Frage an Birgit Sippel bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Birgit Sippel
SPD
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Frage von Sarah D. •

Frage an Birgit Sippel von Sarah D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Sippel,

der Europäische Gerichtshof hat am 8. April die Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung aufgehoben, weil sie unvereinbar mit der EU-Grundrechtecharta ist.

Ich betrachte diese Richtlinie und ihre nationalen Umsetzungen ebenfalls als große Gefahr für die Grundrechte und für die politische Freiheit der Menschen in unseren rechtsstaatlichen Demokratien. Für mich stellt diese und jede andere Form anlassloser Überwachung von Menschen einen direkten Angriff auf die freiheitliche Demokratie als solche dar. Darüber hinaus gibt es bisher keinen Hinweis, dass die Vorratsdatenspeicherung sich überhaupt positiv auf die Strafverfolgung auswirkt.

Daher erlauben Sie mir bitte zwei Fragen an Sie persönlich als Kandidatin zum Europäischen Parlament:

1. Würden Sie Ihre Stimme einsetzen, um gegen eine neue EU-Richtlinie zur verpflichtenden Vorratsspeicherung von Telekommunikations-Verbindungsdaten zu stimmen?

2. Würden Sie einer EU-Richtlinie zum Verbot der Vorratsdatenspeicherung in allen Mitgliedstaaten zustimmen?

Vielen Dank vorab!

Mit freundlichen Grüßen aus Bielefeld,
Sarah Dörpinghaus

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Dörpinghaus,

vielen Dank für Ihre Frage. Als SPD-Abgeordnete im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) antworte ich Ihnen gerne. Wie Sie lehne ich die Vorratsdatenspeicherung grundsätzlich ab.

Eine EU-weite Verpflichtung zur flächendeckenden anlasslosen Speicherung von Daten aller Menschen und Organisationen ist mit europäischen Grundrechten unvereinbar und darf es deshalb nicht mehr geben. Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung am 8. April 2014 gekippt und auch nachträglich für nichtig erklärt hat, brauchen wir eine neue Debatte über rechtsstaatliche Werte in der EU. Auch die EU-Staaten müssten Konsequenzen aus diesem Urteil ziehen und ihre nationalen Umsetzungsgesetze aufheben.

Als deutsche Sozialdemokratin spreche ich mich gegen eine Einführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland aus. Für mich ist der Nutzen dieses Instruments nicht bewiesen, vielmehr wird jeder Bürger pauschal unter Verdacht gestellt. Eine Einführung in Deutschland wäre ein fatales Signal für die Grundrechtspolitik in der EU.

Es ist noch nicht klar, ob die EU-Kommission einen neuen Richtlinien-Vorschlag zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen wird, und wenn ja, was dieser beinhalten wird. Für mich ist jedoch klar: Keinem Mitgliedstaat darf es weiterhin möglich sein, pauschal alle seine Bürger ins Visier der Überwachung zu nehmen. Ein allgemeines Verbot wäre somit begrüßenswert. Rechtlich könnte es jedoch schwierig werden, den Nationalstaaten pauschal eine Maßnahme zur Strafverfolgung zu verbieten, wenn diese sie unbedingt einführen wollen. Gerade dieses Kalkül vieler nationaler Regierungen halte ich jedoch für fatal: Mit dem EuGH-Urteil haben wir endlich die höchstrichterliche Bestätigung, dass die anlasslose Totalüberwachung gegen europäische Grundrechte verstößt. Die Mitgliedstaaten müssen ihre derzeitigen nationalen Vorratsdatenspeicherungs-Programme abschaffen!

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Birgit Sippel

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