Frage an Claudia Roth bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Claudia Roth
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Frage von Günter G. •

Frage an Claudia Roth von Günter G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Roth,

die Untaten der rechten NSU-Gruppe werden von allen Menschen, die ein normales Rechtsverständnis haben und alle Menschen in ihrer Daseinsberechtigung achten, entschieden verurteilt. Bemerkenswert ist, daß sich alle möglichen Organisationen und Parteien, allen voran Ihre Partei und Sie persönlich, sich in der Verurteilung überschlagen und sich selbst der türkische Staat anmaßt, der deutschen Justiz Vorschriften erteilen zu wollen. Nun ist auf dem Alexanderplatz in Berlin ein Jugendlicher von türkischen Jugendlichen zu Tode geprügelt worden. Bisher vermisse ich zu dieser Untat die gleichen Proteste und Verurteilungen von all denen die sich im NSU-Fall so vehement geäußert hatten. Wie bewerten Sie diesen Vorgang.

Mit freundlichen Grüßen
Günter Gaebel

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Sehr geehrter Herr Gaebel,

für mindestens Zehn Morde, diverse Terroranschläge und Raubüberfälle durch die terroristische Gruppe des NSU haben Sie die Bezeichnung „Untaten der rechten NSU-Gruppe“ verwendet. Sicherlich ließe sich jede schlechte Tat mit „Untat“ bezeichnen. In diesem Zusammenhang aber ist es eine klare Verharmlosung der NSU-Verbrechen. Ähnliche Formulierungen und Kommentierungen wie in Ihrer Frage lassen sich zuhauf in Foren und Plattformen feststellen, die zum politisch-ideologischen Umfeld und Unterstützerkreis des NSU und seiner „Untaten“ zuzurechnen sind. Der Vergleich mit einem singulären Mordfall hat das Ziel, die politisch-ideologisch motivierten und von langer Hand geplanten Verbrechen des NSU zu relativieren und als etwas Singuläres darzustellen. Die im NSU organisierten Terroristen und Mörder waren Personen, die sich nach jahrelangen Aktivitäten im Neonazi-Milieu dazu entschlossen hatten. Die ethnische Herkunft dieser Personen spielt bei der Bewertung der von ihnen begangenen Verbrechen keine Rolle.

Ähnlich verhält sich das mit der immer wieder ins Feld geführten ethnischen Herkunft der Jungendlichen, die den jungen Mann auf dem Alexanderplatz in Berlin zu Tode geprügelt haben. Die Täter müssen aufgrund ihrer verbrecherischen Handlungen mit der Härte des Gesetzes verfolgt und bestraft werden. Der Rechtsstaat macht hier keine Ausnahmen und keine Abstriche wegen der angeblichen Herkunft. Bei aller landläufigen Zu- und Beschreibungen der Täter vom Alexanderplatz ist wichtig darauf hinzuweisen, dass diese Jungendlichen in jeder Hinsicht deutsche Jugendliche sind. Sie sind in Deutschland geboren und hier groß geworden, wenn auch manche von ihnen keine deutsche Staatsangehörige sind. Der Versuch, diese Jugendlichen als „Ausländer“ einzustufen, rührt von der mancherorts noch existenten Lebenslüge her, Deutschland sei kein Einwanderungsland.

Mit freundlichen Grüßen

Das Mitarbeiter-Team im Bundestagsbüro

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