Frage an Annette Groth bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Annette Groth
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Frage von Layla D. •

Frage an Annette Groth von Layla D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Groth,

Die Enthüllungen des Ex-US-Geheimdienstlers Edward Snowden haben verdeutlicht, dass die NSA Daten von Bürgerinnen und Bürgern auf der ganzen Welt ausspäht und damit faktisch eine absolute Kontrolle der gesamten Kommunikation ausübt.
Soweit für mich ersichtlich, sind die Parteien CDU/CSU, FDP, SPD und Die Grünen zwar bemüht, ihre Mitwisserschaft und Mitverantwortung zu verschleiern, haben aber allesamt zumindest nichts unternommen, um die Daten der Bürgerinnen und Bürger zu schützen.
Welche Politik strebt DIE LINKE diesbezüglich an? Können wir damit rechnen, dass sie sich im Falle eines guten Wahlergebnisses dafür einsetzen wird, den Ausspähaktionen der NSA und anderer ein Ende zu bereiten?

Mit freundlichen Grüßen
Layla Diab

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Diab,

tatsächlich bin ich schockiert über das Ausmaß des Abhörskandals durch die NSA und andere Geheimdienste, wenn mich auch die Tatsache allein, dass Millionen von Bürger abgehört und ausspioniert wurden, nicht wirklich überrascht. Dass sich sowohl die Bundesregierung als auch die früheren Regierungsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen jetzt völlig unschuldig geben und von nichts gewusst haben wollen, ist absolut unglaubwürdig, wie Sie sehr treffend erwähnen. Angeblich sollte der Ausspähskandal umfassend aufgeklärt werden - viel davon übriggeblieben ist nicht.

Staatdessen hat die EU, deren Einrichtungen ebenfalls ausspioniert worden sein sollen, kurz nach den ersten Enthüllungen durch Edward Snowden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA begonnen. Das halte ich für völlig inakzeptabel.

Zunächst hätten die Vorwürfe gegen die NSA und die Verantwortung der US-Regierung lückenlos aufgeklärt werden müssen. Zur Vorbedingung für Verhandlungen hätte gemacht werden müssen, dass die US-Regierung alle Informationen hierzu zur Verfügung stellt. Und es wäre ein Garantie vonnöten gewesen, dass das Sammeln von Daten unbescholtener Bürgerinnen und Bürger sowie von Unternehmen und politischen Institutionen sofort eingestellt wird. Bis heute konnten die USA auch z.B. den Vorwurf, dass ihre Geheimdienste Wirtschaftsspionage betreiben, nicht aus der Welt räumen. Man stelle sich vor, Russland oder China hätten auch nur annähernd so viele Daten weltweit gesammelt!

Dass die Bundesregierung und ihre Vorgänger nichts vom Abhörskandal bemerkt haben wollen, ist absolut unglaubwürdig. Auch die EU war über den Datenklau im breiten Stil sehr wohl informiert. Bereits 2001 stand ein Vorgänger von PRISM im EU-Parlament am Pranger. Dann kam der 11.September 2001 und die Spionageaktivitäten der USA wurden ein weiteres Mal ausgebaut. Die Bundesregierung war zu jeder Zeit informiert und hat laut Spezialisten massiv von den Informationen der US-Geheimdienste profitiert. Die Bundesregierung hat also gar kein Interesse an Aufklärung, weil sie dann ihre Mitwisserschaft und vielleicht auch eine Mittäterschaft deutscher Geheimdienste zugeben müsste.

Völlig skurril ist auch, dass mehrere europäische Regierungen, anstatt sich endlich auf den Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger zu besinnen, blind den Aufforderungen der US-Regierung folgten und dem Präsidenten Boliviens, Morales, Überflugrechte verwehrten, nur weil sie meinten, Edward Snowden könne sich in seiner Maschine befinden. Ein diplomatischer Skandal!

In Großbritannien wurde derLebensgefährte des Guardian-Journalisten Greenwald neun Stunden lang am Flughafen festgehalten, nur weil es Greenwald war, der mehrmals über die Enthüllungsergebnisse Snowdens berichtet hatte. Der Chefredakteur des Guardian wurde gezwungen, unter Aufsicht des britischen Geheimdienstes Datenträger mit Enthüllungen Snowdens zu vernichten.

Es ist also ganz offensichtlich, dass es um die Presse- und Informationsfreiheit in Europa nicht besonders gut gestellt ist und die Vermutung liegt nahe, dass die Regierungen in der EU sehr wohl informiert waren und auch davon profitiert haben, dass das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung mit Füßen getreten wurde.

Voraussetzung für die Aushandlung von Verträgen muss eine Garantie sein, dass diese Grundrechte von allen Vertragspartnern geachtet werden. DIE LINKE fordert, nationales, europäisches und internationales Recht dahingehend zu ändern, dass die Daten der Bürgerinnen und Bürger geschützt werden und dem Datenklau endlich Einhalt geboten wird. Wir brauchen Initiativen zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung und es ist vonnöten, z.B. das Abkommen zur Übermittlung von Fluggast- oder Bankdaten auszusetzen. Zudem müssen all die Gesetze überprüft werden, die Grundrechtseingriffe erlauben, um die „Sicherheit“ zu gewährleisten.

DIE LINKE wird sich auch in der nächsten Legislaturperiode intensiv für den Schutz der Daten der Bürgerinnen und Bürger einsetzen.

In unserem Wahlprogramm stellen wir dazu fest: „Die Grund- und Bürgerrechte geraten auch in parlamentarischen Demokratien immer wieder unter Druck. Sie werden aus ökonomischen Gründen relativiert oder mit der Begründung, die Freiheit zu schützen, der Sicherheit geopfert. Die Versammlungsfreiheit und das Recht auf öffentliche Meinungsäußerung der Bürgerinnen und Bürger werden immer wieder massiv eingeschränkt. Der öffentliche Raum wird im Namen der Sicherheit einer permanenten Überwachung unterworfen, ebenso werden Beschäftigte in den Betrieben oftmals durch Kontrolle und Beobachtung ihrer Persönlichkeitsrechte beraubt. Um die Computer von Privatpersonen vor Durchsuchungen des Staates zu schützen, musste das Bundesverfassungsgericht eigens ein neues Grundrecht definieren.“

Als menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion möchte ich diesen Grundsatz auch in der nächsten Legislaturperiode verteidigen und umsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Annette Groth