Verlängerung der Ferkelkastration ohne Betäubung

Am 29. November 2018 stimmte der Bundestag über einen Gesetzentwurf zur "Änderung des Tierschutzgesetzes" bezüglich der betäubungslosen Ferkelkastration ab. Der von der Regierungskoalition eingereichte Gesetzentwurf verlängert die Übergangszeit bis zu einem kompletten Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration, um entsprechende infrastrukturelle Grundlagen zu schaffen.

650 Abgeordnete nahmen an der Abstimmung teil, davon stimmten 421 mit Ja, 142 mit Nein und 87 MdB enthielten sich der Abstimmung. Die Fraktionen CDU/CSU, SPD und AfD stimmten dem Entwurf größtenteils zu, die Grünen und die Linke waren gegen den Gesetzentwurf. Die FDP-Fraktion enthielt sich komplett. Damit wurde der Gesetzentwurf im Bundestag angenommen.

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Dafür gestimmt
421
Dagegen gestimmt
142
Enthalten
87
Nicht beteiligt
59
Abstimmungsverhalten von insgesamt 709 Abgeordneten.

Laut aktuellem Tierschutzgesetz dürfen Ferkel bis zum achten Lebenstag ohne eine Betäubung kastriert werden. Die Große Koalition strebt eine Veränderung dieses Gesetzes an, hatte in der letzten Legislaturperiode allerdings nur eine Übergangszeit beschlossen. Ist dieser Übergangszeit sollten Voraussetzungen geschaffen werden, um Ferkelkastrationen, die ausschließlich unter schmerzstillenden Tierarzneimitteln durchgeführt werden sollen, vorzubereiten. Da das damit gesetzte Ziel nicht erreicht wurde, haben die SPD-Fraktion und die Unionsfraktion diesen Gesetzentwurf eingebracht.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Übergangszeit, in der die betäubungslose Ferkelkastration noch bis zum achten Lebenstag erlaubt ist, um zwei Jahre bis zum 31.12.2020 verlängert werden soll. In dieser Zeit soll das Landwirtschaftsministerium ab Juni 2019 dem zugehörigen Ausschuss halbjährlich berichten, wie fortgeschritten seine Maßnahmen sind. Das Gesetz fordert unter anderem eine flächendeckende Zulassung für das Betäubungsgas Isofluran  zur Anwendung an Ferkeln und entsprechende Maßnahmen zur praktischen Umsetzung, so zum Beispiel durch spezielle Inhalationsmasken. Außerdem sollen Bauern in dieser Zeit Schulungen angeboten werden, durch die sie befähigt werden, diese Betäubungsmittel selbst auf Ferkel anzuwenden.

Im Deutschen Bundestag wurde dieser Gesetzentwurf angenommen.

Silvia Breher (CDU/CSU) kritisiert, dass die letzte Frist nicht gereicht habe. Sie betont jedoch, dass nun der Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration nur mithilfe einer erneuten Fristverlängerung erreicht werden könne. Sie spricht über die verschiedenen Anwendungen zu Ferkelkastration mit Betäubung, die allesamt noch nicht ausgereift oder akzeptiert seien. Sie fordert eine ausreichende Weiterbildung der Landwirte, eine garantierte Anwendersicherheit der Geräte und eine Informationskampagne zur Akzeptanz der alternativen Methoden zur schmerzfreien Ferkelkastration.

Stephan Protschka (AfD) kritisiert die Koalitionsfraktionen und die Regierung für mangelnde Bereitschaft, die betäubungslose Ferkelkastration rechtzeitig und angemessen vorzubereiten. Er führt das Beispiel Dänemark an, wo Kastration bei Ferkeln unter lokaler Betäubung erlaubt sei und schlägt diese Methode auch für Deutschland vor. Er beanstandet auch die Anwendung des Betäubungsmittels Isofluran, dass seiner Aussage nach "keine wirksame Schmerzausschaltung" bewirke und Schäden bei Mensch und Tier hinterlasse. Er verlangt auch, die Ebermast nicht zuzulassen, da Eber zu Beißattacken aufeinander neigen würden. Dennoch werde AfD dem Gesetzentwurf "unter Bauchschmerzen" zustimmen, denn es sei besser, ein wenig zu tun als nichts.

Susanne Mittag (SPD) kritisiert, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium in den letzten Jahren ungenügend gearbeitet habe. Nun schreibe das Parlament vor, was das Ministerium vor Jahren habe tun sollen, nämlich eine Anwendung von Isofluran zur schmerzbefreiten Ferkelkastration. Sie stellt auch die beiden anderen Methoden heraus, die Ebermast und die Kastration durch Impfung. Sie betont aber auch, dass alle Methoden bisher nicht praktikabel und man daher die neue Zweijahresfrist benötige. Sie spricht auch von verlorenem Vertrauen in Deutschlands Tierschutz, das durch neue Regelungen innerhalb der vorgeschlagenen Frist wiederhergestellt werden müsse.

Carina Konrad (FDP) bemängelt, dass die Große Koalition in den kommenden zwei Jahren erreichen wolle, was man in den fünf Jahren zuvor schon nicht geschafft habe. Sie bezeichnet die Debatte um die Ferkelkastration als Debatte, die in Deutschland momentan am emotionalsten geführt würde und monierte, dass man hierzulande nicht einmal über die Anwendung lokaler Anästhesie nachdenke. Sie bezeichnete die Zulassung von Isofluran als "Anflug von Hyperaktivität", den sich die Kleinbauern nicht leisten könnten und durch den daher kleine landwirtschaftliche Betriebe "vor dem Aus" stünden.

Kirsten Tackmann (LINKE), eine gelernte Veterinärmedizinerin, beginnt mit der Schilderung eigener Erfahrung mit betäubungsloser Ferkelkastration, die für sie nicht nötig sei. Sie kritisiert, dass es schon 2012 geeignete Mittel zur Ferkelkastration gegeben habe und diese nach wie vor nicht implementiert seien. Sie klagt auch die Konzerne an, die den Schlachtbetrieben keine unkastrierten Schweine abnähmen und die Union in der Hand hätten.

Renate Künast (B90/Die Grünen) stellt den Gesetzesvorschlag als verfassungswidrig hin. Ihrer Ansicht nach widerspreche es dem Grundgesetz, das den Tierschutz als Ziel des Deutschen Staates definiere. Sie vertraue außerdem nicht darauf, dass die Regierung die Frist nicht noch einmal verlängern werde. Zudem wirft Sie den Koalitionsparteien vor, wirtschaftliche Interessen über das "Staatsziel" Tierschutz zu stellen.

Mario Mieruch (fraktionslos) stellt die Debatte als "schwierige Abwägung" dar - zwischen Bauern, die ihren Lebensunterhalt bestreiten wollten und den Tierschützern, die Schmerzen für Tiere verhindern wollten. Er plädiert für eine Ausnahmeregelung für die Jungbauern, da er Anästhesie jeglicher Art nicht für ausgereift halte. Dennoch verlangt er vom Plenum, ebenso so wie die Jungbauern das seiner Ansicht nach tun, Ergebnisse.

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