Frage an Christian Ahrendt bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Christian Ahrendt
FDP
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Frage von Matthias S. •

Frage an Christian Ahrendt von Matthias S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter des Wahlkreises, in dem ich lebe.
Wie stehen Sie zur Vorratsdatenspeicherung, die im Bundestag ihren Parlamentarischen Lauf nimmt. Wie weit soll und darf der Büger, den sie vertreten sollen, belauscht kontrolliert und anhand seines Bewegungsprofils überwacht werden.

Sind Sie auch der Meinung, wie Herr Schäuble, daß in die privaten Computer seitens des Staates eingebrochen werden soll?

mit freundlichen Grüßen
Matthias Schrötter

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schrötter,

besten Dank für Ihre Fragen. Ich möchte sie gern beantworten.

Die Rechtsprechung des BGH sagt unmissverständlich, dass die Vorratsdatenspeicherung unter den gegebenen rechtlichen Voraussetzungen nicht rechtmäßig ist. Die Entscheidung des BGH steht in der großen Tradition der deutschen Rechtsprechung zum Schutz der persönlichen Daten eines jeden.

Außerdem ist aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion der Zeitraum für die in der Richtlinie vorgesehene Vorratsdatenspeicherung zu lang bemessen. Bundesjustizministerin Zypries begibt sich in einen vorprogrammierten Verfassungskonflikt, da nach der BGH-Entscheidung die EU-Richtlinie so nicht umgesetzt werden kann. Die Bundesjustizministerin hat einer EU-Richtlinie zugestimmt, die genau diese vom BGH für unzulässig erklärte Speicherung von Verbindungsdaten vorsieht. Die deutschen Gerichte zeigen im Gegensatz zu dem Gesetzgeber die notwendige Sensibilität für rechtsstaatliche Maßstäbe. Die FDP-Bundestagsfraktion wird peinlich genau darauf achten, dass bei der geplanten Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung die höchstrichterlich bestätigten rechtsstaatlichen Maßstäbe berücksichtigt werden.

Dass der Vertrag von Prüm in Dresden offensichtlich nur noch unter Kostengesichtspunkten diskutiert wird, zeigt, welchen geringen Stellenwert Bürgerrechte und Datenschutz in der Innen- und Rechtspolitik der EU einnehmen. Initiativen wie der Vertrag von Prüm, die Weitergabe von Fluggastdaten oder die Freischaltung von Datenbanken wie SIS II oder VIS erfordern dringend eine vertiefte Auseinandersetzung mit den datenschutzrechtlichen Auswirkungen. Es muss nach Wegen und Möglichkeiten gesucht werden, wie die Bürger- und Freiheitsrechte gewahrt und der Schutz personenbezogener Daten garantiert werden können. Hierbei kommt dem Rahmenbeschluss über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden, besondere Bedeutung zu. Solange es hier zu keiner Einigung kommt, ist das Datenschutzniveau in diesem Bereich vollkommen unzureichend. Die FDP fordert die Bundesregierung auf, in der Frage des Datenschutzes bei der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit eine Vorreiterrolle zu übernehmen und das Thema auf die Tagesordnung der formellen Ratssitzung Ende Februar in Brüssel zu setzen.

Bezüglich Ihrer zweiten Frage möchte ich Ihnen folgendes antworten. Die FDP hat größte Bedenken gegen heimliche Online-Durchsuchungen. Im Oktober 2006 hat Bundesminister Schäuble im Hau-Ruck-Verfahren zusätzliche 132 Mio. Euro unter anderem für die technische Vorbereitung heimlicher Online-Durchsuchungen beschließen lassen. Die FDP-Bundestagsfraktion hat diese Maßnahme wegen der fehlenden Rechtsgrundlage kritisiert. Leider blieb die Bundesregierung stur und gibt nun Mittel für Maßnahmen aus, die wegen fehlender Rechtsgrundlage nicht umgesetzt werden können.

Die FDP-Bundestagsfraktion sieht es gerade zum Schutz der Bürgerrechte als unabdingbar an, dass Durchsuchungen innerhalb der digitalen Privatsphäre nicht ohne gesetzliche Grundlage stattfinden, welche Umfang und Grenzen der Maßnahme klar definieren. Heimliche Online-Durchsuchungen sind Methoden des Überwachungsstaats und gehören nicht in das Repertoire eines Rechtsstaats.

Der Bundesinnenminister sollte als Verfassungsminister die Verfassung bewahren, stattdessen ignoriert er zum wiederholten Male die Bürgerrechte. Ob bei seinen zahlreichen Vorstößen zum Luftsicherheitsgesetz oder den zusätzlichen Überwachungsmaßnahmen wie der heimlichen Online-Durchsuchungen – die Bürgerrechte hat der Bundesinnenminister völlig aus den Augen verloren. Mit diesem fanatischen Übereifer erweist er dem Kampf gegen den Terror einen Bärendienst.

Ich hoffe, Ihnen geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Ahrendt