Frage an Alois Karl bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Alois Karl
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Frage von Rüdiger N. •

Frage an Alois Karl von Rüdiger N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Diätenerhöhung

Sehr geehrter Herr Karl,

ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir eine plausible Erklärung über die beabsichtige Erhöhung der Abgeordnetendiäten von zweimal 5% geben würden. Weshalb diese starke Erhöhung, wenn gleichzeitig Rentner, Arbeitslose und auch Beamte mit einem Bruchteil - wenn überhaupt - zufrieden sein müssen? Die Abgeordnetenrenten und -versorgung werden ja gleichzeitig nicht entscheidend geändert. Offensichtlich wird in sozialer Hinsicht mit zweierlei Maß gemessen und den Abgeordneten scheint es gleich zu sein, daß sie bei den Bürgern dann auch zu den "Absahnern" gerechnet werden. Wenn gleichzeitig Ihr Franktionsvorsitzender sagt, er habe "ein reines Gewissen", dann kann ich angesichts der sozialen Schieflage und der Haushaltslage des Bundes - ständiges Sparen ist angesagt - nur den Kopf schütteln. Ich bin sicher, daß viele Wähler die Angelegenheit am nächsten Wahltag nicht vergessen haben.
Gespannt bin ich auf Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Niethammer,

herzlichen Dank für Ihre Emailanfrage über abgeordnetenwatch.de zu den geplanten Änderungen bei der Diäten und den Altersbezügen von Abgeordneten, da Sie mir Gelegenheit gibt, meine Haltung darzulegen.

Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass Arbeit sich in Deutschland lohnen muss und jeder - ob Arbeitnehmer oder Selbständiger - angemessen bezahlt werden sollte. Für die Arbeitnehmer gilt grundsätzlich, dass sie diese Angemessenheit im Rahmen der Tarifsautonomie über die Arbeitnehmervertretungen (Gewerkschaft bzw. Betriebsrat) oder auch selbst in Verhandlungen mit ihrem Arbeitgeber erreichen können. Für Selbständige gilt es, über die wirtschaftliche Betätigung entsprechende Erträge als Basis für eine angemessene Entschädigung zu erwirtschaften.

Für Bundestagsabgeordnete ist im Artikel 48 Absatz 3 Satz 1 festgelegt, dass sie einen „Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung“. Die Abgeordnetenentschädigung soll der Bedeutung des Amtes als Mitglied eines obersten Verfassungsorgans Rechnung tragen und die unabhängige Ausübung des Mandats gewährleisten. Wie bereits vor vielen Jahren festgelegt wurde, sollte diese in der Höhe sich an den Bezügen eines Oberbürgermeisters einer mittleren Kommune oder eines Richters an einem Bundesgericht orientieren. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Beschlussfassung unmissverständlich klargestellt, dass diese Entschädigung zwingend von den betroffenen Abgeordneten selbst durch Gesetz festgelegt werden muss, so dass sie für alle Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar ist. Ich bedauere diese Art der Beschlussfassung, da so häufig der Eindruck einer Selbstbedienung entsteht. Aus meiner Sicht wäre eine eins zu eins Koppelung an die entsprechende Besoldungsgruppe für Richter wünschenswert. Leider hat das Verfassungsgericht diesen Weg nicht zugelassen.

Zur aktuellen Höhe ist festzustellen: Die Abgeordnetenentschädigung bleibt inzwischen jedoch deutlich hinter den gesetzlich vorgegebenen Orientierungsgrößen zurück, im Augenblick um etwa 12%; dies sind ca. 900 Euro. Dies kommt daher, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages wiederholt auf eine Erhöhung ihrer Diäten verzichtet haben und zuletzt im Jahr 2003 eine Anhebung erfolgte. Die Schere zwischen dem Anstieg der Abgeordnetenentschädigung im Vergleich zu anderen Einkommensgrößen ist seit nahezu 30 Jahren immer weiter auseinander gegangen.

Die vorgeschlagene Neuregelung soll den bisher entstandenen erheblichen finanziellen Rückstand in zwei Schritten ausgleichen. Die Abgeordneten­entschädigung soll zum 1. Januar 2008 um 330 Euro auf 7.339 Euro und zum
1. Januar 2009 um 329 Euro auf 7.668 Euro angehoben werden. Die Anhebung zum 1. Januar 2008 um 330 Euro entspricht einem Prozent-Satz von 4,7. Dieser Steigerungssatz liegt damit unter dem Anstieg der durchschnittlichen Erwerbseinkommen seit der letzten Diätenerhöhung im Jahr 2003. Mit der Anhebung um weitere 329 Euro zum 1. Januar 2009 wird dann die Orientierungsgröße erreicht (B 6, Bürgermeisterbesoldung), jedoch ohne die anteiligen Sonderzahlungen („Weihnachtsgeld“) für die kommunalen Wahlbeamten und Bundesrichter. Sie werden nicht Bestandteil der Abgeordnetenentschädigung. Eine Anhebung der Entschädigung soll zukünftig nur noch erfolgen, wenn sich die Vergütung der mit den Abgeordneten vergleichbaren Bürgermeister und Bundesrichter ändert.

