Frage an Anjes Tjarks bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

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Anjes Tjarks
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Peter S. •

Frage an Anjes Tjarks von Peter S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrter Herr Dr. Tjarks!

In der Bürgerschaft steht die Entscheidung zum Elbtower an. Aus einer Anfrage des linken EU-Abgeordneten Martin Schirdewan geht hervor, dass die EU-Kommission das Projekt noch im Hinblick auf das EU-Vergaberecht prüft:

http://www.europarl.europa.eu/doceo/document/P-8-2018-006345_DE.html

Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion fordert, dass „Unklarheiten beim Vergabeverfahren“ vor einem Beschluss der Bürgerschaft geklärt sein müssen.

https://schnellundaktuell.de/politik/elbtower-rot-gruen-zweifelt-offenbar-an-scholz-projekt/

Teilen Sie diese Einschätzung? Wenn ja, welche Schritte sollte die Stadt gegenüber der EU-Kommission unternehmen, um deren Prüfung zu beschleunigen?

Könnte es sein, dass die Bedenken der EU-Kommission auch darin begründet liegen, dass die Stadt sich beim Verkauf der Elbtower-Grundstücke nicht wie ein marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter verhalten hat, weil laut BILD nicht der meistbietende Bewerber den Zuschlag bekam?

https://www.bild.de/regional/hamburg/hamburg-aktuell/elbtower-plaene-wie-lief-der-deal-mit-dem-oesi-milliardaer-59715974.bild.html

Wenn der Staat bei Grundstücksverkäufen nicht wie ein marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter auftritt, ist EU-Beihilferecht einschlägig. Das geht aus der Bekanntmachung der EU-Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe (siehe insbesondere Ziffer 76) hervor:

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/B/beihilfenkontrollpolitik-kom-mitteilung-beihilfebegriff.html

Wenn die Stadt also Grundstücke unter Wert verkaufen will, dann ist dies als staatliche Beihilfe für den Erwerber anzusehen, die in Brüssel vorab anzumelden und von dort zu genehmigen ist. Ausnahmen von dieser Regel gelten meines Wissens lediglich für die Förderung des Wohnungsbau. Wohnungsbau ist allerdings beim Elbtower nicht vorgesehen.

Wissen Sie, inwieweit dies seitens des Senats berücksichtigt worden ist?

Freundliche Grüße

Peter Schönberger

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

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> Sehr geehrter Herr Schönberger,
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> die in der Anfrage postulierten „Unklarheiten beim Vergabeverfahren“ gibt es nicht, da der Anfrage eine falsche Annahme zu Grunde liegt. Der Elbtower soll auf Grundlage eines Grundstückskaufvertrags realisiert werden. Der Verkauf des Grundstücks für die Errichtung des Elbtowers unterliegt nicht dem EU-Vergaberecht, da es sich nicht um einen ausschreibungspflichtigen Beschaffungsvorgang, sondern um einen Grundstücksverkauf, also einen sogenannten „Entschaffungsvorgang“ handelt.
>
> Dennoch hat man sich bei der Ausschreibung des Elbtowers und der Auswahl des Investors an dem europäischen Vergabe- und Wettbewerbsrecht orientiert, um auf fundierter Basis eine Entscheidung für das beste Angebot treffen zu können. Das Ausschreibungsverfahren wurde europaweit angekündigt und nach transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien durchgeführt und das Ergebnis wurde europaweit bekannt gemacht. Auch wurden vorab die Kriterien für die Entscheidungsfindung öffentlich gemacht und der beste Bieter bezogen auf die Höhe des Gebots und die übrigen Auswahlkriterien, insbesondere städtebauliche und architektonische Qualität und Realisierungssicherheit, ausgewählt.
>
> Weder während des Verfahrens noch im Anschluss an die europaweite Bekanntmachung wurden von Dritten Einwendungen gegen das Verfahren oder dessen Ergebnis erhoben. Auch Beschwerden der unterlegenen Bieter erfolgten nicht. Ein beihilferechtlich relevanter Vorgang liegt hier nicht vor, da die Europäische Kommission in Grundstücksverkäufen der öffentlichen Hand keine Beihilfe sieht, wenn diesen ein wettbewerbliches Verfahren zur Auswahl des Käufers vorangeht. Die Details des Auswahlverfahrens werden ausführlich in der öffentlich zugänglichen Bürgerschaftsdrucksache 21/13500 geschildert. Die EU-Kommission hat sich inhaltlich zu dem Sachverhalt bis heute – fast sechs Monate nach Eingang der Anfrage – noch nicht geäußert. Da solche Anfragen üblicherweise innerhalb von sechs Wochen beantwortet werden, kann davon ausgegangen werden, dass die EU-Kommission den Sachverhalt aufgrund dieser Tatsache ebenfalls als unkritisch beurteilt. Eine Beschleunigung der Prüfung ist aus den dargelegten Gründen nicht erforderlich.
>
> Viele Grüße
> Anjes Tjarks