Frage an Andreas Schockenhoff bezüglich Gesundheit

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Andreas Schockenhoff
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Frage von Eberhard M. •

Frage an Andreas Schockenhoff von Eberhard M. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Dr. Schockenhoff,

mein Vater Paul Matzke lebt 90ig jährig alleine in Aulendorf. Sein Hausarzt hat altershalber seine Praxis geschlossen, seine Zulassung aber nicht zurückgegeben. Lt. Schwäbischer Zeitung v. 22.1.11 ist dies kritikwürdig, da er seine Zulassung in Weingarten trotz erreichtem Rentenalter weiterpraktiziert, Aulendorf aber deshalb keine neue Zulassung bekommen kann. Die restlichen Hausärzte in A. sind randvoll und weisen neue Patienten ab.
Ich denke, dass dies für meinen Vater und auch für viele andere-insbesondere ältere Menschen - eine große Härte darstellt und nicht immer Angehörige und Nachbarn da sind, die die Begleitung übernehmen können.
Mein Vater ist noch fit genug, - Gott sei Dank- seinen Alltag zu bewältigen, jedoch gehen auch an ihm Spuren des Älterwerdens nicht vorüber. Er weiß zwar, dass er im Notfall jederzeit in jeder Arztpraxis behandelt werden muss, aber für ältere Menschen beginnt oft der Notfall etwas früher als bei jüngeren und es wäre dramatisch schlecht, wenn er bei unsicherer Entscheidungslage öfters den Notarzt als den Hausarzt rufen müsste. Obwohl er noch sein Auto fährt, möglichst nur in der vertrauten Umgebung von Aulendorf, möchte ich ihm nicht zumuten, regelmäßig nach RV oder Bad Waldsee zu fahren.
Ich bitte Sie freundlichst zu prüfen, ob eine neue Hausarztzulassung in Aulendorf möglich ist und dafür bei den entsprechenden Stellen vorzusprechen, damit diese das Nöötige zügig veranlassen .

mfg

Eberhard Matzke

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CDU

Sehr geehrter Herr Matzke,

ich bedanke mich für Ihr Schreiben, in welchem Sie sich über die Schließung einer Hausarzt- Praxis beschweren und eine bessere ärztliche Versorgung in Aulendorf anregen. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die jetzige Situation eine große Belastung für Ihren Vater darstellt.

Meine Nachfrage bei der KV Baden-Württemberg in Ihrer Angelegenheit hat leider ergeben, dass weder die Kassenärztliche Vereinigung noch die Krankenkassen im paritätisch besetzten Zulassungsausschuss die Möglichkeit haben, weiteren Ärzten die Zulassung zu erteilen, wenn die gesetzlich vorgegebenen Anhaltszahlen überschritten sind. Dies ist für den Kreis Ravensburg der Fall, da für die Hausärzte hier rechnerisch eine Überversorgung festgestellt wurde. Sobald der Versorgungsgrad von 110 % überschritten wird, ist ein Zulassungsbezirk zur Niederlassung für neue Ärzte gesperrt. Dass Ihr Vater und andere Mitbürger unter den Auswirkungen von Zulassungssperre und Budgetierungsmaßnahmen zu leiden haben, ist sehr bedauerlich. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass eine Praxis zur Behandlung von neuen Patienten nicht generell verpflichtet werden kann.

Der niedergelassene Vertragsarzt ist im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit - von Notfällen oder besonderen rechtlichen Verpflichtungen abgesehen - zunächst keinem Kontrahierungszwang unterworfen. Allerdings wird er in seiner Behandlungsfreiheit durch vertragsarztrechtliche Vorschriften eingeschränkt. Wird der Arzt von einem Versicherten einer gesetzlichen Krankenkasse aufgesucht und weist sich dieser durch Vorlage der Krankenversichertenkarte oder eines anderen gültigen Behandlungsausweises als Anspruchsberechtigter aus, dann darf der Vertragsarzt die Behandlung nur in begründeten Fällen ablehnen (§ 13 Abs. 7 Bundesmantelvertrag bzw. § 13 Abs. 6 Ersatzkassenvertrag). Dies etwa dann, wenn von einer Überlastung der Praxis ausgegangen werden kann. Ist die Praxis voll ausgelastet, kann der Arzt nicht verpflichtet werden, weitere Patienten anzunehmen, wenn die Annahme derselben zu Lasten der qualitativen Versorgung der übrigen Patienten führen würde.

Die KV Baden-Württemberg hat auf meine Nachfrage hin überprüft, ob die allgemeinärztlichen Praxen in Aulendorf ihrem vertragsärztlichen Versorgungsauftrag vollumfänglich nachkommen oder ob gegebenenfalls noch Vakanzen für Neupatienten bestehen. Dabei hat sie festgestellt, dass die Praxen mit ihren gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zur Abrechung gebrachten Behandlungsfällen in den vergangenen Quartalen teilweise deutlich über dem Vergleichswert des Durchschnitts der Fachgruppe der Allgemeinärzte liegen. Die KV ist daher der Ansicht, dass die Praxen ihren vertragsärztlichen Versorgungsauftrag vollumfänglich erfüllen und sie angesichts der oben skizzierten Rechtslage nicht verpflichtet werden können, neue gesetzlich versicherte Patienten anzunehmen. Eine Verletzung vertragsärztlicher Pflichten, welche zu weitergehenden vertragsarztrechtlichen Maßnahmen gegenüber der Praxis führen müsste, können deswegen im vorliegenden Falle nicht erkannt werden.

Wie oben bereits angedeutet sind (medizinische) Notfälle hiervon natürlich ausgenommen. Ein medizinischer Notfall liegt vor, wenn der Kranke eine erhebliche Gefahr für Leben, Gesundheit oder Arbeitsfähigkeit annehmen muss, wenn nicht bald ein Arzt (einer bestimmten Fachrichtung) zugezogen wird. Demzufolge besteht das Ziel einer Notfallversorgung auch in erster Linie darin, Erstversorgungen sowie solche Sofortmaßnahmen durchzuführen, die der Aufrechterhaltung vitaler Funktionen dienen.

Die durch die Schließung der Praxis entstandene Lücke in der örtlichen medizinischen Versorgung der Bürger von Aulendorf ist der KV bereits bekannt. Vor dem Hintergrund dieser prekären Versorgungssituation setzen wir uns auf politischer Ebene intensiv für eine Anpassung und Verkleinerung der Versorgungskreise ein. Da die Umsetzung neuer gesetzlicher Regelungen in der vertragsärztlichen Versorgung jedoch mit erhöhtem Zeitbedarf einhergeht und größere politische Interaktionen erfordern wird, kann ich Ihrem Vater vorerst bedauerlicherweise lediglich empfehlen, auf die niedergelassenen Allgemeinärzte in der Umgebung zurück zu greifen. Für die Notfallversorgung stehen Ihrem Vater jedoch selbstverständlich weiterhin die ansässigen allgemeinärztlichen Praxen in Aulendorf zur Verfügung.

Sofern Sie Unterstützung bei der Suche nach einem Arzt in der Nähe von Aulendorf benötigen, können Sie gerne auf das Patiententelefon der KV Baden-Württemberg zurückgreifen 01805-6332255 (14 Cent/Minute).

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Andreas Schockenhoff