Frage an Christian Schmidt bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

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Christian Schmidt
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Frage von Ulrich O. •

Frage an Christian Schmidt von Ulrich O. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Schmidt,

in Ihrer Position als Agrarminister der BRD treten Sie auch im EU-Ministerrat auf u. sind demnach für die gemeinsame Agrarpolitik der EU mitverantwortlich.
Die SZ berichtet derzeit über die Folgen des Fleischkomsums und versucht bekannte Missstände zu thematisieren.
Bereits im April 2014 stellte die SZ folgendes fest:
"fast 500 private Produzenten profitierten von mehr als 500 000 Euro Förderung. Darunter sind einige große Empfänger: Die Agrargenossenschaft Rhönperle in Thüringen erhielt mehr als drei Millionen Euro. Eine ähnlich hohe Summe kam dem Spreenhagener Vermehrungsbetrieb für Legehennen zugute, einem der großen Eierproduzenten Deutschlands. Die großen Empfänger konzentrieren sich im ländlichen Raum der neuen Bundesländer und Norddeutschlands. (...) Zwei Prozent der Betriebe bekamen 30 Prozent der Gesamtsumme, das sind mehr als 1,7 Milliarden Euro."

Aus diesen Ergebnissen lässt sich folgern, das besonders große Betriebe profitieren und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Massentierhaltung extrem gefördert wird.

- Setzen Sie sich für einen anderen Verteilungsschlüssel im Rat ein?
"Immerhin knapp 40 Prozent des gesamten EU-Haushaltes fließen jedes Jahr in Form von Subventionen in den Agrarsektor, ein Teil davon in die Fleischwirtschaft. Doch der Großteil wird nach dem Gießkannenprinzip verteilt, statt Erzeuger stärker zu belohnen, die sich für eine umweltverträgliche und tierfreundliche Produktionsweise entscheiden." (SZ.de)
- Pochen Sie auf eine Erhöhung der Kontrollen und eine signifikante Stärkung der Kontrollinstanzen (derzeit werden ca. 5-10% der Betriebe kontrolliert)?
- Wie stellen Sie auf EU- und Landesebene sicher, dass bestehende Kontrollgesetze eingehalten und für den Verbraucher transparent veröffentlicht werden?
- Ganz konkret: Wie kann ich als Verbraucher sicher gehen, dass die von mir gekaufte Salami im Supermarkt nicht aus bis zu 50 verschiedenen Tieren besteht?

Mit freundlichen Grüßen,

U. Oberender

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Oberender,

Danke für Ihr Interesse an den vielschichtigen Fragen der Agrarförderung. Dazu möchte ich Ihnen zunächst ein paar grundsätzliche Informationen geben:

Landwirte tragen eine hohe Verantwortung für den Erhalt der Kulturlandschaften, die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, sie prägen das soziale Gefüge in den Dörfern und schaffen Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten im ländlichen Raum. Mit der staatlichen Agrarförderung sollen diese vielfältigen gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft honoriert und gesichert werden.

Darüber hinaus ist die staatliche Agrarförderung ein Ausgleich dafür, dass Landwirte in Europa gerade in den Bereichen Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz deutlich höhere Standards einhalten müssen als viele ihrer Kollegen in anderen Teilen der Welt. Diese höheren Standards verteuern in vielen Fällen die Produktion und können in einem globalisierten Markt als Wettbewerbsnachteil wirken. Die Förderung soll diesen Nachteil ausgleichen und sorgt für eine hohe Produktsicherheit und Qualität.

Nicht zuletzt dient die Agrarförderung der Einkommenssicherung und Einkommensstabilisierung der Landwirte. Denn sie federt die Auswirkungen der zum Teil extremen Preisschwankungen bei Agrarprodukten ab.

Mit den über die Gemeinsame Agrarpolitik bereitgestellten EU-Mitteln werden also sowohl die Landwirte als auch die ländlichen Regionen gefördert. Dies geschieht gezielt und mitnichten nach dem von Ihnen erwähnten “Gießkannenprinzip“. So verteilt sich die EU-Förderung auf zwei Säulen: Die erste Säule bilden die so genannten Direktzahlungen an die Landwirte, die flächenbezogen gewährt werden. Die zweite Säule umfasst gezielte Förderprogramme für die nachhaltige und umweltschonende Bewirtschaftung und die ländliche Entwicklung.

