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Studie: Für Lobbyisten ist Deutschland ein Paradies
Eine neue Studie von Transparency International belegt: In Deutschland können Lobbyisten schalten und walten wie in kaum einem anderen EU-Land. Besonders desolat ist das deutsche Abschneiden in Sachen Transparenz.
Für Lobbyisten ist Deutschland ein wahres Paradies, wie eine heute veröffentlichte Studie von Transparency International (TI) zu Lobbyismus in den EU-Mitgliedsstaaten sowie den europäischen Institutionen belegt. In kaum einem anderen EU-Land werden Interessenvertretern weniger Grenzen gesetzt; bei den Institutionen schneidet nur der Europäische Rat schlechter als Deutschland ab. Unter die Lupe genommen hat TI die Kriterien Transparenz, Integrität und Zugang zu Entscheidungsträgern.
Hierzulande mangelt es bereits an Transparenz-Basics: Eine Überwachung zur Einhaltung von Transparenzvorschriften? Fehlanzeige. Eine Dokumentationspflicht, an welchen Gesetzen und Verordnungen Lobbyvertreter mitgewirkt haben? Gibt es auch nicht. Und ein verbindliches Lobbyregister, in dass sich Lobbyisten eintragen müssen? Vergessen Sie es!
Während beispielsweise die EU-Kommission seit vergangenem Jahr offenlegt, wann und zu welchem Thema sie sich mit welchen Lobbyisten trifft, weigert sich der Deutsche Bundestag sogar, eine bloße Liste mit Lobbyisten zu veröffentlichen, die mit Hilfe von Union und SPD einen Hausausweis zu den Parlamentsgebäuden erhalten haben. Deswegen hat abgeordnetenwatch.de vor einiger Zeit Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht eingereicht - die Verhandlung dürfte im Sommer stattfinden.
In der TI-Studie erreicht Deutschland in der Kategorie "Transparenz" gerade einmal 13 von möglichen 100 Prozent. Pluspunkte gab es lediglich beim Thema Informationsfreiheitsgesetz, dessen Ausgestaltung - verglichen mit anderen Staaten - hierzulande allerdings nur Durchschnitt ist.
Übersicht: So schneidet Deutschland in der TI-Studie im europäischen Vergleich ab: (Die Skala reicht jeweils von 0 Prozent links bis 100 Prozent rechts. Der farbige Punkt markiert das Ergebnis Deutschlands, die grauen Punkte stehen für die anderen EU-Mitgliedsstaaten bzw. für die EU-Institutionen. Quelle: Transparency International).
Schlechter als Deutschland (Gesamtergebnis: 23 Prozent) schneiden laut der TI-Studie nur Spanien (21 Prozent), Italien (20 Prozent), Europäischer Rat (19 Prozent), Ungarn und Zypern (jeweils 14 Prozent) ab. Zum Vergleich: Spitzenreiter Slowenien kam auf 55 Prozent, die EU-Kommission auf 53 Prozent.
Um Lobbyismus in Deutschland wirkungsvoller zu regulieren, stellt Transparency in seiner Studie drei Kernforderungen auf:
Einführung eines verpflichtenden Lobbyistenregisters verknüpft mit einem Verhaltenskodex und Sanktionierungsmöglichkeiten durch einen Beauftragten für Transparenz und Lobbykontrolle.
Transparenz der Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten mit einer Veröffentlichungspflicht auf Euro und Cent.
Legislative Fußspur in Regierungsentwürfen die dokumentiert, welcher externe Sachverstand bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs an welchen Stellen eingeflossen ist
Auch abgeordnetenwatch.de tritt für die Umsetzung dieser Punkte ein. Zur Komplettoffenlegung von Nebeneinkünften gibt es auch eine abgeordnetenwatch.de-Petition: