Frage an Cornelia Reinauer bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Cornelia Reinauer
DIE LINKE
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Frage von Stefan L. •

Frage an Cornelia Reinauer von Stefan L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag,

für ein besseres Verständnis Ihrer Politik habe ich mal einige kurze Fragen formuliert. Ich denke, dass Sie diese sicherlich in wenigen Zeilen beantworten können.
Zum Schutze der Äktionäre etc. sollen die Manager zukünftig ihre Gehälter offen legen. Konsequent wäre es, wenn die Politiker (zum Schutze der Wähler) vorangehen und selbst ihre gesamten Einkünfte offen legen. Wie stehen Sie persönlich dazu?
Ist aus Ihrer Sicht der mögliche Beitritt der Türkei zur EU ein muss oder ein kann?
Ist das föderalistische System in Deutschland fest zementiert oder kann bzw. sollte es noch überarbeitet werden?
Sollen straffällig gewordene, ausländische Wiederholungstäter ausgewiesen werden?
Verstehen Sie unter Subventionsabbau eher die Abschaffung der Eigenheimzulage, der Pendlerpauschale, der Ostförderung (um nur einige der aktuellen Diskussionspunkte zu nennen) oder eher die Abschaffung der Möglichkeiten für Spitzenverdiener (die ich in der Diskussion noch nicht gehört habe) wie z.B. Medienfonds oder Windfonds.
Sind die USA für Deutschland noch ein wichtiger politischer Partner oder sollten wir uns eher auf unsere direkten Nachbarn konzentrieren?

Vielen Dank fürs erste
S. Lüdecke

Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Lüdecke,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

In Bezug auf Ihre erste Frage bin ich ganz Ihrer Meinung: Politiker sollten Ihre Gehälter genauso offen legen wie Manager. Unsere beiden Mitglieder des Bundestages, Petra Pau und Gesine Lötzsch machen dies auf ihren Internetseiten schon seit Jahren. Auch Mitglieder des Abgeordnetenhauses stellen ihre Einkünfte auf ihre Internetseiten.
Als Bürgermeisterin bemisst sich mein Einkommen an der Besoldungsgruppe 6 (B6), die in Berlin für mein Amt gesetzlich festgelegt ist. Somit verdiene ich im Monat 7064 € brutto. Ich werde mich im Bundestag auch weiterhin dafür einsetzen, dass die Einkünfte aller Abgeordneten öffentlich gemacht werden. Ich denke, dass dies ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer transparenten Politik ist.

Türkei:
Natürlich ist der Beitrittswunsch der Türkei ein wichtiges aktuelles Thema, das vielfältige Facetten hat. Wie in allen anderen Bereichen europäischer Politik sollte es jedoch anhand objektiver Fakten diskutiert und bewertet werden.
Es gibt kein religiöses Kriterium für die Bewertung eines
Beitrittskandidaten. Die EU ist kein exklusiver christlicher Klub. Zu diesem Prinzip hat sich auch der Konvent zur Europäischen Verfassung mehrheitlich bekannt. Zum Wertekatalog der EU gehören die Trennung von Kirche und Staat wie auch das fest verankerte Recht auf freie Religionsausübung. Im Übrigen sei hier daran erinnert, dass bereits heute mehr als 15 Millionen Muslime in den Mitgliedstaaten der EU leben und auf der anderen Seite die Türkei seit 1923 auf eine laizistische Tradition verweisen kann.
Ich beantworte die Frage nach dem Recht der Türkei, einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU zu stellen, grundsätzlich positiv. Wir müssen anerkennen, dass die Türkei seit dem Jahre 2001 weitgehende Reformprozesse eingeleitet hat.
Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite der Linkspartei.PDS-Europafraktion unter www.pds-europa.de.

Föderalismus:
Ich stehe für einen kooperativen, solidarischen Föderalismus. Dabei müssen die Gestaltungsmöglichkeiten der Länder erheblich erweitert und die Kompetenzen der Landtage gestärkt werden. Die Positionen von Gewerkschaften, Sozial- Umwelt- Verbraucher- und Mieterverbänden, sowie demokratischen Bewegungen sollen in den Parlamenten eine Rolle spielen. Diese Akteure sind deshalb frühzeitig einzubeziehen.
Es geht mir hierbei ganz persönlich um mehr Demokratie, mehr Transparenz, mehr Bürgernähe sowie mehr Handlungs- und Gestaltungsräume für diejenigen, die von sozialen Problemen am ehesten betroffen sind.

Wiederholungstäter:
Ich denke nicht, dass wir Personen, welche straffällig geworden sind (auch im Wiederholungsfall) einfach ausbürgern sollten. Damit würden wir es uns zu einfach machen.
Wir müssen uns eher fragen, warum wird jemand überhaupt straffällig? Prävention, Ursachenforschung und Therapienangebote müssen verstärkt unterstützt werden.

Subventionsabbau:
Unter Subventionsabbau ist eher die versteckte Subvention von großen Unternehmen gemeint:
Durch den Verzicht auf Steuereinnahmen (u.a. Steuergeschenke an Reiche) schafft die Bundesregierung immer neue Haushaltslöcher, die sie dann als Begründung für „unabdingbare“ Kürzungen im sozialen Bereich heranzieht. Die CDU/CSU und die Haushaltspolitikerinnen und -politiker der FDP kritisieren die Politik der Bundesregierung, neue Schulden anzuhäufen. Das hält sie aber nicht davon ab, mehr Mittel für die Anschaffung von Rüstungsgütern zu fordern. Die öffentlichen Ausgaben wollen sie durch weitaus drastischere Einschnitte ins soziale Netz senken.

Deshalb fordert Die Linke.PDS:
Der schrittweise Abbau öffentlicher Schulden soll vor allem durch Eingriffe in die bestehenden Verteilungs- und Vermögensstrukturen mit dem Ziel wachsender Staatseinnahmen erfolgen. Gewichtige Beiträge hierfür wären die gewinnabhängige Gestaltung des Körperschaftsteuersatzes, die Rücknahme der Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaften und die Wiedererhebung der Vermögenssteuer. Durch intensivere Betriebsprüfungen bei Großunternehmen und Banken sowie eine bessere personelle und technische Ausstattung der Steuerfahndung können gleichfalls höhere Einnahmen erzielt werden. Einen Schwerpunkt bildet die Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung bei Scheinfirmen. Einen Abbau der öffentlichen Schulden durch Leistungskürzung für Menschen mit geringem Einkommen und der Mittel für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen lehnen wir ab. Einer weiteren Neuverschuldung können wir nur dann zustimmen, wenn die aufgenommenen Kredite wirksam zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, z.B. für ein Zukunftsinvestitionsprogramm, den Aufbau eines Öffentlich geförderten Beschäftigungssektors und die Förderung Arbeitsplatz schaffender, umweltfreundlicher und zukunftsfähiger Investitionen verwendet werden.

USA und EU:
Ich denke, dass die USA auch in Zukunft ein wichtiger Partner für Deutschland sein wird. Aber zu einer guten Partnerschaft gehört auch, dass man Kritik äußern darf. Ich werde auch in Zukunft die Ansätze der US-Regierung, auf militärische Gewalt zu setzen, nicht akzeptieren. Gerade unter der Berücksichtigung der noch jungen Erweiterung der EU sollten wir uns auch auf unseren „neuen“ Nachbarn konzentrieren. Ich denke da bestehen große Chancen für eine gute Zusammenarbeit.

Die Linke.PDS
Wahlquartier 2005