Frage an Christian Schmidt bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Portrait von Christian Schmidt
Christian Schmidt
CSU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Christian Schmidt zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Guido L. •

Frage an Christian Schmidt von Guido L. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Bundes-Agrarminister Schmidt,

Frontal21 (ZDF) berichtete gestern über die Nebenwirkungen des Pflanzenschutzmittels "Glyphosat" (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Glyphosat ): http://www.zdf.de/frontal-21/themen-der-sendung-vom-19.-mai-2015-38501762.html und http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/blob/38532504/1/data.pdf Dort wurden schlimme Bilder von missgebildeten Ferkeln und Kindern gezeigt. Wissenschaftlich erwiesen ist mittlerweile, dass die Quote von missgebildeten Lebewesen um so höher ist, je näher landwirtschaftliche Betriebe Glyphosat zum Einsatz bringen. Selbst die WHO räumt jetzt ein, dass dieses Unkrautvernichtungsmittel zu einem Anstieg der Wahrscheinlichkeit von Krebs beim Menschen führt (siehe den Textbeitrag des ZDF oben). Siehe hierzu auch die Stellungnahmen des UMWELTINSTITUT München: http://www.umweltinstitut.org/themen/landwirtschaft/pestizide/glyphosat.html und des BUND Naturschutz: http://www.bund.net/aktiv_werden/aktionen/glyphosat_verbieten/

Meine Fragen:
- Wann wird die Produktion, der Vertrieb und der Einsatz von Glyphosat in Deutschland verboten?
- Fürchten Sie bei einem Verbot den Widerstand der Produzenten und Vertreiber von Glyphosat, namentlich die Firmen MONSANTO, BASF und BAYER?
- Gehen Sie mit mir konform, dass es nahezu unmöglich sein wird, dieses heimtückische Umweltgift zu verbieten, sollte das TTIP-Abkommen mit den USA inkraft treten (MONSANTO könnte dann auf entgangenen Gewinn in Deutschland klagen)?
- Was tun Sie persönlich für den Schutz der in Deutschland lebenden Menschen, um sie vor der direkten und indirekten Inkorporation von Glyphosat (in erster Linie über Getreide, Mais und Soja) zu schützen (zur Erinnerung: Sie haben einen Amtseid darauf geleistet, "Schaden vom deutschen Volk abzuwenden")?

In Erwartung Ihrer baldigen, dezidierten und selbstverständlich ehrlichen Antwort verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen aus Eching (Lkr. Freising; Oberbayern)
Guido Langenstück

Portrait von Christian Schmidt
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Langenstück,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Grundsätzlich unterliegen Anwendung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln hohen Anforderungen. Das gilt auch für die erneute Genehmigung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat durch die Europäische Kommission. Die Bundesregierung wird die Zulassung des Wirkstoffes im EU-Abstimmungsprozess nur dann unterstützen, wenn auf Basis validierter, wissenschaftlicher Erkenntnisse sichergestellt werden kann, dass keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier, das Grundwasser und keine unvertretbaren Auswirkungen auf den Naturhaushalt ausgehen. Der Wirkstoff muss sämtlichen Vorgaben des geltenden EU-Rechts entsprechen.

Der Wirkstoff Glyphosat wird derzeit in der Europäischen Union neu bewertet. Deutsch¬land ist an diesem Prozess beteiligt durch die zuständigen Zulassungs- und Bewertungsbehörden (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel¬sicher¬heit (BVL), Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Julius Kühn-Institut (JKI) und Umweltbundesamt (UBA)). Im Rahmen dieser Überprüfung wurden zunächst mehr als 1.000 neue Veröffentlichungen zum Wirkstoff Glyphosat in die Bewertung einbezogen. Hinzu kommen alle Studien und Beiträge von Umweltverbänden, Nichtregierungsorganisationen und Hochschulen, die in den letzten Jahren zu Diskussionen in der Öffentlichkeit und in den Medien geführt hatten. Der Bewertungsbericht kommt insgesamt zum Ergebnis, dass von Glyphosat-haltigen Pflanzenschutzmitteln bei sachgerechter Anwendung keine Gefahren für die Gesundheit für Mensch und Tier ausgehen. Der Wirkstoff als solcher wird nicht als reproduktionstoxisch oder entwicklungstoxisch und somit nicht als DNA-gefährdend eingestuft.

Detaillierte Informationen hierzu stellt das BfR zur Verfügung unter http://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zur_gesundheitlichen_bewertung_von_glyphosat-127823.html sowie unter http://www.bfr.bund.de/cm/343/loest-glyphosat-krebs-aus.pdf .

Auf den Bericht folgten noch einmal EU-weit 2.000 Stellungnahmen oder neue Veröffentlichungen. Diese werden nun sorgfältig geprüft, bevor die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ihre Schlussfolgerungen zieht. Dort werden auch neue Erkenntnisse einfließen, wie z.B. die Einstufung durch die Arbeitsgruppe der Internationalen Krebsforschungsagentur der WHO (IARC). Aufgrund der unterschiedlichen Bewertung durch das IARC und das WHO/FAO Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) hat die WHO ein Gremium zur Überprüfung der Ergebnisse eingesetzt. Erst wenn die Ergebnisse dieser Überprüfung vorliegen, können wir mit den anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission über eine erneute Genehmigung von Glyphosat entscheiden.

Was Ihre Frage hinsichtlich TTIP angeht, so steht derzeit noch nicht fest, ob und welche Regelungen zu Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren in dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) enthalten sein werden. Nach dem Verhandlungsmandat des Rates an die EU-Kommission soll diese über Investitionsschutz verhandeln. Dabei soll aber das Recht der EU und der EU-Mitgliedstaaten gewahrt werden, erforderliche nicht diskriminierende Maßnahmen zur Umsetzung legitimer Gemeinwohlinteressen zu treffen. Insbesondere sollen entsprechende Maßnahmen zur Wahrung der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit getroffen werden können.

Endgültig soll über die Einbeziehung von Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren erst nach Abschluss der Verhandlungen und Prüfung des Verhandlungsergebnisses im Hinblick darauf entschieden werden, ob die Ziele des Mandats, wie die Wahrung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, in zufriedenstellender Weise erreicht wurden.

Regelungen zu Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren in TTIP begründen auch noch keinen Anspruch auf Schadensersatz bei Änderung oder Einführung neuer gesetzlicher Regelungen. Vielmehr müssen die in dem Vertrag verbürgten Investitionsschutzstandards durch die neue gesetzliche Regelung verletzt worden sein. Auch der Text des CETA-Abkommens vom 26. September 2014 bekräftigt das Recht nationaler Parlamente und Behörden, Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und Umwelt zu erlassen. Nicht-diskriminierende Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und Gesundheit begründen danach keine Ansprüche des Investors, es sei denn, sie sind offensichtlich unverhältnismäßig.

Die Bundesregierung setzt sich für eine Reform des Investitionsschutzes in TTIP ein. Auch die EU-Kommission hat mit ihrem Konzeptpapier von Anfang Mai substanzielle Reformansätze dargelegt. Insbesondere soll das Recht des parlamentarischen Gesetzgebers, Maßnahmen zur Umsetzung von Gemeinwohlzielen zu erlassen, bekräftigt werden. Die Streitbeilegung soll transparent durch von den TTIP-Vertragsparteien benannte Richter erfolgen. Ferner soll eine Berufungsinstanz eingeführt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Schmidt MdB