Frage an Christian Carstensen bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Christian Carstensen
SPD
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Frage von Christian P. •

Frage an Christian Carstensen von Christian P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Carstensen,

mich würde einmal Ihre Haltung, sowie die der SPD zu den aktuellen Vorschlägen von Dr. Schäuble interessieren.

Ich kann aus den aktuellen Meldungen und Interviews leider nur entnehmen das das Grundgesetz in der aktuellen und bewährten Form leider nicht mehr in das Konzept unseres Innenministers passt.
Vor allem die Gedanken zur Abschaffung der Unschuldsvermutung sind in meinen Augen vollkommen indiskutabel und es wundert mich doch sehr das von seiten der SPD dort kein Wiederspruch erfolgt.

Vielen Dank und Gruß,

Christian Pelster

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Pelster,

herzlichen Dank für Ihre Frage vom 09. Juli 2007. Ich kann Ihre Sorge und Ihren Unmut über die Vorschläge Wolfgang Schäubles gut verstehen.

Wie ja auch der intensiven Berichterstattung in den Medien zu entnehmen war, spiegeln die Vorschläge des Bundesinnenministers nicht die Meinung der SPD wieder und sie werden – das kann ich Ihnen versichern – unter unserer Regierungsbeteiligung auch nicht umgesetzt.

Bei der Diskussion entsteht der Eindruck, als gäbe es in unseren Sicherheitsgesetzen gravierende Lücken. Das ist aber nicht der Fall. Im Gegenteil: es zeigt sich lediglich, dass die Union – abgesehen von dem zweifelhaften Wunsch, die Sicherheitsarchitektur Deutschlands grundlegend umzubauen – keine Konzepte hat, die sowohl der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus als auch dem Erhalt unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung gerecht werden. Die Möglichkeit der gezielten Tötung in Deutschland, des breiten Einsatzes der Bundeswehr im Innern, Kommunikationsverbote für Verdächtige wird es mit uns nicht geben.

Es ist mit den freiheitlichen Grundsätzen unserer Rechtsordnung nicht vereinbar, ein Handy- und Internetverbot für so genannte "Gefährder" einzuführen. Auch werden wir Bemühungen, die Bundeswehr im Innern einzusetzen ein klares Nein entgegensetzen. Für die Grundgesetzänderung, die dafür notwendig wäre, stehen wir nicht zur Verfügung. Auch das SPD-Präsidium und der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Peter Struck haben sich klar gegen die Vermischung der Aufgabenbereiche von Bundeswehr und Polizei ausgesprochen. Die SPD lehne eine "Militarisierung der inneren Sicherheitspolitik" entschieden ab, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil am Montag. Die Vorschläge von Innenminister Schäuble seien "nicht für die politische Wirklichkeit bestimmt", seine Überlegungen zur gezielten Tötung von Verdächtigen stünden klar "außerhalb der Rechtsordnung der Bundesrepublik und werden auch niemals Wirklichkeit werden".

Die Eingriffe in die Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger schaden unserer Demokratie, ohne der Abwehr von Terrorakten zu nutzen. Wie die Anti-Terror-Gesetze der 70er Jahre trotz erheblicher Eingriffe in den Kernbereich von Grundrechten weder die Kommunikation der Terroristen, noch die Begehung weiterer Attentate verhindert haben, ist auch jetzt gesetzgeberischer Aktionismus zu befürchten, der weder geeignete, noch verhältnismäßige Mittel bringt, um vorbeugend zu wirken. Gerade 30 Jahre nach dem `Deutschen Herbst` sollten wir sorgsamer mit der Wahl unserer Mittel sein.

Bei jeder einzelnen Maßnahme muss geprüft werden, ob sie sinnvoll und verfassungsgemäß ist. Genauso müssen wir darauf achten, dass die Summe der staatlichen Eingriffe noch zu verantworten ist. Ich hoffe ich konnte Ihnen Ihre Sorgen mit diesen Informationen ein Stück weit nehmen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Christian Carstensen