Frage an Christian Ahrendt bezüglich Wirtschaft

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Christian Ahrendt
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Frage an Christian Ahrendt von Thomas Z. bezüglich Wirtschaft

Herr Ahrendt,

Sie haben für den so genannten ESM gestimmt.
Können Sie mir erklären, wie sich das m.E. zentralistischste, sozialistischste und antidemokratischste Gesetz seit langem mit dem Namen einer _F_reiheitlich _D_emokratischen _P_artei vereinbaren lässt?

Des Weitern würde mich in dem Zusammenhang interessieren, ob Sie wissen,
- dass der ESM unkündbar, juristisch unanfechtar, von niemandem (auch nicht dem Bundestag/Bundesrat) kontrollierbar und umfänglich imun ist?
- dass der ESM beliebig Gelder nachvordern kann? (somit quasi unbeschränkt ist)
- dass der ESM direkt an Banken zahlen kann? (nicht nur an Staaten!)

In Hoffnung auf eine persönliche und ehrliche Antwort verbleibe ich,
Thomas Zink

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Zink,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ich kann Ihnen versichern, dass meine Kollegen und ich in Kenntnis der Inhalte zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und Fiskalvertrag abgestimmt haben.

Beide Verträge zusammen sollen sowohl kurzfristig, als auch langfristig zu finanzpolitischer Stabilität in der Eurozone führen. Der ESM dient dabei zur kurzfristigen Stabilisierung von in Not geratenen Staaten zur Bewahrung der Stabilität in der Eurozone insgesamt. Der Fiskal-Vertrag soll daneben gewährleisten, dass es in Zukunft nur noch tragfähige Staatshaushalte in der Eurozone und damit letztlich keine Notfälle für den ESM mehr geben wird.

Der ESM als internationale Finanzorganisation mit Sitz in Luxemburg soll gerade anders als die EFSF eine Dauereinrichtung werden, die daher kein Austrittsrecht vorsieht. Der ESM hat verschiedene Instrumente, um finanziell angeschlagenen Euro-Staaten zu helfen. Er kann zinsgünstige Darlehen gewähren oder Kreditlinien einrichten. Auch kann der ESM Anleihen der betroffenen Staaten auf dem Primär- oder Sekundärmarkt kaufen. Der ESM hat insbesondere auch die Möglichkeit Darlehen an Banken zu geben, um diese zu rekapitalisieren. Im Gegenzug müssen Staaten und Banken jedoch bestimmte Auflagen erfüllen. Überwacht wird dies von der EU-Kommission. Die EZB soll beraten. Gegebenenfalls kann auch der IWF herangezogen werden.

Das Inkrafttreten des ESM-Vertrags darf nicht mit der Ingangsetzung eines unkontrollierbaren und unaufhaltsamen Prozesses der Einleitung von Hilfeleistungen gleichgesetzt werden. Die Aussage, dass der ESM beliebig Geld nachfordern könne und damit unbeschränkt sei, ist nicht korrekt. Denn die Bundesrepublik Deutschland hat es in der Hand zu entscheiden, inwieweit Hilfsmaßnahmen ergriffen werden. Über Veränderungen des genehmigten Stammkapitals und eine etwaige Anpassung des maximalen Darlehensvolumens des ESM entscheidet der Gouverneursrat. Dies ist jedoch kein unabhängiges Gremium, welches autonome Entscheidungen über europäische Steuergelder treffen kann. Der Gouverneursrat besteht aus den Finanzministern des Euro-Währungsgebiets, die gewählte Regierungen der Eurostaaten repräsentieren. Alle wesentlichen Entscheidungen, einschließlich der Gewährung von Finanzhilfen oder Änderungen am gezeichneten Kapital, werden grundsätzlich einstimmig durch die Finanzminister des Euro-Währungsgebiets getroffen. Folglich hat Deutschland jederzeit ein Vetorecht. Zudem obliegt dieses Vetorecht faktisch dem gesamten Deutschen Bundestag, indem das Abstimmungsverhalten des deutschen Vertreters im Gouverneursrat einen Parlamentsvorbehalt innehat, entsprechend wie wir es bereits bei der Europäischen Finanzstabilisierungsfazillität (EFSF) auf Druck unser Fraktion getan haben. Auf diese Weise muss sich der deutsche Vertreter im Gouverneursrat des ESM zunächst die Zustimmung des Bundestages einholen, bevor er einer etwaigen Ausweitung zustimmen kann. Sollte der Bundestag diese Zustimmung verweigern, muss der deutsche Vertreter mit Nein stimmen und kann damit eine Ausweitung von Hilfen im Rahmen des ESM effektiv verhindern. Damit werden die Organe des Rechtssubjekts ESM nicht in die rechtliche oder tatsächliche Lage versetzt, Entscheidungen mit hinreichender Haushaltsbedeutung zu treffen, die nicht bereits in dem vom Gesetzgeber gebilligten Vertrag seine Zustimmung erfahren haben oder im weiteren Verlauf der gesetzgeberischen Entscheidung unterliegen. Einen „Haftungsautomatismus“ wird es beim ESM ebenfalls nicht geben. Es ist ausdrücklich ausgeschlossen, dass die Instrumente des ESM nicht überschaubare haushaltsbedeutsame Belastungen ohne vorherige konstitutive Zustimmung des Parlaments mit sich bringen. Die Regelungen des ESM begrenzen den Einsatzzweck, die Operationsbreite und das zur Verfügung stehende Eigenkapital eindeutig.

Ich hoffe Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben.

Für weitere Fragen oder Anregungen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Ahrendt