Frage an Axel Knoerig bezüglich Finanzen

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Axel Knoerig
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Frage von Winfried K. •

Frage an Axel Knoerig von Winfried K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Knoerig,

wie werden Sie beim Euro-Rettungspaket abstimmen?

Mit freundlichen Gruessen
Winfried Köllmann

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CDU

Sehr geehrter Herr Köllmann,

haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben zum Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM), das ich mit Interesse zur Kenntnis genommen habe. Sehr gerne beziehe ich Stellung dazu:

Ich kann Ihre Sorgen über die Lage der gemeinsamen europäischen Währung nachvollziehen. Auch ich bin davon überzeugt, dass wir uns an einer Wegscheide in Bezug auf die Zukunft des Euro befinden. Es gilt, jetzt die richtigen Lehren aus den Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre zu ziehen. Sowohl der Rettungsschirm, als auch der permanente ESM sind aus meiner Sicht gute und wichtige Bausteine für ein Gesamtgefüge, das zur langfristigen Stabilisierung der Wirtschafts- und Währungsunion führt. Wichtig dabei ist natürlich, dass alles nach gesetzlichen und verfassungsgemäßen Bahnen läuft.

Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, wird in der rechtswissenschaftlichen und politischen Debatte über die Reichweite und normative Strenge der Bestimmungen des Artikel 125 AEUV, der die Haftung der Europäischen Union sowie aller Mitgliedstaaten für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten ausschließt, gestritten. Da keine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, auch bezüglich bilateraler Kredite, vorliegt, gilt die Frage danach, wie man das Ziel dieses Artikels und seines Regelgeflechts, nämlich die Sicherung der Stabilität der Staatshaushalte ihrer Mitglieder, am besten sichern kann, als zentral.

Im Dreiklang mit den Artikeln 123 und 124 AEUV soll die „No-Bail-Out-Klausel“ („Nicht-Beistandsklausel“) des Artikel 125 AEUV dafür sorgen, alle Mitgliedsstaaten der EU bei der Kreditfinanzierung ihrer Haushalte privaten Kreditnehmern gleichzustellen. So sollen dabei alle Wege der Umgehung ihrer Regelungsabsicht, den Staat bei der Kreditfinanzierung an die Finanzmärkte zu verweisen, versperrt werden und auf diesem Wege die EU-Staaten zu eigenverantwortlicher Haushaltsdisziplin bewegt werden. So schließt der EU-Vertrag Beistandsverpflichtungen grundsätzlich aus, jedoch nicht ein freiwilliges Eintreten für die Schulden eines Mitgliedsstaates. Auch wird die Auffassung vertreten, dass Kredite nicht unter die „No-Bail-Out-Klausel“ zu subsumieren sind, denn bei der Gewährung eines Kredites erfolgt kein Eintritt in die bestehenden Schuldverhältnisse, da sie zurückgezahlt werden müssen und die entsprechenden Finanzhilfen an strikte Konditionalität geknüpft sind.

Das Bundesverfassungsgericht hat am 7. September im Sinne der EU-Verfassung nach geltendem Recht entschieden und die Griechenland-Hilfe, sowie die Maßnahmen zum Euro-Rettungsschirm für rechtskräftig erklärt und gleichzeitig die Rechte der Bundestagsabgeordneten hinsichtlich der Vergabe von internationalen Finanzhilfen gestärkt. So muss der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages künftig weiterhin jedem Hilfspaket für ein EU-Partnerland zustimmen. Budgetrecht und Haushaltsautonomie des Bundestages bleiben damit – auch im Rahmen der gemeinsamen europäischen Finanzpolitik – unangetastet!

Sicher, hat der Stabilitäts- und Wachstumspakt in seiner mit Einführung des Euro beschlossenen und später modifizierten Form die Staatsschuldenkrise im Euroraum nicht verhindert. Auch wie sich unsere Gemeinschaftswährung angesichts der derzeitigen Euro-Krise in Zukunft entwickeln wird, ist heute – das muss man klar sagen - schwer absehbar.

