Frage an Claudia Roth von Michael M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Roth,
ich finde es erst mal sehr beruhigend, dass Sie keine Nebeneinkünfte haben.
Mit immer größerer Verwunderung wird mir klar, dass viele Ihrer Kollegen im Bundestag mehrere Arbeitgeber haben. Wenn ich als Angestellter von einem anderen Unternehmen Geld bekommen würde, ist das ein Grund für eine fristlose Kündigung. Da spielt es keine Rolle, welchen Vortrag ich gehalten oder welche Beratung ich dafür geleistet habe.
Als Bürger wünsche ich mir unabhängige Abgeordnete, die für die Belange ihrer Wähler eintreten.
Ich weiß, das ist eine naive Vorstellung. Ich träume von einem Bundestag, in dem vom Bürger sehr gut bezahlte Frauen und Männer sitzen, die gerne drei oder vier mal so hohe Bezüge haben dürfen wie jetzt. ABER Nebeneinkünfte sind dann verboten. Dann wird es Gesetze geben, die ohne Mithilfe der Arznei- oder Zigrettenlobby entstehen und die nächste Gesundheitsreform kann Erfolg haben.
Können die Grünen nicht eine Kampgne für einen sauberen Bundestag starten?
Jeder Abgeordnete soll genau deklarieren, wieviel Geld er von wem bekommt und sich nicht mehr hinter diesem verschleiernden Stufenmodell verstecken können.
Warum geht die Grüne Fraktion nicht als Beispiel voran und bestätigt den Bürgern, keine Nebeneinküfte zu haben?
mit freundlichen grünen Grüßen
Michael Motzke
Sehr geehrter Herr Motzke,
die Grünen setzen sich seit vielen Jahren für Transparenz bei den Nebeneinkünften von Abgeordneten ein. Und hierfür haben wir auch schon zahlreiche politische Vorstöße unternommen. Das gegenwärtig gültige Stufenmodell, das Sie anführen, ist in Sachen Transparenz sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Leider haben wir uns mit weitergehenden Vorschlägen bisher nicht durchsetzen können.
Einzelne Abgeordnete mögen auf Ihrer Homepage für mehr Transparenz in eigener Sache sorgen. Ziel bleibt jedoch eine allgemeinverbindliche Regelung, die dann auch auf der Bundestagshomepage einsehbar wäre. Eine solche allgemeinverbindliche Regelung kann durch Initiativen von einzelnen Abgeordneten und Fraktionen nicht ersetzt werden. Gegen eine weitergehende Regelung stehen etliche Abgeordnete, die versuchen, die Bemühungen für mehr Transparenz unter dem Verweis auf Berufsgeheimnisse, Datenschutz von ihren Kunden usw. gerichtlich zu verhindern.
Was die prinzipielle Frage der Nebeneinkünfte angeht, so sehen wir kein grundsätzliches Problem, wenn Abgeordnete des Bundestages solche Einkünfte haben. Denn die Abgeordneten haben ein Vor- und Nachleben, jenseits der Zeit im Parlament. Zu erwarten, dass alle beruflichen und wirtschaftlichen Bindungen von Menschen nur wegen ihrer Zugehörigkeit zum Bundestag gekappt werden müssen, würde viele Lebensrealitäten ignorieren. Umso wichtiger ist es, eine Regelung zu finden, mit der alle Nebeneinkünfte offengelegt werden. Dafür engagieren wir uns.
Mit freundlichen Grüßen
Das Mitarbeiter-Team im Bundestagsbüro