Frage an Claudia Roth bezüglich Kultur

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Claudia Roth
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Frage von Markus S. •

Frage an Claudia Roth von Markus S. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Roth,

meine Frage vom 10.10. haben Sie offensichtlich nicht richtig gelesen. Ich habe keineswegs Herrn Mixa mit der Kirche gleichgesetzt. Mein Verdacht war, dass es Ihnen in erster Linie darum ging, den Einfluss einiger kirchliche Würdenträger abzuschwächen.

Ihre Antwort ist im Gegenteil ein weiterer Beleg für meine Vermutung. Ihre Kritik an Bischof Mixa ist aus meiner Sicht eben nicht inhaltlich begründet. Bischof Mixa kritisiert doch nicht den Ausbau der Krippenplätze an sich, sondern warnt lediglich davor, diesen nicht zu einem bestimmten Zweck zu missbrauchen. Ist Ihnen das entgangen?

Darüber hinaus richtet sich die Kritik von Bischof Mixa in erster Linie an die Politik, nicht an die Erzieherinen. Es besteht für diese gar kein Anlass, beleidigt zu sein. Außerdem: Finden Sie nicht, dass Sie es den Erzieherinnen überlassen sollten, sich beleidigt zu fühlen?

Drittens glaube ich nicht, dass das Wort Umerziehungsprogramm ohne weiteres die von Ihnen beschriebenen Assoziationen auslöst. Das ist doch ziemlich weit hergeholt und ist viel Wirbel um nichts.

Viertens gehen Sie mit keinem Wort auf das Erdogan-Zitat inhaltlich ein. Ihre Kritikfreudigkeit ist ja bekannt. Finden Sie solche religiös-fundamentalistischen, extremistischen Äußerungen nicht kritikwürdig? Da sie offensichtlich die Messlatte bezüglich extremestischer Äußerungen so hoch anlegen, erwarte Ich von Ihnen, dass Sie Herrn Erdogans Äußerungen ebenso öffentlich kritisieren. Meines Wissens ist eine solche Kritik Ihrerseits nicht erfolgt. Ich lasse mich aber gerne eine besseren belehren.

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Sehr geehrter Herr Schindler,

sicherlich haben Sie mitbekommen, dass in diesen Tagen viel über die Kritik von Frau Roth an Bischof Mixa berichtet und geredet wird. Bei allen Unterschieden in der Bewertung der Wortwahl wurden die großen inhaltlichen Differenzen in der politischen Schwerpunktsetzung zwischen Frau Roth und Bischof Mixa nicht in Frage gestellt.

Der Bischof ist nicht nur in der Frage der Familienpolitik als ein fundamentalistischer Bischof aufgefallen, sondern auch als Spalter in der Ökumene und in der Gesellschaft. Er suspendiert Pfarrer wegen ökumenischen Engagements, will „Kreationismus“ im Schulunterricht – und bezeichnet diejenigen, die das aus wissenschaftlicher Verantwortung nicht wollen, als totalitär. Er rückt demokratisch gut legitimiertes rot-grünes Regierungshandeln – und inzwischen auch das einer christdemokratischen Ministerin – in die Nähe von Unrechtsregimen. Diese ständigen und bewussten sprachlichen Entgleisungen sind nicht hinnehmbar und offen zu kritisieren. Ein Bischof, der die politische Kultur eines demokratisch verfassten Landes mit Begrifflichkeiten von Unrechtssystemen vergiftet und sich politisch klar positioniert, muss auch mit massiver Kritik rechnen.

Die gleichen sprachlichen Niederungen werden betreten, wenn zum Beispiel die Politik für den Ausbau von Krippenplätzen als Degradierung von Frauen zu Gebärmaschinen diskreditiert werden soll. Mixas Totschlagsvokabel strahlt weithin aus in den Bereich der Kinderbetreuung. Er befürchtet, dass bessere Infrastrukturen der Kinderbetreuung Frauen dazu „verleiten“, diese dann auch zu nutzen, wodurch sie zu Gebärmaschinen reduziert würden bzw. sich zu Gebärmaschinen reduzieren ließen. In dieser Sprachlogik würden sich Erzieherinnen und Helferinnen bei der Reduzierung von Frauen zu Geburtsmaschinen mitschuldig machen. Wie weitreichend Mixas Aussage zu verstehen ist, wird auf immer Geheimnis des Bischofs bleiben – oder desjenigen, der ihm hier Zunge und Feder geführt hat. Die Wirkung seiner Worte war auf jeden Fall desaströs, sie sind bei Kirchen, Politik und Verbänden zu Recht auf scharfe Kritik gestoßen. Interessant zu wissen ist, dass die vorgebliche Wertschätzung für die erziehende Mutter und das Wohl des Kindes auch ein Argument von fundamentalistischen Herrschern im Iran ist, um Frauen an einer gleichberechtigten Partizipation am gesellschaftlichen Leben zu hindern.

Das Ministerpräsident Erdogan zugeschriebene Zitat soll aus dem Jahr 1994 stammen und liegt somit 13 Jahre zurück. Nicht umsonst redet die Welt von Erdogans Wandel und der positiven Entwicklung des Politikers Erdogan. Wir befassen uns nicht mit der Biographie von Erdogan, unser Interesse gilt seiner Politik als Ministerpräsident der Republik Türkei. Unsere kritische Begleitung der Türkei auf dem Weg in die EU, zu mehr Rechtsstaatlichkeit und Demokratie können Sie auf den entsprechenden Internet-Seiten verfolgen. Pressemitteilungen und Kommentierungen zu diversen Anlässen aufgrund von wichtigen politischen Geschehnissen oder Entwicklungen liefern ein klares Bild unserer Politik.

Mit freundlichen Grüßen

Das Büro-Team

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