Frage an Daniel Freund bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Daniel Freund
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ellen R. •

Frage an Daniel Freund von Ellen R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Die Grünen aus Hessen wollen CETA unterstützen .... warum sollte ich noch " grün " wählen?

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau R.,

Bei internationalen Handelsabkommen (CETA ist ja da aktuell nur eines von vielen) ist es nicht hinnehmbar, dass es Sonderschiedsgerichte für Investoren gibt, während Klimaschutz, Menschenrechte oder das Vorsorgeprinzip nur schmückende Prosa bleiben. Wir lehnen einseitige Gerichte und Sonderklagerechte für private Investoren ab. Das sind unsere Maßstäbe für Handelsabkommen wie CETA, JEFTA und TTIP. Deshalb lehnen wir CETA in dieser Form weiterhin ab (auch wenn einige Grüne in der hessischen Landesregierung das jetzt vielleicht anders sehen). Wir sind davon überzeugt, dass es möglich ist, das Abkommen im Sinne der oben genannten Kriterien zu verändern, solange es noch nicht endgültig in Kraft gesetzt ist. Die derzeit laufenden Vertragsanpassungen wollen wir nutzen. Wir sind zusammen mit einer breiten europäischen Zivilgesellschaft erfolgreich dagegen auf die Straße gegangen und haben dazu beigetragen, dass TTIP nicht gekommen ist und bei CETA und JEFTA einseitige Gerichte für private Investoren erst einmal verhindert werden konnten. Das macht deutlich, dass es sich lohnt, für faire, ökologische, gerechte und demokratische Handelsabkommen zu streiten, auch wenn wir noch nicht am Ziel sind. Denn leider halten die Kommission und die Mehrheit der Mitgliedstaaten unbeirrt an ihrer falschen Agenda fest. Wir GRÜNEN treten auf allen Ebenen dafür ein, dass diese Politik geändert wird.
Wir GRÜNEN lehnen das Abkommen mit Japan (JEFTA) deshalb in dieser Form ab, zum Beispiel wegen der mangelnden Verankerung und Durchsetzung sozialer und ökologischer Standards, des Vorsorgeprinzips
und des Pariser Klimaschutzabkommens im Vertragstext. Gerade mit Ländern wie Japan bestünde die Chance, es endlich besser zu machen. Auch beim Abkommen mit den südamerikanischen Staaten (Mercosur) fehlen verbindliche soziale und ökologische Standards. Die EU setzt auf die Liberalisierung bei Dienstleistungen, obwohl öffentliche Wasser- und Stromversorgung gerade in den Ländern des Mercosur ein wichtiges Mittel zur Armutsbekämpfung ist. Das Vorsorgeprinzip ist nicht verbindlich verankert. Stattdessen ist auf Bestreben Brasiliens der Schutz des Amazonas-Regenwaldes aus dem Vertragstext geflogen. Dabei ist der Amazonas aufgrund der durch das Abkommen weiter steigenden Rindfleischproduktion stark bedroht. Sie befeuert die Abholzung des Regenwaldes und erschwert die Agrarwende in Europa. Die EU sollte initiieren, dass die Mitgliedstaaten ihre bestehenden nationalen Investitionsschutzabkommen nachverhandeln, um die Investor-Staats-Schiedsgerichte zu beenden.
Wir unterstützen die
EU-Kommission bei ihrem Vorhaben, die existierenden innereuropäischen Investitionsabkommen zu beenden. Wir setzen uns stattdessen für einen ständigen internationalen Handelsgerichtshof ein, vor dem nicht nur Unternehmen klagen können, sondern auch Betroffene gegen die Verletzung menschenrechtlicher, sozialer und umweltrelevanter Verpflichtungen durch transnationale Unternehmen. Der Vorschlag der EU-Kommission für einen multilateralen Investitionsgerichtshof (MIC) erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Parlamente dürfen durch Regeln zur regulatorischen Zusammenarbeit in Handelsabkommen nicht umgangen oder geschwächt werden. Regulatorische Kooperation darf nicht Standards absenken, sondern muss diese verbessern. Das Vorsorgeprinzip, nach dem die Unbedenklichkeit von Produkten vor der Zulassung nachgewiesen werden muss, ist die tragende Säule des europäischen Schutzes von Umwelt und Verbraucher*innen. Die bestehende Verankerung des Vorsorgeprinzips im Primärrecht der EU reicht hierzu nicht aus. Deshalb wollen wir, dass es für alle Bereiche der EU-Handelsabkommen gilt.
Auch Produkte, deren Verkauf in Europa verboten ist, wie bestimmte Giftstoffe und Waffen,
sollten hier auch nicht produziert und dann exportiert werden dürfen. Wir
wollen im Handel auch die Interessen von kleinen und mittleren Unternehmen
stärken und damit der Konzentration von wirtschaftlicher Macht
entgegenwirken. Sie profitieren von Zoll reduktion und einheitlichen
technischen Standards.

Ich hoffe ich konnte auf Ihre Bedenken eingehen. Bei Rückfragen wenden Sie
sich gerne an mich.

Mit freundlichem Gruß,

Daniel Freund

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