Frage an Alois Karl bezüglich Finanzen

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Frage von Ulrich K. •

Frage an Alois Karl von Ulrich K. bezüglich Finanzen

Den Gemeinden steht aufgrund der rückläufigen Gewerbesteuer das "Wasser bis zum Hals". Wenn nun die Steuermindereinnahmen aus der Einkommenssteuer dazu kommen, verlieren die Gemeinden ihre finanzielle Handlungsfähigkeit und können teilweise ihre Pflichtaufgaben nicht mehr erfüllen. Ist das eine verantwortliche Finanzpolitik?

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Sehr geehrter Herr Kreillinger,

herzlichen Dank für Ihre Email vom 28. Oktober 2009 in der Sie fragen, wie sich die im Koalitionsvertrag vereinbarten Steuersenkungen bei der Einkommensteuer auf die kommunalen Haushalte auswirken können und ob dies eine verantwortliche Finanzpolitik ist.

Ich halte dies für eine verantwortliche Finanzpolitik und will Ihnen dies auch begründen:

Wie Ihnen bekannt sein dürfte, war ich 15 Jahre lang Oberbürgermeister der Stadt Neumarkt, bevor ich 2005 erstmals in den Bundestag gewählt wurde. In meiner Amtszeit wurden die kommunale Hebesätze für die Gewerbesteuer kein einziges Mal erhöht, sondern sogar einmal gesenkt. Dennoch sind die Rücklagen der Stadt Neumarkt während meiner Zeit als Oberbürgermeister im zweistelligen Millionenbetrag gesteigert worden. Dies war durch eine Politik möglich, die einen Dreiklang verfolgt hat: sparsam haushalten, gezielt investieren und niedrige Steuersätze, was zu höheren Steuereinnahmen geführt hat.

2005 wurden wir als Union bei der Regierungsübernahme trotz eines positiven weltwirtschaftlichen Umfelds mit einer strukturellen Verschuldung des Bundes von rund 60 Milliarden Euro im Haushaltsentwurf 2006 konfrontiert. Gleichzeitig haben auch die kommunalen Haushalte insgesamt ein hohes Defizit ausgewiesen.

Mit einer Politik des Sanierens, Reformierens und Investierens haben wir den Bundeshaushalt wieder konsolidiert und die Neuverschuldung auf rund 10 Milliarden Euro heruntergefahren. Bis zur weltweiten Wirtschaftskrise war unser Ziel trotz massiver Steuerentlastungen für die Bürger bis Ende 2011 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorzulegen. Hier waren wir auf einen guten Weg.

Zugleich haben wir mit der Regierungsübernahme Ende 2005 die Haushalte von Landkreisen, Städten und Gemeinden nachhaltig gestärkt. Sie wurden durch unsere kommunalfreundliche Politik unterstützt. Das belegen die kommunalen Finanzierungsüberschüsse in Höhe von 8,1 Milliarden Euro (2007) und 7,4 Milliarden Euro (2008). Neben der Schaffung günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen haben dazu vor allem die von CDU und CSU initiierte Absenkung der Gewerbesteuerumlage, die kommunalfreundliche Weichenstellung der Föderalismusreform I und die Rücknahme des Ausstiegs des Bundes bei den Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger beigetragen.

In der Summe ist festzustellen, dass nach den erschöpfenden kommunalen Defiziten in den Jahren 2001-2005, die Finanzmisere in vielen Städten und Gemeinden überwunden werden konnte. Zur Erinnerung: Der traurige Tiefpunkt der Kommunalfinanzen war mit einem bundesweiten Defizit von über 8 Milliarden Euro im Jahr 2003 erreicht – zu Beginn der zweiten Wahlperiode von Gerhard Schröder. Erst der 2006 erzielte Finanzierungsüberschuss von 2,9 Milliarden Euro brachte den langersehnten Wendepunkt für die Kommunalfinanzen. Grund für die positive Kommunalbilanz 2006-2008 ist die verbesserte Einnahmesituation bei Steuern und Zuweisungen, von der jedoch nicht alle Kommunen gleichermaßen profitieren konnten.

Wie Sie zutreffend anmerken, wird sich weltweite Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise zeitversetzt auf die kommunalen Haushalte vor allem bei der Gewerbesteuer auswirken. In den kommenden Jahren werden insbesondere gewerbesteuerstarke Kommunen geringere Einnahmen verzeichnen. Auch beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer sind Einnahmenrückgänge zu erwarten, die aber weit geringer sein werden als bei der Gewerbesteuer.

