Frage an Christian Schmidt bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Christian Schmidt
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Frage von Dr. Andreas van A. •

Frage an Christian Schmidt von Dr. Andreas van A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schmidt,

mit großem Interesse habe ich Ihr Interview im Spiegel gelesen (
http://www.spiegel.de/schulspiegel/abi/0,1518,614620,00.html ). Mich würde interessieren, warum Sie nicht den geringen Bedarf der Bundeswehr an Wehrpflichtigen thematisiert haben? Mit diesen Bedarfzahlen ist es doch völlig unmöglich Wehrgerechtigkeit im Sinne des Wortes zu erhalten. Oder
würden die Einberufungszahlen anders aussehen, wenn theoretisch alle jungen Männer gleich gesund und fitt wärebn? Im weiteren würde ich gerne wissen, ob Sie denn Verständnis dafür haben, dass Wehrpflichtige und Zivildienstleistende ein großes Problem damit haben, wenn sie selber dienen müssen, ein großer Teil ihrer Freunde, Klassenkameraden und Nachbarn aber nicht? Denn wie Sie sicher wissen, interessiert den Wähler
keine juristische Haarspalterei, sondern die Beachtung dessen was allgemein als gerecht empfunden wird. Könnten Sie mir daher bitte erklären, was an dem gegenwertigen System gerecht sein soll.

Bedeuted die jetzige Praxis nicht auch, dass gesunde und fitte junge Männer gegenüber etwas weniger gesunde und etwas weniger fitte junge Männer massiv diskriminiert werden?

Wie Sie weiter wissen, wird die Verfassungsmäßigkeit der jetzigen Wehrpraxis bezweifelt. Ich möchte entsprechend auf das Interview mit Herrn Prof. Jörn Ipsen, Verfassungsrechtler und Präsident des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs hinweisen ( http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/940582/ ). In diesem Interview wird Ihre Rechtsposition sehr überzeugend widerlegt. Meinen Sie nicht, dass die Wehrpflicht und die Berechtigung ihrer Durchsetzung rechtlich überzeugend und eindeutig seien sollte? Wie können Sie also das Risiko eingehen, in dieser Frage eventuell vom höchsten Gericht korrigiert zu werden? Es wäre ja schließlich nicht das erste Mal, dass die Regierung in Karlsruhe scheitert.

Mit freundlichen Grüßen

A. van Almsick

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Sehr geehrter Herr Dr. van Almsick,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 27. März 2009 . Zu dem Thema Wehrgerechtigkeit hat Ihnen Verteidigungsminister Dr. Jung bereits am 6. Juni und 5. August 2008 über das Portal „abgeordnetenwatch“ umfassend geantwortet. Vor diesem Hintergrund möchte ich ergänzend noch auf Folgendes hinweisen:

Es ist richtig, dass der Bedarf der Bundeswehr an Wehrpflichtigen heute geringer ist. Gesunken sind aber auch die Stärken der Geburtsjahrgänge. So lässt sich für die Geburtsjahrgänge 1990 bis 2005 ein Rückgang um 100.000 von 450.000 auf 350.000 konstatieren.

Bezugsgröße für das Vorliegen von Wehrgerechtigkeit ist nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar 2005 nicht die Stärke einzelner Geburtsjahrgänge, sondern ausschließlich das für die Bundeswehr verfügbare Aufkommen. Dieses reduziert sich aufgrund des demographischen Wandels.

Vor diesem Hintergrund war und ist festzustellen, dass heute wie auch in Zukunft der weitaus überwiegende Teil aller verfügbaren jungen Männer zum Wehrdienst herangezogen wird. Ein Verstoß gegen das Gebot der Wehrgerechtigkeit ist bei der derzeitigen Einberufungspraxis der Wehrersatzbehörden nicht gegeben.

Der grundgesetzlich verbürgte Gleichheitsgrundsatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln und Ungleichbehandlungen an objektive Maßstäbe zu knüpfen. Medizinisch festgestellte körperliche Tauglichkeit ist ein solcher Maßstab. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes ist daher nicht gegeben. Von einer Diskriminierung der gesunden und fitten jungen Männer kann deshalb nicht gesprochen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Schmidt
Parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesminister der Verteidigung