Auch hier gilt deshalb meines Erachtens nach der Grundsatz: Veränderungen müssen in einem geordneten Verfahren ablaufen. Aus diesem Grund habe ich dem Rettungsschirm zugestimmt, dessen einzelne Maßnahmen momentan erarbeitet werden. Als entscheidendes Instrument dafür haben wir in dieser Woche die Europäische Finanzmarktstabilisierungsfazilität (EFSF) auf den Weg gebracht.

Mit der EFSF war im vergangenen Jahr ein temporärer Rettungsschirm aufgespannt worden, der 2013 durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) abgelöst werden soll. Die Erfahrungen der letzten Monate zeigen, dass die Schlagkraft der EFSF in bestimmten Punkten gestärkt werden muss. Um etwa die zugesagten Mittel in Höhe von 440 Milliarden Euro tatsächlich ausleihen zu können, wird der Garantierahmen auf 780 Milliarden Euro erhöht. Der deutsche Gewährleistungsanteil steigt somit von 123 auf 211 Milliarden Euro.

Darüber hinaus werden weitere Instrumente geschaffen, um vor allem mögliche Ansteckungseffekte frühzeitig unterbinden zu können. Neben Krediten werden nun zum Beispiel auch vorsorgliche Kreditlinien oder das Aufkaufen von Anleihen von Eurostaaten möglich. Unverändert bleibt: Hilfe gibt es nur bei einer Gefährdung der Finanzstabilität der Eurozone insgesamt und nur im Gegenzug für ein striktes finanz- und wirtschaftspolitisches Reformprogramm.

Ein Hauptmanko des temporären Rettungsschirms EFSF ist seine fehlende Gläubigerbeteiligung. Die gründliche Vorbereitung des ESM hat es ermöglicht, klare und berechenbare Regeln für eine Gläubigerbeteiligung zu vereinbaren. Dadurch werden die richtigen Signale an Märkte und Mitgliedstaaten gesandt. Mit der Beteiligung privater Gläubiger stärken wir das für die Marktwirtschaft zentrale Prinzip des Zusammenhangs von Risiko und Haftung.

- maximales Ausleihvolumen: 500 Milliarden Euro, durch Beteiligung des IWF zur Aufstockung auf 750 Milliarden Euro

- Kapitalstruktur des ESM: gezeichnetes Kapital (das auf die Haftung der Teilnehmerstaaten beschränkt ist) von insges. 700 Milliarden Euro, davon 80 Milliarden eingezahltes und 620 Milliarden abrufbares Kapital der Mitgliedstaaten; Einzahlung der 80 Milliarden pro Mitgliedstaat ab 2013 bis 2018 in gleichen Raten.

Auch befürworte ich das gemeinsame Anpacken der Probleme aller Mitgliedsstaaten als Basis des ESM. Nach dem EZB-Kapitalschlüssel werden alle Staaten der Euro-Zone entsprechend fair beteiligt und auch erfolgt eine Aktivierung des ESM erst, wenn die Stabilität der Eurozone insgesamt gefährdet ist und eine entsprechende Schuldentragfähigkeitsanalyse der EU-Kommission, des IWF, sowie der EZB dies bestätigt.

Ich bin davon überzeugt, dass diese Neuerungen gegenüber der früheren Ausgestaltung des Stabilitäts- und Wirtschaftspaktes ein großartiger Erfolg sind und auch aufgrund der strikten Konditionalität im Falle der Inanspruchnahme, ein festes und sicheres System darstellen, das uns in Zukunft vor einer solchen Finanzsituation schützt.

Sowohl im Bezug auf den gemeinschaftlichen Europagedanken nach Frieden und Wohlstand, mehr Wettbewerbsfähigkeit und sicherer Planungsmöglichkeit und bezüglich der deutschen Einzahlungen, denen die Beteiligung am ESM-Vermögen gegenübersteht und bevorzugten Gläubigerstatus besitzt, schließt er auch eine institutionelle Lücke, die uns in Zukunft vor einer Krise schützt. Der ESM sichert somit nicht nur den Ablauf und das Einhalten der finanzpolitischen Verträge der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, sondern bietet auch eine wichtige Plattform für zukünftige Herausforderungen.

In der Hoffnung, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Axel Knoerig MdB

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