Frage an Andreas Hundertmark bezüglich Umwelt

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Andreas Hundertmark
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage an Andreas Hundertmark von Andreas M. bezüglich Umwelt

Natur- und Umweltschutz sollten ein fundamentales Thema für uns Menschen sein.
Um wirklich etwas Positives zu bewirken, sollten aber aus meiner Sicht nicht nur potentiell schädliche Auswirkung durch Menschhand erforscht und bewertet werden. Mindestens genauso wichtig, wenn nicht noch wichtiger ist die Analyse sämtlicher geplanter bzw. bereits eingeleiteter Maßnahmen zum Umweltschutz.
Alle Welt verteufelt Kohlendioxid als Klimakiller. Wie schaut die CO2-Bilanz beispielsweise bei regenerativen Energien aus. Wann amortisiest sich z.B. der CO2-Aufwand für die Erstellung von Windrädern, Photovoltaikanlagen oder Elektroautos. Und wie entsorgen wir hierdurch entstehende Abfallprodukte. Über Bauvorhaben wie Suedlink will ich gar nicht reden und die damit einhergehende Vernichtung von deutschen Urwäldern für Windkraft von der Küste.
Sollte man sich nicht erst Gedanken über den Kosten-Nutzen-Faktor machen, und ich meine hier nicht die finanziellen Kost, bevor man mit unausgereiften Schnellschüssen versucht die Welt zu retten. Hier z.B. auch die "Glorifizierung" von E-Bikes und E-Rollern. Durch diese Entwicklung wird keine Energie eingespart, da die Menschen diese kaum als Alternative zu Kraftfahrzeugen sehen, sondern viel mehr als Alternative zum Laufen bzw. Radfahren.
Immer wieder wird der Anschein erweckt, dass elektrisch betriebene Geräte umweltfreundlicher wären. Den Eindruck habe ich nicht, da all diese Geräte Strom benötigen und wo kommt dieser bei immer weiter zunehmenden Bedarf her? Windkraft, Wasserkraft und Sonnenenergie aus Deutschland oder vielleicht doch aus Kohle- oder Atomkrafwerken aus dem Ausland?
Wie stehen Sie zum Thema Energiewende und halten Sie den eingeschlagenen Weg für zielführend?
Nur noch eine kleine Anmerkung hierzu. Wenn ich im Urlaub an der Küste die Windparks sehe, kann das für mich keine Lösung seine und hier bei uns im Thüringer Wald oder Rhön will ich keine Windräder sehen, denn das ist für mich kein Naturschutz.

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Bündnis 90/Die Grünen

Weltweit ist sich die Wissenschaft bis auf wenige Ausnahmen darüber einig, dass der vom Menschen verursachte Ausstoß von Klimagasen, insbesondere CO2, für den Klimawandel verantwortlich ist. Die Wissenschaftler des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gehören zu den renommiertesten auf dem Gebiet der Erforschung des Klimawandels. Prof. Dr. Stefan Rahmsdorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sagt: "Nur die Netto-Null-Emission von Kohlendioxid, wie in Paris einvernehmlich vereinbart, kann die Erwärmung stoppen. Doch weil die Propaganda der Abwiegler uns Jahrzehnte gekostet hat, ist die Zeit zum Abwenden einer Katastrophe von planetarem Ausmaß äußerst knapp geworden."

Eine Energiewende hin zu 100 % regenerativer Energie ist kein unausgereifter Schnellschuss. Schon während meines Studiums der Energie- und Verfahrenstechnik an der TU Berlin vor über 20 Jahren bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass eine Energieversorgung aus 100 % Erneuerbarer Energie technisch möglich, ökologisch notwendig und ökonomisch sinnvoll ist. Seitdem ist der Anteil der Energiegewinnung aus Wasser, Sonne, Wind und Biomasse bei der Stromversorgung in unserem Land auf 37,8 Prozent im Jahr 2018 gestiegen. Die Windenergie leistete den größten Beitrag zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Die Standorte der Windkraftanlagen müssen mit Bedacht ausgewählt werden. Im Biosphärenreservat Rhön wird ein keinen Bau von Windkraftanlagen geben, denn gemäß § 4 der Biosphärenreservatsverordnungen Rhön und Vessertal-Thüringer Wald ist es in allen Zonen verboten, den Landschaftscharakter zu verändern. Dort wo Windenergieanlagen gebaut werden, muss es eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort geben. Nur so ist eine Akzeptanz des Einschnittes in das Landschaftsbild möglich.

Neben der Windenergie hat die Photovoltaik noch ein großes Potential zur Energiewende beizutragen. Auch auf vielen Dächern in Thüringen ist noch Platz für PV-Anlagen. Während PV-Anlagen im Betrieb kein CO2 freisetzen, entsteht bei der Herstellung CO2. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat für in Deutschland betriebene Photovoltaik Dachanlage 50g pro Kilowattstunde (kWh) errechnet. Im Vergleich dazu erzeugt ein Braunkohlekraftwerk 1075g CO2 pro erzeugter kWh und ein Erdgaskraftwerke 500g pro kWh. Mit die geringsten Treibhausgasemissionen zwischen 7 bis 10g CO2 pro erzeugter kWh haben Windkraftanlagen. Auch hier wurde der gesamte Lebenszyklus der Anlage, von der Herstellung, über den Transport bis zur Entsorgung betrachtet.

Alternative Brennstoffe, insbesondere der aus regenerativer Energie erzeugter Wasserstoff wird in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. Wasserstoff eignet sich sehr gut als Energiespeicher. Allesdings sehe ich hier keinen kurz- bzw. mittelfristigen Einsatz im Bereich der PKW. Batterien sind derzeit die effektivste Form Strom zu speichern. Bei einer Gesamt-CO2-Bilanz über die Lebenszeit schneidet auch beim heutigen Energiemix das E-Auto deutlich besser ab als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Das E-Auto alleine wird die Probleme der Energiewende im Verkehrsbereich nicht lösen. Insbesondere in den Städten muss ein Umdenken zu weniger Autoverkehr hin zu mehr öffentlichem Nahverkehr stattfinden.

Neben dem Einsatz von erneuerbaren Energien ist für eine erfolgreiche Energiewende auch mehr Energieeffizienz und Energieeinsparung notwendig. Rebound-Effekte sind beim Einsatz neuer Technologien zu berücksichtigen.

Die Folgekosten für Natur und Mensch der atomaren und fossilen Energiegewinnung sind um ein Vielfaches höher als die Kosten für die Energiewende - bei einem Gau wie in Fukushima sogar unkalkulierbar.

Bei der Einschätzung zum Stand der Energiewende in Deutschland bin ich ganz bei Prof. Dr. Quaschnig von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin: "Die deutsche Politik bezeichnet Deutschland gerne als Vorreiter im Klimaschutz. Dabei wird der wesentliche Anteil unserer Energieversorgung immer noch mit klimaschädlichen fossilen Energieträgern gedeckt. Bis zum Jahr 2040 ließe sich aber unsere Energieversorgung vollständig auf kohlendioxidfreie erneuerbare Energien umstellen."