Frage an Christian Schmidt von Sabrina M. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Glauben Sie das deutsche Tierschutzgesetz ist ausreichend, ausgehend von der überaus kontrovers diskutierten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster zum Töten von Küken aus rein wirtschaftlichen Interessen?
Finden Sie, dass die Gründe, aus denen so etwas legal ist, ausreichend definiert sind und sind Sie der Meinung, wirtschaftliche Interessen sind ein ausreichender Grund für das systematische Schreddern von Küken?
Sehr geehrte Frau Müller,
für Ihre Frage aus dem Bereich des Tierschutzes danke ich Ihnen.
Was das Töten von Küken angeht, so habe ich auf dieser Plattform dazu bereits ausführlich Stellung genommen. So ist die Nutztierhaltung mit ihren Folgen für Tier und Umwelt ein politischer Schwerpunkt meines Ministeriums. Im September 2014 habe ich die Tierwohl-Initiative "Eine Frage der Haltung" gestartet. Dabei haben wir alle Beteiligten, darunter Erzeuger, Industrie, Länder, Forschung, Handel und Verbraucher zu einem Pakt der Verantwortung an einen Tisch geholt.
Die Tierwohl-Initiative wendet sich auch gegen das sinnlose Töten von Küken. Es ist sowohl aus Tierschutz- als auch aus ethischer Sicht unerträglich, dass jedes Jahr rund 45 Millionen männliche Küken getötet werden, nur weil sie das falsche Geschlecht haben. Um diese Praxis schnellstmöglich zu beenden, setze ich auf die Forschung. Dabei ist die Entwicklung praktikabler Alternativen bereits weit fortgeschritten. Ein mit Mitteln des BMEL an der Universität Leipzig entwickeltes Verfahren wird bald abgeschlossen sein.
Was das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes in Münster angeht, so bitte ich um Verständnis dafür, dass ich mich mit Blick auf die Unabhängigkeit der Justiz nicht an Diskussionen über Gerichtsurteile beteilige. Eines ist jedoch klar: Den Brütereien steht derzeit keine praxisreife Alternative zur Verfügung. Ein Verbot ohne Alternative wäre gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung verfassungsrechtlich problematisch. Außerdem bestünde das Risiko, dass sich die Kükenproduktion und die damit verbundene Tierschutzproblematik lediglich ins Ausland verlagern würde.
Wenn jedoch eine praxistaugliche Alternative vorhanden ist, gibt es keine gesetzliche Rechtfertigung mehr zum Töten männlicher Küken. Deshalb gehe ich den oben beschriebenen Weg der Forschung.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schmidt MdB