Wir haben entschlossen auf die weltweite Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise reagiert und auf Bundesebene durch die Konjunkturpakete I und II mit einem Gesamtvolumen von rund 80 Milliarden Euro Rechnung getragen. Davon profitieren Landkreise, Städte und Gemeinden besonders, da unter anderem Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der kommunalen Infrastruktur im Konjunkturpaket II fließen und durch die Länder aufgestockt werden. So können allein im Rahmen des Konjunkturprogramms II kommunale Maßnahmen mit 13,2 Milliarden Euro an Zuschüssen gefördert werden. Allein in unserem Wahlkreis erhalten der Landkreis Amberg-Sulzbach, der Landkreis, die Stadt Amberg, die kreisangehörigen Kommunen und weiteren Träger örtlicher Einrichtungen für fast 90 Einzelmaßnahmen Zuschüsse aus dem Konjunkturprogramm II. Ein beachtlicher Teil davon fließt in die energetische Sanierung, was viele kommunale Haushalte auch bei den Betriebskosten mittelfristig deutlich entlasten wird.

Weiterhin unterstützen wir als Bund die Städte und Gemeinden massiv beim Aufbau eines bedarfsgerechten Kinderbetreuungsangebots. Bis 2013 stehen für den Neu- und Umbau von Einrichtungen der Kindertagespflege rund 2,15 Mrd. € bereit. Weiterhin wird sich der Bund bis 2013 mit insgesamt 1,85 Mrd. € an den zusätzlichen Betriebsausgaben beteiligen. Ab 2014 stellt der Bund jährlich 770 Mio. € für zusätzliche Betriebsausgaben bereit. Auch wenn hier noch nicht die Gesamtzahl der Maßnahmen feststeht, so wird davon unsere Region ebenfalls massiv profitieren, wie ich beispielsweise aus meinen jüngsten Besuch in Auerbach weiß.

Dies belegt: Wir bekennen uns als Bund zu den Landkreisen, Städten und Gemeinden.

Zugleich weiß ich aus vielen Gesprächen mit den Bürgern, dass gerade die mittleren Einkommen und die Familien massiv unter der sog. kalten Progression bei der Einkommensteuer leiden. Das führt dazu, dass bei vielen Bürgern bei einem durch überdurchschnittlichen Einsatz zusätzlich erarbeiteter Euro Bruttolohn noch nicht einmal mehr 50 ct. netto in der Tasche ankommen. Dies ist leistungsfeindlich und hier wollen wir ansetzen. Wir erwarten uns, dass ein Konzept „Leistung muss sich wieder mehr lohnen“ diejenigen anspornt auch mehr zu leisten, die dies können. Zugleich wollen wir die als CSU die Familien weiter entlasten.

Insgesamt wollen wir die Bürger und Unternehmen in Deutschland um 24 Milliarden Euro entlasten. Beim Einkommensteueraufkommen gilt ein Verteilschlüssel von 42,5 % für den Bund, 42,5 % für die Länder und 15 % für die Gemeinden. Damit wird deutlich, dass Bund und Länder bei Entlastungen im bereich der Einkommensteuer jeweils Hauptlast tragen müssen. Zugleich profitieren aber die Kommunen, wie oben dargestellt, besonders von den Maßnahmen der Konjunkturpakete.

Unser erstes Ziel ist die nachhaltige Überwindung der aktuellen Wirtschaftskrise. Hierfür bedarf es eines Maßnahmenbündels, das sowohl aus Steuersenkungen als auch Einsparungen und gezielten Investitionen besteht. Wenn wir bei der Überwindung der Wirtschaftskrise scheitern würden, wären die Folgen für Bürger und auch für alle öffentlichen Haushalte fatal.

Deshalb halte ich es für eine verantwortliche Finanzpolitik, wenn alle staatlichen Ebenen beispielsweise beim Einkommensteueraufkommen einen Teil der Lasten schultern. Die Hauptlast tragen Bund und Land, der kleinere Teil entfällt auf Landkreise, Städte und Gemeinden. Auch diese Verteilung halte ich für angemessen. Wie eine solche Verteilung im Detail zu regeln ist, darüber lässt sich trefflich streiten.

Ich lade Sie, sehr geehrter Herr Kreillinger, ein, dass Sie zu einer meiner nächsten Veranstaltungen im Raum Amberg kommen und wir dann diese Diskussion einer angemessenen Lastenverteilung dann im direkten Dialog führen. Bis dahin verbleibe ich

mit besten freundlichen Grüßen

Alois Karl, MdB