Frage an Antje Blumenthal von Gerhard R. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrte Frau Blumenthal,
trifft es zu, dass Kirchhof die Kirchensteuersubvention nicht abschaffen will?
Es geht nicht um die Kirchensteuer sondern um die steuerliche Abzugsfähigkeit diese Mitgliedsbeitrages.
Diese steuerliche Subvention verursacht beim Staat jährliche Einnahmeverluste von mehr als
3 Milliarden Euro.
Die völlig überschätzten Gegenleistungen der Kirchen rechtfertigen dies nicht.
In wichtigen Bereichen fehlen bekanntlich viele Milliarden.
Vor diesem Hintergrund frage ich Sie:
Wird die CDU die Kirchensteuersubvention abschaffen oder muss durch möglichst viele Kirchenaustritte der Abbau erreicht werden?
Freundliche Grüße
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
herzlichen Dank für Ihre Frage auf www.kandidatenwatch.de.
Grundsätzlich ist klarzustellen, dass zunächst das Regierungsprogramm der Union gilt, nach dem die Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer beibehalten wird. Erst in der übernächsten Legislaturperiode werden die von Paul Kirchhof geplanten Veränderungen des Steuersystems in Angriff genommen. Über mögliche Konsequenzen auf die Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer wird erst zum gegebenen Zeitpunkt zu diskutieren sein. Derzeit steht die Aufhebung der Abzugsfähigkeit der Kirchensteuern nicht zur Debatte.
Ihrer Argumentation, dass die Gegenleistungen der Kirchen für die steuerlichen Zuschüsse völlig überschätzt werden, kann ich mich nicht anschließen. Kirchen sind vielmehr ein wesentlicher Faktor in der geistigen, kulturellen, pädagogischen und sozialen Infrastruktur unseres Gemeinwesens. Die Kirchen tragen wesentlich zum Wertebewusstsein bei, von dem der Staat letztlich lebt.
In Abgrenzung zu totalitären Regimen hat sich die Bundesrepublik das Subsidiaritätsprinzip in die Verfassung geschrieben, d.h. dass nur wenige übergeordnete Angelegenheiten dem Staat zur Regelung übertragen werden. Dieses Prinzip ist ein wesentlicher und unverzichtbarer Sicherungsfaktor unserer demokratischen Kultur. Das kirchliche Handeln im weltlichen Bereich leitet sich von diesem Prinzip ab. Gerade der Bereich der kirchlichen diakonia / caritas handelt die Kirche stellvertretend für die öffentliche Hand. Darum wird sie aus den Mitteln unterstützt, die der Staat für diese sozialen Zwecke vorgesehen hat, um in freier Trägerschaft diese vom Staat für notwendig erachtete Aufgaben durchzuführen. Bei staatlicher Übernahme dieser Einrichtungen müsste der Staat bei gleich bleibender Qualität wesentlich mehr Mittel aufwenden als bislang.
Wenn wir an diesem Prinzip festhalten wollen, sollten wir auch künftig sicherstellen, dass über die Kirchensteuer, die Finanzierung kirchlicher Aufgaben und deren Solidarbeitrag für die Gesellschaft gesichert ist.
Keine der Kirchen in Mittel- und Westeuropa leistet eine so breite über ihre ureigensten Kernaktivitäten hinausgehende gemeinwohlorientierte Arbeit wie in Deutschland, das ist über das System der Kirchensteuer möglich. Die beiden großen Kirchen sind in Deutschland der zweitgrößte Arbeitgeber. Sie beschäftigen 1 Mio. Menschen, davon arbeiten 800.000 im sozialen Bereich.
Deshalb werde ich mich auch zukünftig für die Beibehaltung der Kirchensteuer – sowie für deren steuerliche Absetzbarkeit einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Blumenthal