Die Direktzahlungen bestehen aus mehreren Komponenten. Zunächst wird eine sogenannte Basisprämie gewährt. Die Basisprämie ist eine einheitliche Zahlung für jeden Hektar beihilfefähige Fläche. Ein 100 Hektar umfassender Ackerbaubetrieb erhält daher dieselben Direktzahlungen wie ein Tierhaltungsbetrieb, der genauso viel Fläche bewirtschaftet.

Umgekehrt heißt das: Ein Tierhalter, der nur Tiere hält, aber keine Flächen bewirtschaftet, erhält keine Direktzahlungen. Insofern besteht keinerlei Zusammenhang zwischen der Gewährung von Direktzahlungen und dem Umfang der Tierhaltung in den landwirtschaftlichen Betrieben. Es kann folglich keine Rede davon sein, dass Massentierhalter extrem gefördert werden.

Als weitere Komponente der Direktzahlungen wird in Deutschland eine sogenannte Zusatzprämie für die ersten 46 Hektare eines Betriebes gewährt. Davon profitieren kleine und mittlere Betriebe. Finanziert wird diese Maßnahme letztlich durch die größeren Betriebe, denn die Gesamtmasse der Basisprämie sinkt.

Neu ist seit der Reform der europäischen Agrarpolitik auch, dass 30 Prozent der Direktzahlungen ab 2015 für obligatorische Umweltleistungen der Landwirte gewährt werden. Dazu gehören der Erhalt von Dauergrünland, die Bereitstellung ökologischer Vorrangflächen sowie Höchstanteile bei den Anbaukulturen.

Die Umsetzung dieser Regelungen in Deutschland erfolgte im Rahmen eines vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetzes, dessen Eckpunkte auf einem einvernehmlichen Beschluss der Agrarministerinnen und –minister der Länder basieren. Die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik, die 2015 voll zum Tragen kommt, basiert damit auf einem breiten politischen Konsens und demokratisch legitimierten Beschlüssen.

Zu den bestehenden Kontrollen und Kontrollgesetzen folgende Informationen: Die Förderanträge der Landwirte werden anspruchsvollen Kontrollen unterzogen. Alle Antragsteller auf Direktzahlungen und Zahlungen im Rahmen der zweiten Säule unterliegen einer Verwaltungskontrolle. Darüber hinaus werden mindestens 5 Prozent der Antragsteller auf der Grundlage einer Risikoanalyse einer Vor-Ort-Kontrolle unterzogen, bei der vor Ort kontrolliert wird, ob die Angaben im Antrag mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmen.

Werden Verstöße festgestellt führt dies bei den Antragstellern zu Sanktionen und Kürzungen der Zahlungen aus den EU-Agrarfonds.

Der Umfang der oben genannten Kontrollen ist im EU-Recht verbindlich festgelegt. Eine Erhöhung der Kontrollen (100 % i. R. der Verwaltungskontrolle und 5 % im Rahmen der Vor-Ort-Kontrollen) wird für nicht erforderlich gehalten, zumal die Anforderungen an die Kontrollen insbesondere im Rahmen der ab 2015 erstmalig zur Anwendung kommenden GAP-Reform ständig steigen.

Sowohl der Europäische Rechnungshof als auch die Europäische Kommission überprüfen im Rahmen regelmäßiger Kontrollen die Umsetzung der EU-Agrarförderung in den Mitgliedstaaten. Werden Unregelmäßigkeiten bei der nationalen Umsetzung und deren Kontrolle durch die Mitgliedstaaten von den EU-Prüfern festgestellt, kann dies zu so genannten Anlastungen führen, d.h. zu Kürzungen der EU-Zahlungen aus Brüssel. Diese Anlastungen können Beträge in Milliardenhöhe ausmachen, das heißt die für die Mitgliedstaaten bei einer nicht EU-konformen Umsetzung des EU-Rechts bestehenden finanziellen Risiken sind erheblich. Die Tatsache, dass die Anlastungen für Deutschland in der Vergangenheit relativ gering waren, zeigt dass Umsetzung und Kontrolle der EU-Vorschriften in Deutschland gut funktionieren.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Schmidt MdB