Frage an Beate Merk bezüglich Recht

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Beate Merk
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Frage von Hans-Georg B. •

Frage an Beate Merk von Hans-Georg B. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Merk,
RA Strate Berichtet auf seiner Homepage ( http://www.strate.net/de/dokumentation/Muehlhoelzl-Erklaerung-2013-07-27.pdf ) über den Fall der Claudia Mühlhölzl (Oberaudorf).
Frau Mühlhölzl wurde am 26.7.2013 um 12:00 zwangsweise in die Psychiatrie verräumt. Wohl nur auf Grund der Intervention von Herrn Strate hat die Anhörung der Verräumten am Samstag dem 27.7.2013 gegen 16:00 stattgefunden. Zumindest erweckt der Bericht von Herrn Strate den Eindruck, als sei dem Bereitschaftsrichter am Samstagnachmittag nicht bewusst gewesen, dass er die Verräumte noch am Samstag hatte anhören müssen.
Herr Mollath musste drei Wochen nach seiner Verräumung auf die richterliche Anhörung warten, obwohl diese von Gesetzeswegen spätestens am Tag nach der Festsetzung hätte stattfinden müssen.
Vor diesem Hintergrund Bitte ich um Auskunft, wie häufig in Bayern die gesetzliche Frist zur Anhörung von Festgesetzten nicht eingehalten wird (getrennt nach Festnahme wegen strafrechtlicher Verfolgung und Unterbringung in einer Psychiatrischen Einrichtung pro Jahr).
Welche Folgen habe derartige Pflichtversäumnisse für die jeweils zuständigen Richter?
Haben Sie die Möglichkeit auf Richter einzuwirken, damit sie solche Anhörungen immer Fristgerecht durchführen? Oder sehen Sie diese Pflichterfüllung oder -nichterfüllung im Bereich der richterlichen Unabhängigkeit?

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Georg Beuter

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Sehr geehrter Herr Beuter,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 29. Juli 2013, in der Sie die richterliche Anhörung festgenommener bzw. untergebrachter Personen ansprechen.

Die Vorführung von Personen, die im Rahmen der Strafverfolgung aufgrund eines Haftbefehls ergriffen werden, vor den zuständigen Richter ist in § 115 der Strafprozessordnung (StPO) ausdrücklich geregelt. Die Vorführung hat unverzüglich zu erfolgen. Der Beschuldigte ist spätestens am nächsten Tag über den Gegenstand der Beschuldigung zu vernehmen (§ 115 Abs. 1 und 2 StPO).

Hiervon zu unterscheiden ist die Anhörung von Personen, die auf der Grundlage des § 1906 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht werden, weil sie sich aufgrund einer psychischen Krankheit in erheblicher Weise selbst gefährden (sog. privatrechtliche Unterbringung). In diesen Fällen kann das zuständige Betreuungsgericht nach § 332 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) bei Gefahr im Verzug bereits vor Anhörung des Betroffenen seine vorläufige Unterbringung durch einstweilige Anordnung anordnen. Zulässig ist dies, wenn dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Unterbringungsmaßnahme gegeben sind. Ferner müssen ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden (§ 331 Satz 1 Nr. 1 FamFG) und ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen vorliegen (§ 331 Satz 1 Nr. 2 FamFG). Macht das Gericht von der in § 332 FamFG geregelten Eilbefugnis Gebrauch, ist die Anhörung des Betroffenen nach der gesetzlichen Regelung „unverzüglich nachzuholen“. Nach der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur bedeutet „unverzüglich“ in diesem Sinne „bis zum Ablauf des nächsten Tages“.

Statistische Erkenntnisse, ob und gegebenenfalls in welcher Zahl von Fällen Anhörungen nicht rechtzeitig nachgeholt werden, liegen hier nicht vor. Die Gerichte sind an Recht und Gesetz gebunden und haben die gesetzlich vorgegebenen Anhörungspflichten zu erfüllen, ohne dass es insoweit einer Aufforderung durch das Ministerium bedürfte. Der verfassungsrechtlich gewährleistete Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit rechtfertigt keine Abweichung von gesetzlich vorgegebenen Anhörungspflichten.

Ob eine Verletzung der Pflicht zur Nachholung einer gemäß § 332 FamFG zurückgestellten Anhörung des Betroffenen für den Richter mit straf- oder dienstrechtlichen Folgen verbunden ist, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Die Beurteilung, ob ein Strafverfahren eingeleitet wird, obliegt der zuständigen Staatsanwaltschaft. Die Entscheidung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens trifft der Gerichtspräsident als Dienstvorgesetzter des Richters oder die zuständige Generalstaatsanwaltschaft als Disziplinarbehörde.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Beate Merk, MdL