Frage an Claudia Roth von Michael B. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Roth,
die Leipziger Staatsanwaltschaft hat erste Erkenntnisse zu den Vorfällen von Mügeln bekanntgeben.
Die Staatsanwaltschaft behauptet, es habe keinerlei Hetzjagd und keinen rechtsradikalen Hintergrund gegeben. Einzelne (!) hätten vor der Pizzeria fremdenfeindliche Parolen gerufen.
Man kann also nicht mehr von einem "rechtsradikalen Mob" sprechen. Und auch nicht mehr von einer Hetzjagd. Auch spricht die Polizei nicht von einem 50 Mann starken "Mob", sondern von etwa einem Dutzend Menschen, die gegen die Inder und die Polizei aktiv geworden sind.
Muss sich die Republik für die Vorverurteilung der Mügelner entschuldigen?
Sehr geehrter Herr Becker,
die Staatsanwaltschaft spricht schon von einem klaren Fall der Fremdenfeindlichkeit, meint aber zugleich, dass der Fall keine durchorganisierte Aktion der Rechtsextremisten wäre. Der Versuch der Behörden, das eigene Versagen im Nachhinein zu rechtfertigen, ist hier durchsichtig. Denn fremdenfeindlich motivierte Überfälle mit schweren Körperverletzungen sind keine Kavaliersdelikte.
Der fremdenfeindliche Überfall auf acht Inder in Mügeln ist der eigentliche Skandal. Die Fragen, wie viele Personen wie lange und auf welcher Strecke mit gehetzt haben, sind Details. Das von Ihnen favorisierte Dutzend ist nicht „gegen die Inder und die Polizei aktiv geworden“, sondern hat eine Straftat begangen, die konsequent geahndet und bestraft werden muss. Bei solchen Überfällen laufen die Neonazis doch nicht mit Hakenkreuzen, Nazi-Fahnen und Parteibüchern in der Tasche durch die Straßen. Auch die Zugehörigkeit zu den Neonazi-Organisationen wird nicht sichtbar auf der Stirn getragen. Die skandierten Sprüche sind eindeutige Indizien der organisierten Neonazi-Szene.
Es gab keine Vorverurteilung der Mügelner, sondern eine klare Verurteilung der Hetzjagd verbunden mit der Kritik am Versagen der Strafverfolgungsbehörden und an mangelnder Zivilcourage. Davon ist nichts zurückzunehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Roth