Frage an Andreas Schwarz bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Andreas Schwarz
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Frage von Kai B. •

Frage an Andreas Schwarz von Kai B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Schwarz.

Sind Sie der Meinung, dass die Finanzierung des "öffentlich-rechtlichen Rundfunks" mit der derzeitigen Regelung demokratisch und fair geregelt ist? Sind Sie darüber hinaus der Meinung, dass ein noch immer vorgeschobener, ehemaliger Bildungsauftrag des ÖR in der gegebenen Art und Weise von Nicht-Teilnehmern finanziert werden sollte?
Würden Sie im Bundestag für eine Abschaffung und/oder Neuregelung stimmen?

Danke für Ihre Antwort schon jetzt!

MFG K. B..

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Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich möchte vorausschicken, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk politisch und rechtlich Ländersache ist. Dennoch werde ich gerne auf Ihre Kritik eingehen und eine persönliche Einschätzung abgeben.

Die 16 Bundesländer legen im Rundfunk- und Rundfunkgebührenstaatsvertrag den gesetzlichen Rahmen fest, den die Rundfunkanstalten dann autonom und politikfern ausfüllen. Dies gilt sowohl für die Rundfunkbeitragserhebung als auch für die programmliche Gestaltung. Es hat gute historische Gründe und ist bewährtes Prinzip, dass der Einfluss der Politik auf die Rundfunkausgestaltung auf ein Minimum begrenzt ist.

Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt gerade angesichts einer zunehmend fragmentierten Öffentlichkeit eine besonders wichtige gesellschaftliche Rolle zu. Unabhängig vom individuellen Nutzungsverhalten. Sein Anspruch, ein hochwertiges und unabhängiges Programm für alle zu machen und übergreifende politische Debatten zu ermöglichen, ist gerade in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung von herausragender Bedeutung. Internet- und digitales Fernsehen (wie auch Radio) gewinnt gegenüber der traditionellen Übertragung mehr und mehr an Bedeutung. Dennoch dürfen wir die Wertigkeit der Vielfalt an Informationsquellen für eine Demokratie nicht unterschätzen. Sehr viele Menschen schätzen das Fernsehen und das Radio noch immer als wichtigste Nachrichten- und Unterhaltungsplattform. Und ein Blick in die USA zeigt, wie wertvoll ein öffentlicher Rundfunk sein kann, wenn ansonsten nur noch polarisierte und profitorientierte Privatsender die politische Debatte in alle Richtungen vergiften.

Hochwertige und vielfältige Medienangebote sind nur mit Unabhängigkeit und langfristiger finanzieller Planbarkeit möglich. Unter anderem um diese Unabhängigkeit zu wahren, haben die Rundfunkanstalten (entsprechend der gesetzlichen Rahmenvorgaben der Länder) weitgehende Selbstverwaltung. Dies gilt auch für die Beitragserhebung. So kann kein Finanzminister oder Haushaltsausschuss eines Parlaments Einfluss auf den Rundfunk nehmen. Auch das ist ein großer Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger in einer Demokratie!

2013 wurde von den Ländern im Interesse einer langfristigen Beitragsstabilität die geräteunabhängige Haushaltsabgabe für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingeführt. Wir haben das zuletzt im März 2016 vom Bundesverwaltungsgericht höchstrichterlich bestätigte neue Rundfunkgebührenmodell von Beginn an unterstützt, da es insgesamt fairer und einfacher als das alte System mit Einzelgeräteanmeldungen und Haushaltekontrollen ist. Dass der Rundfunkbeitrag 2015 um 48 Cents auf 17,50 Euro pro Monat sinken konnte, zeigt, dass auch die Verbraucher/innen vom neuen System profitieren, gleichzeitig aber auch die Sender mit langfristig stabilen Finanzen planen und Aufträge vergeben können. Dies mag für den einzelnen Nutzer wenig scheinen, im Gesamtvolumen geht es dabei aber um über eine Milliarde Euro. Die Regierungschefinnen und –chefs der Länder haben Ende 2016 den Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein ehrgeiziges Reformprogramm abverlangt. Zum Ende dieses Jahres sollen nun konkrete Strukturveränderungsvorschläge der Anstalten vorliegen, die unter dem Primat der Beitragsstabilität den Weg in das nächste Jahrzehnt weisen sollen. Ich bin gespannt auf die Vorschläge und werde diese sehr aufmerksam begleiten.

Gleichwohl bleibt es eine fortwährende Herausforderung, das hohe Maß an Qualität und Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu wahren und entsprechend den gesellschaftlichen Ansprüchen fortzuentwickeln. Hierbei wird gelegentlich auch Mut zur Veränderung nötig sein. Insbesondere bei der modernen Ausgestaltung und internationalen Wettbewerbsfähigkeit von öffentlich-rechtlichen Formaten, bei der Ausgabentransparenz oder im Bereich zeitgemäßer Personalverwaltung sollten die Anstrengungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten weiter intensiviert werden. Denn das deutsche Rundfunksystem braucht eine möglichst hohe Akzeptanz in der gesamten Bevölkerung. Hier gilt es, mit vielfältigen und hochqualitativen Angeboten alle Generationen zu überzeugen.

Für mich ist ein staatsfern organisierter, qualitativ hochwertiger und vielfältiger Rundfunk ein unverzichtbarer Beitrag für Demokratie und Kultur in unserem Land, den es zu erhalten gilt. Als Bürger möchte ich, wie Sie, dass mein Beitrag sinnvoll genutzt wird und den technischen und qualitativen Ansprüchen der Gegenwart entspricht. Deshalb würde ich stets gegen eine Abschaffung stimmen, auch wenn Überlegungen über neue Strukturen stets zu bedenken sind.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Andreas Schwarz, MdB

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