Frage an Anton Hofreiter bezüglich Gesundheit

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Anton Hofreiter
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Frage von Timo S. •

Frage an Anton Hofreiter von Timo S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Dr. Hofreiter,

meine Frage fällt zwar nicht in ihren momentanen Zuständigkeitsbereich, jedoch habe ich sie als toleranten Menschen kennen gelernt, der bei heiklen Fragen nicht den Kopf einzieht, weshalb ich sie bitte, sich auch mit diesem Thema zu befassen:

Obwohl es nicht von der Hand zu weisende Befunde über stark "gestrecktes" Cannabis in Deutschland gibt, welches weitaus erheblichere Lang- und Kurzzeitschäden bei den Konsumenten anrichtet, als "reines" Cannabis, weigert sich die Regierung, sich mit diesem Thema zu befassen; und zwar angeblich aufgrund mangelnder Nachweise. Desweiteren sei und bleibe Cannabis illegal, weshalb Abstinenz der beste Weg für eine Lösung dieses Problems sei.
Die allerdings zeugt einerseits von starkem Desinteresse der Regierung an den Wünschen und Bedürfnissen, vor allem aber an der Gesundheit der Bürger! Denn es gibt immerhin geschätzte vier Millionen Konsumenten in Deutschland, was gut ein Zwanzigstel der gesamten Bevölkerung ist. Zwar würde meiner Meinung nach eine Legalisierung und ein staatlich kontrollierter Anbau und Verkauf diesen (unnötigen) gesundheitlichen Risikofaktor größtenteils beseitigen, jedoch ist dies leider eine anscheinend utopische Vorstellung.
Daher halte ich die Idee einer Art "Drug-Check-Institution", die es in einigen Staaten zumindest schon teilweise gibt, und die auch in der o.g. Anfrage angesprochen wurde, für einen ersten, sehr sinnvollen Schritt in die Richtung eines bedachten Umgangs mit Cannabis.
Wie stehen sie zu diesem Thema und würden sie sich für solche Institutionen einsetzen, wenn es das Gesetz erlauben würde?

Hier noch ein paar interessante Nachweise:
http://hanfverband.de/streckmittel/ (eine Übersicht über die Streckmittel und aktuelle Fälle)
http://www.hanfplantage.de/muenchener-augen-auf-beim-graseinkauf-blei-im-gras-gefunden-20-02-2009
http://www.hanfplantage.de/brix-im-schwarzwald-mindestens-200-personen-mit-problemen-11-02-2010

Mit freundlichen Grüßen,
Timo Schrijner

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Sehr geehrter Herr Schrijner,

herzlichen Dank für Ihre Frage und Ihr Kompliment in ihrer Eingangsbemerkung. Ich darf Ihnen versichern, dass ich auch künftig nicht "den Kopf einziehen werde".

Ebenso wie Sie denke ich, dass eine Drogenpoltik, die sich auf die Forderung nach Abstinenz beschränkt und die realen Probleme des ungeregelten Schwarzmarktes aus dem Blick nimmt, unverantwortlich handelt. Sicher wäre auch aus unserer Sicht eine geregelte (lizensierte) Abgabe oder der Eigenanbau von weichen Drogen wie Cannabis der bessere Weg. Die Durchsetzung dieses Weges ist aber unter den bestehenden politischen Mehrheitsverhältnissen und den von Deutschland eingegangenen internationalen Verträgen kurzfristig illusorisch.
Daher müssen im Interesse der Schadensminderung zunächst zumindest die Nebenwirkungen des Schwarzmarktes angegangen werden. Das stationäre und ambulante DrugChecking ist eine Möglichkeit, um die gesundheitlichen Risiken für die Konsumentinnen und Konsumenten zu verringern. Daher wollen wir für diese Formen der Schadensminderung mehr Rechtssicherheit erreichen. Dies kann durch Änderungen des Betäubungsmittelgesetzes geschehen. Ob dazu die Einrichtung einer DrugChecking-Institution geeignet ist, müsste untersucht werden. Internationale Erfahrungen aus Holland, Österreich und der Schweiz zeigen, dass eine dezentrale und niedrigschwellige Herangehensweise erfolgreich sein kann.

Mit freundlichen Grüßen

Toni Hofreiter

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