Frage an Christel Happach-Kasan bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Christel Happach-Kasan
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Frage von Markus F. •

Frage an Christel Happach-Kasan von Markus F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Happach-Kasan,

ich wende mich an Sie um Ihre Meinung (bzw. die Ihrer Fraktion) bez. der aktuellen Diskussion um eine erneute Verschärfung des Waffenrechtes in Erfahrung zu bringen.
Ich habe als aktiver Jäger und Schütze ein großes persönliches Interesse an dieser Materie, die ja gerade auch in ihrem Wahlkreis eine nicht zu Unterschätzende Rolle spielt.

Durch die von der großen Koalition und ihren sog. "Experten" geplanten Maßnahmen fühle ich mich zum einen für dumm verkauft und zum anderen sehe ich meine Bürger- und Grundrechte massiv gefährdet.
Stichwort unangemeldete Kontrollen:
Ich sehe nicht ein, warum ich als rechtstreuer Bürger in Zukunft weniger Rechte als ein polizeibekannter Krimineller haben und nur wg. meiner waffenrechtlichen Erlaubnisse auf die im Grundgesetz garantierte Unverletzlichkeit meiner Wohnung verzichten soll. Dies gilt übrigens auch für die Personen, die das "Pech" haben, mit mir im gleichen Haushalt zu leben und hiervon ebenso betroffen wären.

Mir scheint, als soll dem Wähler hier eine Pseudosicherheit vorgegaukelt werden, die in der Realität niemals erreicht werden kann.
Bestes Beispiel hierfür ist das geplante Verbot von Paintballspielen. Jeder, der sich jemals ein solches Spiel angesehen hat, wird zugeben müssen, das es sich hierbei eher um eine moderne Variante von Brennball als um ein "menschenverachtendes Kampfspiel" handelt. Ein Verbot dieser international anerkannten Sportart empfände ich als neuen Höhepunkt aller ungeeigneten Maßnahmen, auch wenn ich persönlich diesen Sport nicht betreibe.
Andere Vorschläge klingen wie Erinnerungsstücke aus dem "DDR-Gruselkabinett", z.B. die zentrale Verwahrung von Waffen und/oder Munition. Jeder vernünftig denkende Mensch kann sich vorstellen, das dies gerade für Jäger, die v.a. zu "unchristlichen Zeiten" ihrer Aufgabe nachgehen, nicht umzusetzen ist.

Ich bin nicht bereit, weitere Rechtsverluste in diesem Bereich hinzunehmen und werde meine Wahlentscheidung hiernach richten.

Mfg

Frank

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Frank,

ich danke Ihnen für Ihre Frage zum Thema Waffenrecht.

Das deutsche Waffenrecht wurde bereits nach dem Amoklauf in Erfurt zwei Mal verschärft und es ist schon jetzt eines der strengsten der Welt. Leider hat auch ein solch strenges Waffenrecht den Amoklauf von Winnenden oder den Vierfachmord von Eislingen, bei dem zwei junge Männer die Familie des einen Mannes töteten, nicht verhindern können. Kein Gesetz kann schützen, wenn es nicht beachtet wird.

Die FDP lehnt einen Generalverdacht und eine Vorverurteilung aller legalen Waffenbesitzer entschieden ab. Nach Auskunft der Bundesregierung stammen nur 2 bis 3 Prozent aller bei Delikten mit Schusswaffen eingesetzten Waffen aus legalem Besitz. Deshalb fordert die FDP, den illegalen Waffenbesitz einzudämmen. Wir halten es daher für sinnvoll, die Abgabe illegaler Waffen bis zu einem Stichtag, z. B. dem 31.12.2009, straffrei zu stellen. Die FDP-Bundestagsfraktion hat bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht und hofft im Interesse der Sicherheit auf die Unterstützung durch die anderen Fraktionen.

