Frage an Cem Özdemir bezüglich Bildung und Erziehung

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Cem Özdemir
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Frage von Wilfried Berthold H. •

Frage an Cem Özdemir von Wilfried Berthold H. bezüglich Bildung und Erziehung

In einem interview mit dem Hamburger Abendblatt haben sie angeregt, das alle Kinder neben der deutschen auch die türkische Sprache lernen sollten. Aber welchen Vorteil hätten unsere deutschen Menschen, wenn sie türkisch sprechem könnten?
In den Schulen lernt man zunächst in den ersten 3 Jahren die deutsche Sprache, in Wort und schrift, lesen, schreiben und sprechen.
Ab dem 4. Schuljahr wird englisch eingeführt; denn Englisch ist die wichtigste Weltsprache,in der Luft- See-und Raumfahrt unentbehrlich. Auch in der Computersprache ist englisch unbedingt erforderlich. Aber türkisch?
In der Realschule kommt die 2. Fremdsprache, wahlweise spanisch oder französisch. Ab Gymnasium wird Latein und alrgriechisch gelehrt.
Wir müssen doch nicht türkisch nur lernen um mit unseren Migranten reden zu können. Eigentlich sollte man die Landessprache beherschen, bevor man einwandert! So ist es jedenfalls in Canada, USA und auch Australien üblich.
Und noch etwas: Ein Kellner in Side, nach seinen guten Deutschkenntnissen gefragt, sagte:"Jeden Abend eine Stunde RTL". So könnten auch unsere Einwanderer deutsch lernen, wobei wir hier ca. 20 deutsche TV-Stationen empfangen können. Aber der Wille muß da sein! Und der fehlt bei den bildungsfernen Einwanderern aus dem islamischen Ländern.

Ich frage Sie, wieso Ihnen diese Tatsachen nicht bekannt sind?
Türkisch könnten doch Ihre Kinder auch nachmittags in der Koranschule lesen.

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Sehr geehrter Herr Haase,

laut Ihrer Frage soll ich in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt "angeregt (haben), das(s) alle Kinder neben der deutschen auch die türkische Sprache lernen sollten". Das klingt ja nun so, als würde ich dafür plädieren, dass alle Schülerinnen und Schüler künftig gezwungen werden sollen, Türkisch zu lernen. Das wäre absurd. Hier die Passagen aus dem Interview:

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Abendblatt: Sie haben für mehr Türkisch-Unterricht an deutschen Schulen geworben. Ist es nicht die viel größere Herausforderung, dass alle Kinder beim Schuleintritt Deutsch sprechen?

Cem Özdemir: Absolut, das ist völlig richtig, genau das habe ich auch in dem von Ihnen angesprochenen Interview deutlich gemacht. Ich verstehe nur nicht, wieso man das eine tun und deshalb das andere lassen sollte? Es geht doch insgesamt um mehr Sprachkompetenz. Dafür muss vor allem viel mehr unternommen werden, damit alle Kinder, die hier leben und aufwachsen, Deutsch sehr gut beherrschen. Aber warum sollten wir denn deshalb Sprachkompetenzen, die vom Migrationshintergrund eines Kindes herrühren, brachliegen lassen, statt auch sie zu fördern? Der Versuch, das eine gegen das andere zu stellen und damit Stimmung zu machen, zeigt aber, dass solche Fragen hierzulande immer noch gern schnell mit Ressentiments aufgeladen werden.
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Sehr geehrter Herr Haase,
es geht mir also nicht darum, Türkisch als ein Pflichtfach einzuführen, sondern grundsätzlich die natürlich vorhandene Mehrsprachigkeit in einer Einwanderungsgesellschaft besser zu nutzen, wobei Deutsch die wichtigste Sprache ist und bleibt.

In der BILD lautete die entsprechende Passage in einem Interview mit mir übrigens:

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BILD: In deutschen Schulen werden alle möglichen Fremdsprachen unterrichtet – aber kaum Türkisch. Ein Fehler?

Özdemir: Auf jeden Fall. Zweisprachigkeit ist in der globalisierten Welt ein großes Plus und ein Potenzial, das wir stärker nutzen müssen. Deutsch muss für Kinder, die hier leben und aufwachsen, immer die wichtigste Sprache sein. Aber wir müssen auch dafür sorgen, dass Kinder mit Migrationshintergrund ihre Mehrsprachigkeit entfalten können. Warum soll an deutschen Schulen neben Englisch, Französisch, Spanisch und Russisch nicht auch mehr Türkisch angeboten werden?
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Was man aus dieser Passage gemacht hat, zeigt eindrucksvoll diese Seite:

http://www.bildblog.de/4013/bild-schreibt-was-oezdemir-gegner-lesen-wollen/

Abschließend verweise ich untenstehend auf einen Gastbeitrag in der Braunschweiger Zeitung, in dem ich mich ebenfalls mit dem Thema befasse:

http://www.oezdemir.de/themen/migration_integration/2321303.html

Der Beitrag endet mit diesem Satz: "Mehrsprachigkeit ist ein Schatz, der gehoben werden muss! Und die Schatzkarte? Sie sollte in deutscher Sprache sein."

Mit freundlichen Grüßen
Cem Özdemir

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