Frage an Andreas Schockenhoff bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Andreas Schockenhoff
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Frage an Andreas Schockenhoff von Jay S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Schockenhoff,

Sie haben vor kurzen zu Recht gesagt, dass es richtig ist, dass das Verteidigungsministerium die Entwicklung der Euro-Hawk Drohne stoppt. Das stimmt, aber ist leider nicht die entscheidende Frage.

www.sueddeutsche.de/politik/gescheitertes-drohnenprojekt-alleskoenner-de-maizire-steht-am-abgrund-1.1677498

Für mich stellen sich folgende Fragen.
1. Wozu braucht eine Verteidigungsarmee Angriffs- oder Aufklärungsdrohnen?
2. Wieso schließt das Verteidigungsministerium Verträge, die eine parlamentarische Kontrolle oder eine Kontrolle durch den Rechnungshof verhindern? Hat die Bundestagsverwaltung nicht recht, dass das sie offensichtlich rechtswidrig sind? Warum ist das niemanden früher aufgefallen?
3. Scheinbar hat das Verteidigungsministerium schon 2004 gewusst, das die Drohnen nicht zugelassen werden können, weil ein Anti-Kollisionssystem fehlt. Warum wurde das Projekt nicht gestoppt?
4. Wieviel Geld hat das Verteidigungsministerium verschwendet? 500.000.000?
5. Wer trägt dafür alles die Verantwortung?
6. Von wem kann das Geld zu mindestens in Teilen zurück geholt werden?
7. Ist das NATO-Projekt Global Hawk schon gestoppt? Wenn nein, wann?
8. Ist das Verteidigungsministerium in der Lage mit Geld umzugehen?

Vielleicht können Sie ja ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Scharff

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Sehr geehrter Herr Scharff,

gerne beantworte ich Ihre Fragen.

1. Wozu braucht eine Verteidigungsarmee Angriffs- oder Aufklärungsdrohnen?

EuroHawk ist eine Aufklärungs- und keine „Angriffsdrohne“. Ihren Nutzen beschreibt die unabhängige Stiftung Wissenschaft und Politik folgendermaßen: „Ihre militärischen Vorteile können in legitimen, parlamentarisch kontrollierten Einsätzen der Bundeswehr zum Schutz eigener Truppen genutzt werden. Sie reduzieren die Gefährdung des Einsatzpersonals und bündeln die Fähigkeiten zur intrusiven Aufklärung und zum präzisen Waffeneinsatz. Damit verbessern sie die technischen Möglichkeiten, die Wirksamkeit militärischer Einsätze im Einklang mit den Geboten des humanitären Völkerrechts zu gewährleisten.“

2. Wieso schließt das Verteidigungsministerium Verträge, die eine parlamentarische Kontrolle oder eine Kontrolle durch den Rechnungshof verhindern? Hat die Bundestagsverwaltung nicht recht, dass das sie offensichtlich rechtswidrig sind? Warum ist das niemanden früher aufgefallen?

Der Vertrag zwischen dem damaligen Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung der Bundeswehr und der Euro Hawk GmbH von Januar 2007 war ein Entwicklungsvertrag. Der Haushaltsausschuss hat mit den Stimmen von SPD und Grünen der Freigabe der notwendigen Mittel zur Entwicklung der der Aufklärungsdrohne zugestimmt.

3. Scheinbar hat das Verteidigungsministerium schon 2004 gewusst, das die Drohnen nicht zugelassen werden können, weil ein Anti-Kollisionssystem fehlt. Warum wurde das Projekt nicht gestoppt?

Sie verweisen zu Recht darauf, dass die schadensbegründenden Faktoren in die Zeit der rot-grünen Bundesregierung fallen. Thomas de Maizière wurde erst im März 2011 Verteidigungsminister. Der Bundesrechnungshof entlastet Minister de Maizière ohne Wenn und Aber: Die Fehler beim EuroHawk wurden vor der Zeit von Minister de Maiziere gemacht!

4. Wieviel Geld hat das Verteidigungsministerium verschwendet? 500.000.000?

Der Vertrag zwischen dem damaligen Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung der Bundeswehr und der Euro Hawk GmbH von Januar 2007 war ein Entwicklungsvertrag - und kein Beschaffungsvertrag. Das Entwicklungsprojekt beinhaltete zwei Komponenten: Das eigentliche Luftfahrzeug und die Entwicklung und Erprobung des dazugehörigen Aufklärungssystems ISIS. Bei Amtsantritt des Ministers war das meiste Geld im Rahmen des Entwicklungsprojekts bereits ausgegeben.

Mit der Entscheidung von Minister de Mazière, aufgrund der unlösbaren Probleme nicht in die Beschaffung der Euro Hawk-Drohne einzusteigen, ist kein größerer Schaden entstanden, sondern zusätzlicher verhindert worden. Die Mehrkosten von 500-600 Mio Euro bei einer möglichen Beschaffung wurden vermieden. Diese Mittel stehen weiter zur Verfügung. Eine frühere Entscheidung hätte bedeutet, dass die Aufklärungsfähigkeit ISIS nicht zu Ende entwickelt werden könnte und somit das bereits ausgegebene Geld (300 Mio. Euro) verloren gewesen wäre. 261 Mio. Euro wurden für den Träger, also das eigentliche Luftfahrzeug, ausgegeben.

5. Wer trägt dafür alles die Verantwortung?

Die Verfahrensfehler werden nun in einem Untersuchungsausschuss beleuchtet.

6. Von wem kann das Geld zu mindestens in Teilen zurück geholt werden?

Das Bundesverteidigungsministerium prüft Rechtsansprüche aller Art gegen Beteiligte.

7. Ist das NATO-Projekt Global Hawk schon gestoppt? Wenn nein, wann?

Die deutsche Entscheidung im Projekt Euro Hawk haben keinen unmittelbaren Einfluss auf das Projekt NATO Global Hawk. Das deutsche Zulassungsthema beim Euro Hawk ist nicht auf die Zulassungssituation der Luftfahrzeuge NATO Global Hawk übertragbar.

8. Ist das Verteidigungsministerium in der Lage mit Geld umzugehen?

Das Wesen eines Entwicklungsvertrages und -vorhabens ist es, dass die Entwicklung insgesamt scheitern kann. Im Verlauf des Projekts war deshalb stets die Abwägung vorzunehmen zwischen dem Risiko des Scheiterns wegen der Zulassungsprobleme und dem Potential der Erprobung. Wenn wir komplizierte Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben hektisch beenden würden, sobald Probleme auftauchen, statt erst einmal zu prüfen und abzuwägen, dann hätten wir keine moderne Ausrüstung der Bundeswehr.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schockenhoff