Frage an Claudia Roth bezüglich Finanzen

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Claudia Roth
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Tobias S. •

Frage an Claudia Roth von Tobias S. bezüglich Finanzen

Liebe Frau Roth,

Ihre Partei wünscht ja die Abschaffung der Familienv-Mitversicherung aller. Also auch alle jetzigen Hausfrauen und Hausmänner die überhaupt keinen Nebenjob haben, werden in die offizelle Arbeitslosigkeit (Hartz4) oder in den Billiglohnsektor getrieben. Und das in ganz Deutschland.

Zwar wird immer auf "die Reichen" verwiesen, in der Tat dürfte das aber hunderttausende Eheleute betreffen, die zB. in Strukturschwachen Regionen dankbar darüber sind, dass wenigstens ein Ehepartner über ein Einkommen verfügt.

Meine Frage: wie wollen Sie, die Grünen, es verhindern, dass dieses Geschenk an die Versicherungslobby nicht zum weiteren Armutsrisiko für hunderttausender Ehen wird?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Schäfer,

bei Ihrer Frage gehen einige Sachverhalte durcheinander. Wir möchten sie mit der Erläuterung unserer Positionen beantworten:

Das Thema der beitragsfreien Mitversicherung von Ehegatten in der gesetzlichen Krankenversicherung sollte in einem anderen Rahmen als in diesem vereinfachten Bild von Hausfrauen und Hausmännern debattiert werden. Wir Grünen wollen die Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln. In ihr sollen sich alle - auch Gutverdiende, Selbstständige, Beamte und Berufspolitiker - am Solidarausgleich beteiligen. Beiträge sollen nicht nur auf Löhne und Renten, sondern auch auf hohe Vermögenseinkommen erhoben werden. Im Rahmen einer solchen Reform streben wir auch Änderungen bei der Familienmitversicherung an. Beitragsfrei mitversichert sind heute neben minderjährigen bzw. in Ausbildung befindlichen Kindern auch Ehegatten, deren regelmäßiges Einkommen den Betrag von 450 € im Monat nicht übersteigt. Diese Regelung führt im Zusammenwirken mit der Beitragsbemessungsgrenze zu absurden Verteilungswirkungen.

Unsere Modellberechnungen zeigen: Durchschnittlich verdienende Doppelverdiener-Paare haben bei gleichem und häufig sogar bei niedrigerem Haushaltseinkommen eine höhere Beitragsbelastung als einkommensstarke Alleinverdiener-Haushalte zu tragen. Das ist sozial ungerecht. Denn damit müssen Kranken- bzw. Pflegeversicherte, die allenfalls über ein Durchschnittseinkommen verfügen, faktisch den Kranken- und Pflegeversicherungsschutz nicht oder nur geringfügig erwerbstätiger Ehegatten und LebenspartnerInnn in weitaus besser verdienenden Haushalten mitfinanzieren.

Das ist auch aus arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Gründen falsch. Denn damit werden für Frauen massive Anreize gesetzt, sich vom Arbeitsmarkt fernzuhalten bzw. auf eine sozialversicherungspflichtige Erwerbsarbeit zu verzichten. Hier liegt angesichts einer 50-prozentigen Scheidungsrate eine der wichtigsten Ursachen für Frauenarmut im Alter. In der Grünen Bürgerversicherung wird bei Paaren ein Beitragssplitting durchgeführt. Dabei wird das Haushaltseinkommen rechnerisch halbiert und auf beide Hälften bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherungsbeitrag erhoben. Für Paare, deren gemeinsames Haushaltseinkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, ändert sich dadurch nichts. Tatsächlich werden sie durch die Senkung des Beitragssatzes von rund 1,6 Prozentpunkten, den die Grüne Bürgerversicherung ermöglicht, sogar entlastet.

Ausgenommen vom Beitragssplitting werden Paare, wenn ein Ehegatte oder Lebenspartner viel Zeit für die Erziehung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen aufwendet und deshalb nicht erwerbstätig ist. Bei der Kindererziehung gilt die Befreiung vom Splitting bis das Kind das Alter erreicht hat, in dem der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz eintritt. Bei der Angehörigenpflege gilt die Befreiung bei einem wöchentlichen Pflegeaufwand von wenigstens 14 Stunden. Ab dieser Grenze werden Pflegepersonen auch rentenversichert.
Damit sich die betroffenen Personen auf die neue Situation einstellen können, wird es für eine Übergangszeit einen Vertrauens- und Bestandsschutz geben.
Wir sehen bei diesen Umstrukturierungsmaßnahmen keine Geschenke für die Versicherungswirtschaft.

Mit freundlichen Grüßen

Das Mitarbeiter-Team von Claudia Roth

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