Entgegen Ihrer Einlassung, dass sich bei der Altersversorgung nichts „entscheidend ändert“, ist die Diätenerhöhung an eine Absenkung der Altersversorgung gekoppelt, mit der Folge, dass schon der erste Schritt der Anpassung der Diäten zum 1. Januar 2008 mit einer Absenkung des Steigerungssatzes der Altersversorgung um 16 % einhergeht. Die Alters- und die Hinterbliebenenversorgung für die Abgeordneten und ihre Familien sind ebenfalls Bestandteil des Anspruchs auf angemessene Entschädigung nach dem Grundgesetz.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages erhalten eine öffentlich-rechtliche Altersversorgung. Dieses Modell wurde gewählt, weil es die auch für andere öffentliche Ämter in der Bundesrepublik ebenfalls eingeführte Versorgungsform ist. Die Altersentschädigung der Abgeordneten ist im Gegensatz zu einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung voll zu versteuern; private Erwerbseinkünfte vor Vollendung des 65., zukünftig des 67. Lebensjahres, werden voll auf die Altersentschädigung angerechnet.

Die Höhe der Altersentschädigung wird von bisher 3% zukünftig für jedes Jahr der Mitgliedschaft im Bundestag auf 2,5% der monatlichen Abgeordnetenentschädigung abgesenkt. Der Höchstsatz wird erst nach 27-jähriger Mitgliedschaft im Bundestag erreicht. Eine so lange Zugehörigkeit zum Bundestag ist die absolute Ausnahme und setzt voraus, dass der Abgeordnete sieben Mal in den Bundestag gewählt worden ist. Tatsächlich scheiden aber 40 % der Abgeordneten bereits nach zwei Wahlperioden wieder aus dem Bundestag aus. Ein Abgeordneter mit einer durchschnittlichen Verweildauer von zwölf Jahren erhält somit zukünftig 30 % der monatlichen Abgeordnetenentschädigung als zu versteuernde Altersversorgung.

Darüber hinaus wird die Anhebung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung („Rente mit 67“) mit der stufenweisen Anhebung der Altersgrenze für die Altersentschädigung von dem 65. Lebensjahr auf das 67. Lebensjahr wirkungsgleich umgesetzt.

Bei einer Umstellung von der öffentlich-rechtlichen Alterversorgung auf ein anderes System würden bis auf weiteres erhebliche Mehrkosten für den Bundeshaushalt anfallen, da auch zukünftig Pensionsleistungen aus der bisherigen Altersversorgung vom Bund aufzubringen wären. Eine unabhängige Kommission kam bereits 1993 nach sorgfältiger Abwägung zu dem Ergebnis, dass eine Umstellung der Alters­versorgung für Abgeordnete auf Versicherungsbasis nicht kostengünstiger wäre.

Lassen Sie mich auch klar formulieren, dass es sich bei den Fragen Abgeordneten­entschädigung um eine Frage des Selbstverständnisses handelt. Wer heute weiß, dass es für viele Selbständige oder auch leitende Angestellte in den Unternehmen finanziell nicht attraktiv ist und es für viele Abgeordnete schwer ist wieder in ihrem früheren Bereich adäquat Fuß zu fassen, den wird die abnehmende Zahl an Unternehmern und Führungskräften aus der Wirtschaft nicht überraschen. Das kann nicht unser Zeil sein. Wir brauchen im Bundestag erfahrene und kompetente Persönlichkeiten aus möglichst vielen Sektoren.

Auch für mich hat der Wechsel vom Amt des Neumarkter Oberbürgermeisters in die Aufgabe, den Wahlkreis Amberg-Sulzbach-Neumarkt eher eine finanzielle Verschlechterung zur Folge gehabt. Dennoch hat mich diese neue Herausforderung gereizt und ich nehme sie gerne wahr. Ich möchte aktiv dazu beitragen, dass wir auch auf Bundesebene eine nachhaltige Politik betreiben, die zudem den Anliegen unserer Region Rechnung trägt. Hierzu gehört insbesondere eine Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, da sowohl Unternehmer wie auch Arbeitnehmer angemessen verdienen sollen und möglichst viele der aktuell 3,4 Millionen Arbeitslosen wieder aus eigener Leistung ihren Lebensunterhalt erarbeiten können. Dies wäre ein großer sozialer Erfolg, der zudem die Sozialkassen stärken würde und erlauben würde, noch gezielter unter dem Gedanken der katholischen Soziallehre denjenigen zu helfen, die der Hilfe der Gesellschaft wirklich bedürfen.

Bei diesem schwierigen Weg wünsche ich mir, dass Sie mich aktiv unterstützen. Ich würde mich freuen, wenn sich bei einem meiner nächsten Termine im Raum Freudenberg die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch ergeben würde. Hierzu lade ich Sie sehr herzlich ein. Meine Termine und Informationen zu meiner politischen Arbeit finden Sie unter http://www.alois-karl.de .

Mit besten freundlichen Grüßen

Alois Karl, MdB