Die Forderung nach einem zentralen Waffenregister ist Rechtslage der EU. Allerdings sollten wir ehrlich zugeben: das Waffenregister hätte keine der erschreckenden Straftaten in den vergangenen Monaten verhindert.

Es wird verschiedentlich ein Totalverbot des privaten Besitzes von Schusswaffen gefordert. Das hätte erhebliche Auswirkungen auf die Jagd und auf die Schützenvereine. Das Sammeln historischer Waffen wäre nicht mehr möglich. Ich bezweifele, dass dadurch ein Gewinn an Sicherheit erreicht werden würde. Gleichzeitig würden aber seit Jahrhunderten gewachsene Strukturen des Vereinslebens zerstört. Es ist nicht gerechtfertigt, Jäger und Schützen zu kriminalisieren. Im Übrigen zeigt das Beispiel aus Großbritannien, wo 1997 nach einem Amoklauf eines 43jährigen in Dunblane alle Handfeuerwaffen in Privatbesitz verboten wurden, dass damit die Schusswaffenkriminalität nicht nachhaltig eingedämmt werden konnte.

Einige Stimmen fordern, die Aufbewahrung von Schusswaffen in Privathaushalten zu verbieten und sie stattdessen in zentralen Depots zu lagern. Solche zentralen Waffendepots in Randlagen der Ortschaften wären ein verlockendes Ziel für Kriminelle, das selbst mit besserer Sicherheitstechnik nur schwer gegen Einbrüche zu sichern wäre. Das zeigt gerade die Tat von Eislingen, die nach einem Einbruch in das dortige Schützenheim erfolgte.

Der entscheidende waffenrechtliche Ansatz zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit ist aus Sicht der FDP die Beseitigung der Vollzugsdefizite. Wir brauchen regelmäßige Kontrollen der Aufbewahrung von Waffen. Die Ordnungsbehörden sollten die sichere Aufbewahrung der Waffen in Privathaushalten überprüfen so wie Schornsteinfeger Heizungsanlagen überprüfen oder der Wirtschaftskontrolldienst Gewerberäume kontrolliert. Uns ist bewusst, dass dies eine personell und ggf. auch materiell bessere Ausstattung dieser Behörden erfordert. Regelmäßige Kontrollen auf breiter Basis, die bei Verstößen den konsequenten Entzug der Waffenbesitzkarte zur Folge haben, dürften sich recht rasch als wirksames Abschreckungsinstrument gegen den fahrlässigen Umgang mit den Aufbewahrungsvorschriften herausstellen. Das Sanktionssystem hierzu muss ggf. angepasst werden.

Jenseits aller politischer Vorschläge muss jeder von uns aber auch erkennen und eingestehen: Einen Menschen, der zu solch grausamen Taten entschlossen ist, kann kein Gesetz der Welt aufhalten.

In erster Linie benötigen wir deshalb eine Kultur des stärkeren Hinsehens. Gewalt- und Kriminalprävention braucht einen höheren Stellenwert Es muss besser wahrgenommen werden, wenn Kinder, Schüler oder Freunde sich absondern oder Probleme mit sich tragen. Das ist nicht nur eine staatliche Aufgabe sondern stellt auch die Gesellschaft vor besondere Herausforderungen.

Die Pläne der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD zum Verbot von Kampfspielen wie Paintball lehnt die FDP ebenenfalls ab. Verschiedene Sportarten sind Kampfspiele. Völkerball wird schon seit Jahrzehnten von Kindern gespielt. Boxen und Fechten sind olympische Disziplinen. Schneeballschlachten machen Spaß. Es gibt keinerlei Hinweise, dass irgendeine dieser Sportarten ein Einfallstor für kriminelle Handlungen sind.

Die FDP steht für Scheinpolitik nicht zur Verfügung. Wir hoffen, dass die Bundestagswahl am 27. September dazu führt, dass die FDP in einer Regierungskoalition die fehlgeleitete Verbotspolitik der Regierung verhindern und ihre sachorientierten Positionen durchsetzen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Christel Happach-Kasan