Frage an Claudia Roth von Ewgeni D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Roth,
wie stehen Sie zur AGENDA2010 und zur Bertelsmann Stiftung ?
Wie Sie wohl bestimmt wissen ist die Bertelsmann-Stiftung eine deutsche Denkfabrik und besitzt 77,6 Prozent des Aktienkapitals der Bertelsmann AG. Die Bertelsmann AG dagegen besitzt die RTL Group und Gruner + Jahr. Zu Gruner + Jahr gehören 25,5 % vom Spiegel Verlag.
Zusätzlich hat die Bertelsmann AG noch andere Tochterunternehmen und die Tochterunternehmen haben wiederum Anteile an unzähligen Medien und Verlage.
Die Bertelsmann-Stiftung ist somit die mächtigste Denkfabrik in Deutschland und hat engste Verbindungen zur Wirtschaft. Nach verschiedenen Artikeln geht man davon aus, dass die Bertelsmann-Stiftung dem ehemaligen SPD-Bundeskanzler Schröder dazu geraten hat soziale Kürzungen in Deutschland vorzunehmen und den Arbeitsmarkt zu liberalisieren.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bertelsmann-Stiftung#Wirtschaftspolitischer_Forderungskatalog
Können Sie mir sagen wie es möglich ist, dass eine Denkfabrik, die sich für ´´so wenig Staat wie möglich´´ einsetzt so viel Macht in Deutschland hat und unzählige Medien besitzt ?
Wissen Sie persönlich wie eng die Beziehungen gegenwärtig zwischen der SPD (ganz besonders im Seeheimer Kreis), den Grünen und der Bertelsmann-Stiftung sind ?
Ich erinnere mich an eine Aussage bei einer Maybrit Illner Sendung von ihrem Kollegen Cem Özdemir. Dort hat er die AGENDA2010 verteidigt, aber natürlich nicht beim Namen genannt und bei der Kritik einer Piratenpartei-Politikerin behauptet, dass die damalige Rot-Grüne Regierung nicht alles richtig gemacht hat.
Wie kann es sein, dass ausgerechnet Die Grünen der neoliberalen Ideologie der Bertelsmann Stiftung und der SPD gefolgt sind und teilweise immer noch folgen + die AGENDA2010 verteidigen ? Das widerspricht doch dem Parteiprogramm der Grünen, oder finde Sie nicht ?
Mit freundlichen Grüßen
Ewgeni Dimke
Sehr geehrter Herr Dimke,
dass nicht alle Maßnahmen im Konzept der Agenda 2010 dem Grünen Programm entsprachen und immer noch nicht entsprechen, ist eine richtige Feststellung, aus der wir in den vergangenen Jahren richtige Konsequenzen gezogen haben. Bei den damaligen Reformen saßen nicht die Grünen als Koalitionspartner am längeren Hebel, sondern die CDU und FDP mit ihren Mehrheiten im Bundesrat. Sie haben gemeinsam mit einigen neoliberalen Politikern aus der SPD für die Einführung von sozial unausgewogenen und unverhältnismäßigen Härten beim Vorhaben gesorgt. Die Bertelsmann-Stiftung ist eine private Stiftung, die wie alle ähnlichen Einrichtungen ihre Arbeit in Eigenregie konzipieren. Die Art und Weise, wie solche Stiftungen agieren, ist in einer rechtsstaatlichen Demokratie völlig legitim. Sollte in einigen Bereichen das Kartellrecht verletzt werden, wäre das ein Grund für die Justiz, einzuschreiten. Es ist das Recht der Bertelsmann-Stiftung, bestimmte Interessen in der politischen Auseinandersetzung zu vertreten, sich bei Auseinandersetzungen, Deutung von politischen Sachverhalten und Diskussionen mit politische Entscheidungsträgern zu beteiligen. Der Versuch alleine ist im Meinungsbildungsprozess im Rahmen der gegenwärtigen Strukturen unserer Gesellschaft nicht ungewöhnlich oder verwerflich.
Mit freundlichen Grüßen
Das Mitarbeiter-Team im Bundestagsbüro