Frage an Dagmar Roth-Behrendt bezüglich Kultur

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Dagmar Roth-Behrendt
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Frage von Klaus N. •

Frage an Dagmar Roth-Behrendt von Klaus N. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Roth-Behrendt,

gibt es eigentlich einen EU- oder europaweiten öffentlich-rechtlichen Radiosender, wo ich mich als Bürger über aktuelle politische Themen in ganz Europa informieren kann? Falls nein, die zweite Frage: GIbt es seitens des EU-Parlaments bzw. der europäischen Sozialdemokraten Initiativen, europäische Radiosender zu gründen?

Die nationalen Medien, inkl. der öffentlich-rechtlichen, berichten ja leider nur ganz selten etwas über das EU-Ausland. Zwar wird über jede Kleinigkeit der deutschen Politik berichtet, aber wann hat man denn den letzten Bericht z.B. über Frankreich, Spanien, Portugal, Polen, oder gar Rumänien gehört?

In Berlin kann man ja immerhin "Funkhaus Europa" empfangen, aber zur Herstellung einer gemeinsamen europäischen Öffentlichkeit und eines europäischen Wir-Bewusstseins bräuchte es m.E. viel mehr Initiativen.

Mit besten Grüßen aus Berlin-Friedenau,
Klaus Neumann

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SPD

Sehr geehrter Herr Neumann,

vielen Dank für Ihre Anfrage hier bei Abgeordnetenwatch, in der Sie auf die mangelnde Berichterstattung über aktuelle Themen und Diskussionen aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hinweisen.

Ich teile Ihren Eindruck und bedauere sehr, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht die Möglichkeit haben, sich im Fernsehen und im Radio umfangreicher über die Politik und andere relevante Themen aus anderen Mitgliedsstaaten und der Europäischen Union informieren zu können.

Auslands- und vor allem Brüssel-Korrespondenten klagen auch bei öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiosendern immer wieder über die wenigen Sendeminuten, die ihnen für ihre Berichte zur Verfügung stehen. Noch schwieriger ist die Situation bei den privaten Fernseh- und Radioprogrammen, deren Interesse leider sehr gering ist.

Ich würde mir wünschen, dass sich das Interesse für unsere europäischen Nachbarn und die Europäische Union steigern würde und auch ohne aktuellen "Skandal" über interessante Themen aus Europa berichtet wird.

Das von Ihnen angesprochene Funkhaus Europa, aber auch Angebote wie die des Senders euronews oder Sendungen in arte oder der Bericht aus Brüssel (WDR) sind positive Ausnahmen, da sie in Ansätzen ein von Ihnen und mir gewünschtes Programm bereitstellen.

Wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben auf die Programmgestaltung der Rundfunk- und Fernsehanstalten keinen Einfluss, so dass wir uns nach anderen Lösungen für die von Ihnen zu Recht beschriebene Problematik umsehen müssen.

Da es keinen öffentlich-rechtlichen Sender in der Europäischen Union gibt, hat das Europäische Parlament vor einigen Jahren versucht, einen Fernsehkanal einzurichten. Dies ist allerdings aus vielen, u. a. auch aus finanziellen Gründen, gescheitert, da die europäischen Kabelbetreiber (anders als in den USA für einen Kongresskanal) nicht bereit waren, dem Europäischen Parlament einen Platz im Kabelnetz zur Verfügung zu stellen.

Als Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments habe ich mich 2004/2005 dann mit anderen Kolleginnen und Kollegen für die Umsetzung der zweitbesten Lösung stark gemacht. Seit September 2008 gibt es EuroparlTV. Dieses über das Internet unter http://www.europarltv.europa.eu zu empfangene Angebot bietet neben Live-Berichterstattungen aus dem Plenum des Europäischen Parlaments auch Interviews mit Abgeordneten und Hintergrundinformationen zur Arbeit des Europäischen Parlaments an. Dieses Projekt steckt nach weniger als einem Jahr "am Netz" noch in den Kinderschuhen, und es wird ständig an einer Weiterentwicklung gearbeitet.

EuroparlTV wird - leider - immer noch von etlichen Mitgliedern des Europäischen Parlaments argwöhnisch beäugt, da befürchtet wird, der Sender könnte zu einem Werbeinstrument der jeweils anderen politischen Gruppen genutzt werden. Ich rate hier in den Diskussionen, die ich sehr intensiv begleite, zu mehr Gelassenheit und würde mich freuen, wenn das Programm auch noch etwas mehr über die Politik des Europäischen Parlaments hinaus berichten würde. So könnte ich mir beispielsweise vorstellen, dass Abgeordnete aus immerhin 27 europäischen Staaten auch über die aktuelle Situation in ihrer Heimat berichten oder dazu interviewt werden.

Ich bin mir sehr bewusst, dass dies den von Ihnen angesprochenen öffentlich-rechtlichen Radiosender innerhalb der EU nicht ersetzt. Die Umsetzung eines solchen - zweifelsohne wünschenswerten - Projekts, scheint mir allerdings zurzeit nicht realistisch. In diesem Bereich gibt es übrigens mit dem Netzwerk EURANET ( http://www.euranet.eu ) bereits Versuche einer Zusammenarbeit in verschiedenen Sprachen, das auch von der Europäischen Kommission finanziell unterstützt wird.

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weitergeholfen zu haben und danke Ihnen für Ihre interessante und wichtige Frage.

Mit freundlichen Grüßen,

Dagmar Roth-Behrendt