Frage an Annette Faße bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Annette Faße
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Frage von Alexander B. •

Frage an Annette Faße von Alexander B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Faße,

wie ich sehe haben Sie am 9. November für die Protokollierung von Verkehrsdaten gestimmt, welche bei der Nutzung elementarer Kommunikationsmöglichkeiten wie Internet, Telefon oder Handy anfallen.
Daher möchte ich Sie fragen, was sie dazu bewegt hat, die Möglichkeit einer Unterwanderung der Bürgerrechte und des Rechts auf ein ein vom Staat nicht Lückenlos überwachtes Leben gegen die Hoffnung eines besseren Schutzes vor Terrorismus abzuwägen. Dabei sollte nämlich beücksichtigt werden, dass damit 80 Millionen Menschen unter Generalverdacht gestellt werden und eindeutig vom Staat zu identifizieren sind.
Die selbe Frage habe ich auch Herrn Enak Ferlemann gestellt, welcher über einen Listenplatz in den Bundestag eingezogen ist und den selben Wahlkreis vertritt.
Jedoch muss ich Ihnen mitteilen, dass eine solche Entscheidung, wie Sie und ihre Partei sie getroffen haben, von meinem Standpunkt aus, von einer Regierung welche sich dem Volk und dessen Sicherheit verpflichtet fühlt, nicht zu verstehen ist.

Mit freundlichen Grüßen,

Alexander Blohm

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SPD

Sehr geehrter Herr Blohm,

vielen Dank für Ihre Frage bezüglich der Umsetzung der europäischen Richtlinie (2006/24/EG) zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung, im Zuge derer auch die Novellierung des Gesetzes der Telekommunikationsüberwachung anstand. Gerne möchte ich Ihnen dieses Thema transparent darlegen.

Mit der Pflicht, die europäische Rahmengesetzgebung in bundesdeutsches Landesrecht umzusetzen, kam uns auch die Verantwortung zu, geltendes Recht an die neuen Umstände anzupassen. Dementsprechend kam es zu einer Neuordnung bereits geltender Vorschriften der Strafgesetzordnung zur Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen. Dies geschah nicht, wie die öffentliche Debatte uns scheinbar Glauben machen will, unter der Prämisse, Bürgerrechte zu unterwandern. Dem in diesem Zusammenhang unterstellten Generalverdacht seitens der Abgeordneten gegenüber der deutschen Bevölkerung kann ich ebenfalls nicht zustimmen. Ganz im Gegenteil. Die SPD-Bundestagsfraktion hat in den parlamentarischen Beratungen zur Novellierung dieses Gesetzes dafür Sorge getragen, dass der Einsatz verdeckter Ermittlungsmaßnahmen zum Zweck der Kriminalitätsbekämpfung und dem Schutz vor schweren Straftaten mit hohen, grundrechtssichernden Schwellen verknüpft ist, um das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Dadurch liegen die Hürden für die Durchführung einer Telekommunikationsüberwachung in Zukunft noch höher als jetzt. Dabei gilt wie bisher, dass solche Überwachungsmaßnahmen grundsätzlich nur von einem Richter angeordnet werden dürfen.

Zu bedenken bleibt in diesem Kontext immer, dass uns unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung sowohl Rechte als auch Pflichten abverlangt. Daher haben wir bei dem Gesetz im Auge behalten, dass der Staat für unsere Sicherheit zu sorgen hat und die berechtigten Strafverfolgungsmittel angemessen zur Geltung kommen. Andererseits greifen verdeckte Ermittlungsmaßnahmen in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ein, was verständlicherweise zu Ihren berechtigten Einwänden geführt hat.

Seien Sie deshalb versichert, dass wir ebenfalls bei der notwendigen Umsetzung der erwähnten EU-Richtlinie (2006/24/EG) unsere Verpflichtung gegenüber den Bürgerrechten ernst genommen haben. Im Bewusstsein einer gebotenen wirksamen Kriminalitätsbekämpfung, wurden die EU-Vorgaben so grundrechtsschonend wie möglich umgesetzt. So ist es Deutschland gegen den Widerstand vieler anderer Mitgliedstaaten gelungen, die Mindestspeicherungsdauer auf sechs Monate (statt der ursprünglich auf EU-Ebene diskutierten 36 Monate) zu beschränken. Dies ist ein vom Deutschen Bundestag wirksam unterstützter Verhandlungserfolg der Bundesregierung auf EU-Ebene.

Die aufgrund der Umsetzung künftig zu speichernden Daten sind im Wesentlichen die von Ihnen erwähnten Verkehrsdaten. Diese wurden schon in Vergangenheit von den Telekommunikationsunternehmen zu Abrechnungszwecken gespeichert. Das heißt, dass diese Daten bereits damals zur Verfügung standen. Dabei handelte es sich insbesondere um die genutzten Rufnummern und Kennungen sowie die Uhrzeit und Datum der Verbindungen. Neu hinzu kommt nur, dass bei der Mobilfunktelefonie auch der Standort bei Beginn der Mobilfunkverbindung gespeichert wird. Daten, die Aufschluss über den Inhalt der Kommunikation geben, dürfen dagegen nicht gespeichert werden.

Zu den Telekommunikationsverkehrsdaten gehören neben den Daten über Telefonverbindungen auch solche Daten, die bei der Kommunikation über das Internet anfallen. Diese müssen nach der EU-Richtlinie künftig ebenfalls gespeichert werden. Auch in diesem Bereich werden nur Daten über den Internetzugang und die E-Mail-Kommunikation gespeichert. Dabei speichert das Telekommunikationsunternehmen lediglich, welchem Teilnehmeranschluss eine bestimmte Internetprotokoll-Adresse (IP-Adresse) zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war sowie die Daten über die E-Mail-Versendung, nicht dagegen, welche Internetseiten besucht wurden oder welchen Inhalt eine E-Mail hatte.

Diese Daten bleiben wie bisher nur bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert. Auch hier können Polizei und Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur dann auf die Daten zugreifen, wenn dies zuvor durch einen richterlichen Beschluss erlaubt wurde. In diesem Beschluss legt der Richter genau fest, welche Daten das Unternehmen aus seinem Bestand herausfiltern und den Strafverfolgungsbehörden übermitteln muss.

Für alle verdeckten Ermittlungsmaßnahmen gilt darüber hinaus eine Reihe von Verfahrensregelungen. Sie verbessern den Grundrechtsschutz aller, die davon betroffen sind:

* Der bereits erwähnte Richtervorbehalt bei allen eingriffsintensiven verdeckten Ermittlungsmaßnahmen.
* Konzentration der Zuständigkeit für die Anordnung einer Maßnahme beim Ermittlungsgericht am Sitz der Staatsanwaltschaft, um dessen größere Spezialisierung zu erreichen.
* Umfassende, gerichtlich kontrollierte Benachrichtigungspflichten.
* Einführung eines nachträglichen Rechtsschutzes bei allen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen.
* Einführung von einheitlichen Kennzeichnungs-, Verwendungs- und Löschungsregelungen.

Mit freundlichen Grüßen

Annette Faße, MdB