Frage an Antje Blumenthal von Michael B. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Frau Blumenthal,
es ist schön dass Sie sich mit Ihrem Antrag vom 19.09.2007 gegen Gewalt einsetzen (BT-Druck 16/6429). Es wäre aber ebenfalls schön, wenn im 21. Jh., von der Politik nur echte Probleme bekämpft würden und nicht nur die Interessen einer kleinen Lobby bedient würde.
Es ist nämlich kaum noch erträglich mit welcher Dreistigkeit hier gefälschte Statistiken als Entscheidungsgrundlage für politische Handlungen genutzt werden.
Damit Sie verstehen was ich meine, setzen Sie sich doch bitte ehrlich mit der Studie über die "Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland" auseinander!
Gehen Sie zunächst auf Seite 28, wo Sie bei sex. Gewalt in Paarbeziehungen die Zahl 7% finden werden (für Erfahrungen seit dem 16. Lebensjahr; also auch Erfahrungen aus dem 2. Weltkrieg!).
Auf Seite 74 werden Sie eine Tabelle vorfinden, in der von nur noch 0,9% in den letzten 12 Monaten bzw. 2,2% in den letzten 5 Jahren gesprochen wird (wohlgemerkt, alle Fälle also nicht nur Paarbeziehungen).
Auf Seite 78 finden Sie das Diagramm 6, mit der Aussage, dass Partnergewalt knapp 50% der Betroffenen ausmacht. Damit können die Zahlen auf der Seite 74 auf 0,45% (letztes Jahr) bzw. 1,1%(letzte 5 Jahre) relativiert werden.
Damit lässt sich die sexuelle Partnergewalt auf ca. 0,22% bis 0,45%/Jahr relativieren.
Können Sie bitte den Wählern erklären, wem solche statistische Manipulationen dienen? Wer hat ein Interesse die Gewalt gegen Frauen a) so zu übertreiben und b) Gewalt ausschliesslich den Männern zuzuschreiben?
Sollten Sie meinen - ich bin nur Physiker - Rechnungen keinen Glauben schenken wollen, bitte ich Sie bei unseren frischgebackenen Nobelpreisträgern nachzufragen.
Der Kindernotdienst Berlin hatte bereits 2004 auf die Gefahren hingewiesen, die durch eine einseitige Wahrnehmung der Gewaltproblematik entstehen können: die Schwächsten in den Familien, die Kinder, werden wohl am meisten darunter leiden.
MfG
Michael Baleanu
Sehr geehrter Herr Baleanu,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 28.10.2007.
Sie wenden sich darin an mich mit der Bitte, dass die Politik sich nur mit echten Problemen beschäftigen sollte und beziehen sich auf einen Antrag von Abgeordneten der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion der SPD vom 19.09.2007.
Ich kann Ihnen versichern, dass ich ganz Ihrer Meinung bin. Gerade weil die Politik sich mit echten Problemen beschäftigen sollte, liegt mir der Antrag „Häusliche Gewalt gegen Frauen konsequent weiter bekämpfen“ sehr am Herzen. Denn Gewalt an Frauen ist nach wie vor ein großes Problem in unserer Gesellschaft. Das Thema ist erst in den letzten Jahren verstärkt in der Öffentlichkeit diskutiert worden, die Dunkelziffern bei Gewalt in den eigenen vier Wänden oder auch bei Vergewaltigungen sind aber nach wie vor hoch. Die Problematik kann und darf nicht einfach von der politischen Agenda gestrichen werden.
Sie äußern anhand von konkreten Zahlenbeispielen aus der vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend herausgegebenen Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ die Vermutung, dass es sich hierbei um gefälschte Statistiken halten könnte. So sehr ich Ihre Sorge diesbezüglich verstehen kann, erschließen sich mir die von Ihnen aufgestellten Rechnungen zur Beweisführung nicht ganz. Ich kann Ihnen versichern, dass die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegebenen Studien seriös sind und von „statistischen Manipulationen“ nicht die Rede sein kann.
Beide Beispiele, die Sie anführen, haben sich explizit mit dem Thema „Frauen“ auseinandergesetzt. Das Defizit, einen Überblick über Männer als Opfer verschiedenster Gewaltarten herauszugeben, wurde bereits 2005 beseitigt. Damals erschien die Pilotstudie "Gewalt gegen Männer" als erste Studie zur gesamten Bandbreite der personalen Gewalt gegen Männer. Auf der Homepage des BMFSJ können Sie diese Studie kostenfrei unter http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=20558.html
herunterladen.
Es handelt sich bei häuslicher Gewalt also keineswegs um eine einseitige Wahrnehmung der Gewaltproblematik oder die Interessen einer kleinen Lobby, sondern um ein ernstzunehmendes Thema, dass von allen Seiten beleuchtet werden muss und nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Antje Blumenthal