Frage an Antje Blumenthal von Irmgard T. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Fr. Blumenthal,
ich habe im Hamburger Abendblatt gelesen, dass sich Politker/innen als Praktikanten für Arbeiten im realen Leben zur Verfügung gestellt haben. Frage: Warum wurden da bitte nur wieder Arbeiten gewählt, die nicht unbedingt sehr anstrengend waren? D.h. irgendwelche Bewerbungsgespräche zu führen oder mit Kunden einer Zeitarbeitsfirma zu kontaktieren o.g. Bewerbern dann zu erzählen, das die dann evtl. für einen Hungerlohn arbeiten sollen das ist wohl kaum ein Kunststück. Hoffe aber, dass Sie und das evtl. auch mal weitergeben gemerkt haben, das viele nicht alle die Menschen die Arbeit suchen schamlos ausbeuten. Haben Sie dann wenigstens Bewerbern die am Telefon nach dem Verdienst gefragt haben ehrlich Antwort gegeben oder auch abgewimmelt das kann ich Ihnen am Telefon leider nicht sagen da müßten Sie dann doch schon herkommen. Kommen die Bewerber dann was ja in der Regel Arbeitslose sind vielleicht mit H4 Bezug haben ja auch so viel Geld dann heißt es ach mehr als 6,15 die Std. zahlen wir nicht. Haben Sie auch wirklich hinter die Kulissen geschaut? Bzw. warum haben Sie und andere Politiker die bei diesem Versuch? mitgemacht haben nicht mal Jobs gewählt die wirklich anstregend und nerven- aufreibend sind? Z.B. sich mal an die Kasse eines großen Supermarktes zu setzen oder sich mal den ganzen Tag bei Wind und Wetter gerade jetzt wo es saukalt ist auf einen Stapler zu setzen und den ganzen Tag in der Kälte zu arbeiten. Warum wieder nur Jobs bei denen man im Warmen hockt bzw. sich wieder nur den Bürostuhl zum Freund macht. Tut mir leid aber alle in der politik haben doch schon jeglichen Realitätssinn verloren. Null Ahnung wie es den Menschen wirklich geht.
Mfg
Sehr geehrte Frau Tesch,
vielen Dank für Ihre Anfrage bei abgeordnetenwatch zu Schnupperpraktika von Politikern.
Ich halte es gerade als Politiker für wichtig, zu wissen, wie Arbeitsbedingungen in verschiedenen Branchen und Berufen ausgestaltet sind. Seit Jahren bin ich nicht nur Mitglied der CDU, sondern auch der CDA (Christlich Demokratische Arbeitnehmerschaft). Dieser Arbeitnehmerflügel der CDU ist mir für meine Arbeit als Sozialpolitikerin äußerst wichtig.
Seit meiner frühesten Jugend habe ich die unterschiedlichsten Jobs angenommen. Ich habe zum Beispiel Kinder gehütet, in der Schlachterei als Verkäuferin gearbeitet und in einer Baumschule Pflanzen gesetzt. Seit ich in der Politik tätig bin, nehme ich mir von Zeit zu Zeit einen Tag "frei", um mir bestimmte andere Berufsbilder anzusehen, die ich nicht aus eigener Berufserfahrung kenne. So habe ich bereits eine Nachtschicht der Polizei in Hamburg-Mitte begleitet, war als Küchenhilfe in einem Fast-Food-Restaurant beschäftigt, habe ein Entsorgungsunternehmen bei der Müllsammlung unterstützt und war nachts mit der Bahnhofsmission unterwegs, um Tee auszuteilen.
Als ich Ende Januar von der Gewerkschaft Verdi gefragt wurde, ob ich an einem "Schnuppertag" in einem ihrer Betriebe teilnehmen möchte, sagte ich zu. In diesem Fall suchte Verdi mir einen Betrieb aus, dessen Problematik sie mir besonders deutlich machen wollten. Die Tatsache, dass diese Arbeit nicht körperlich anstrengend ist, macht sie für mich nicht weniger aufreibend als die anderen Berufe, in die ich während meines Lebens Einblick erhalten habe. Jede Arbeit davon ist wertvoll und ich habe vollsten Respekt vor den Menschen, die diese Tätigkeiten ausführen. Ganz gleich ob man auf einem Gabelstapler oder einem Bürostuhl sitzt, ganz gleich ob man materielle Dinge fertigt oder eine (soziale) Dienstleistung erbringt. Jede Arbeit ist es wert, gewürdigt zu werden.
Ich habe übrigens selbst, wie die meisten meiner Kollegen, auch ein Arbeitsleben "vor" bzw. lange Zeit neben der Politik gehabt. Ich weiß also sehr wohl, was es bedeutet, außerhalb der Politik zu arbeiten. Und glauben Sie bitte nicht, Politik sei keine Arbeit. Sie ist es – sowohl zu meiner Zeit in der Hamburgischen Bürgerschaft *neben* der regulären Beschäftigung, als auch "hauptamtlich" im Bundestag. Wenn Sie sich davon selbst ein Bild machen möchten, lade ich Sie gerne ein, sich in meinem Berliner Büro zu melden und einen "Schnuppertag" oder eine "Schnupperwoche" in meinem Beruf zu erleben.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Blumenthal