim Krankengeldtarif bleibt wegen der bei diesem Tarif notwendigen langfristigen Kalkulationsgrundlage für die Krankenkassen die bisher geltende Mindestbindungsfrist erhalten. Auch an der bisherigen Ausnahme für den Wahltarif Besondere Versorgungsformen wird festgehalten.

Weiterhin gilt das Sonderkündigungsrecht bei der Erhebung oder Erhöhung von Zusatzbeiträgen bzw. Verringerung von Prämienzahlungen nach § 175 Absatz 4 Satz 5 SGB V künftig auch für Teilnehmer an Wahltarifen. Eine Ausnahme bildet aber auch hier der Krankengeldtarif.

Sehr geehrter Herr Karsch, Sie bitten ferner um Informationen zur Höhe der Kosten, die bei nichtärztlichen Leistungserbringern, also z. B. bei Apotheken oder Physiotherapeuten, durch die Beantwortung von Rückfragen der Krankenkassen zu Verordnungen und die Dokumentation von Leistungen anfallen. Leider liegen mir dazu keine Erhebungen vor, ich möchte Sie aber auf die Verbände der jeweiligen Leistungserbringer als mögliche Ansprechpartner dazu aufmerksam machen.

Mit einer weiteren Frage sprechen Sie Umverteilungs- oder Subventionierungseffekte zwischen den verschiedenen steuer- bzw. beitragsfinanzierten Sozialleistungsträgern, aber auch der privaten Krankenversicherung und der Beihilfe als Systemen der Absicherung im Krankheitsfall an. Diese Effekte sind sowohl hinsichtlich ihres Gerechtigkeitsgehalts, als auch hinsichtlich ihrer Größenordnung immer wieder Gegenstand der Diskussion. So wurde z. B. im Zusammenhang mit der Einführung der Rückkehrmöglichkeiten in die gesetzliche und private Krankenversicherung auch diskutiert, in welchem System die Kosten der Absicherung im Krankheitsfall zu tragen sind, wenn der Versicherte finanziell bedürftig ist und die Kosten nicht selbst tragen kann. Ich halte die in diesem Zusammenhang seinerzeit getroffene Regelung für sachgerecht, werde aber die Entwicklung auch weiterhin beobachten und gegebenenfalls Änderungen einfordern.

Sehr geehrter Herr Karsch, mit Ihrer letzten Frage schlagen Sie vor, durch Zuschüsse zu den Beerdigungskosten oder Beitragssenkungen Anreize zu setzen, sich zu einer Organspende bereit zu erklären.

In Deutschland stehen, wie Sie wissen, zu wenige Spenderorgane zur Verfügung. Das bedeutet, dass es immer wieder vorkommt, dass Patientinnen und Patienten von der Warteliste für ein Spenderorgan genommen werden müssen, z.B. weil sich ihr Gesundheitszustand zu sehr verschlechtert hat. Vor diesem Hintergrund setze ich mich bereits seit Beginn meiner Tätigkeit als Patientenbeauftragter der Bundesregierung für eine Verbesserung der Versorgung mit Spenderorganen ein. Befragungen zeigen immer wieder, dass in der Bevölkerung eine positive Ein-stellung zur Organspende vorherrscht, auch wenn leider noch relativ wenige Menschen einen Organspendeausweis besitzen.

Bei der Organspende handelt es sich jedoch um eine freiwillige Spende, die nach meinem Dafürhalten nicht an bestimmte Bedingungen, wie etwa eine bevorzugte Berücksichtigung, falls man selbst einer Organspende bedarf, oder finanzielle Anreize geknüpft werden sollte. Ich habe mich deshalb für das vom Deutschen Bundestag am 25. Mai 2012 in 2./3. Lesung mit breiter Mehrheit beschlossene Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes und das Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung im Transplantationsgesetz eingesetzt.

Durch die Entscheidungslösung werden Bürgerinnen und Bürger regelmäßig in die Lage versetzt werden, sich mit der Frage der eigenen Spendebereitschaft ernsthaft zu befassen und gegebenenfalls eine Erklärung auch zu dokumentieren. Dabei wird der Grundsatz der Freiwilligkeit der Entscheidung jedes Einzelnen gesetzlich klargestellt. Zudem wird mit dem Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes die Absicherung von Lebendspendern entscheidend verbessert und unmissverständlich und umfassend geregelt.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Information weiterhelfen. Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Wolfgang Zöller