Frage an Daniela Kolbe bezüglich Wirtschaft

Portrait von Daniela Kolbe
Daniela Kolbe
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Daniela Kolbe zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Karsten R. •

Frage an Daniela Kolbe von Karsten R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Kolbe,

da Sie bei der Abstimmung am 29.06.2012 im Deutschen Bundetag die Einrichtung des dauerhaften "Euro-Rettungsschirmes" ESM als gewählte Voksvertreterin zustimmten, wende ich mich mit der Bitte um Beantwortung folgender Fragen an Sie:

- Welche Beweggründe veranlassten Sie, die Einrichtung eines zeitlich unbefristeten, unwiderruflichen und jeglicher Kontrolle (inkl. Immunität vor Strafverfolgung) entzogenen Gremiums zu zustimmen?

- Warum stimmten Sie der bei Rechtskraft des ESM-Vertrages entstehende dauerhaft mögliche Verletzung des §125 des EG-Vertrages, bekannt als Nichtbeistandsklausel (No Bailout-Klausel) zu?

- Von welchem Ökonomen wurden Sie beraten?

- Hatten Sie genügend Zeit, die jeweiligen Vertragstexte zu lesen und zu studieren? Sind diese Ihnen verständlich?

- Haben Sie weiterhin das Gefühl, Ihrem Souverän zu dienen und dessen Meinung zu vertreten?

Mit freundlichen Grüßen

Karsten Rieske

Portrait von Daniela Kolbe
Antwort von
SPD

Ihre Anfrage zum Dauerhaften Euro-Rettungsschirm

Sehr geehrter Herr Rieske,

vielen Dank für Ihre Frage an mich zum Thema Europäischer Stabilitätsmechanismus. Ich verstehe Ihre Bedenken, allerdings sehe ich im ESM einen Ausdruck innereuropäischen Solidarität. Er ist notwendig um Euro-Staaten, die in finanzielle Schieflage gekommen sind, Schutz und Nothilfe zu bieten und so Finanzstabilität im Euro-Raum zu erhalten.

Das Kreditvergabevolumen des ESM beträgt 500 Milliarden Euro, zudem stellen die teilnehmenden Staaten erstmals nicht nur Garantien zur Verfügung, sondern zahlen auch 80 Milliarden Euro Barkapital ein. Deutschland geht durch die Gewährung von Bürgschaften für notleidende Staaten im Rahmen der europäischen Rettungsschirme sicherlich erhebliche finanzielle Risiken ein. Diese Risiken sind jedoch vertretbar - denn sie sind nicht nur ein Signal der innereuropäischen Solidarität, sondern auch ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft.

Wie Sie denke ich aber auch, dass betroffene Staaten ihrer Verantwortung gerecht werden müssen und langfristig Schulden abbauen sollten.

In der aktuellen Debatte über die mit der Euro-Rettung verbundenen Kosten rückt der Mehrwert der Euro-Mitgliedschaft für die Bürgerinnen und Bürger leider zu sehr in den Hintergrund. Zu einer ehrlichen Bilanz gehört aber auch, Belastungen und Vorteile gleichermaßen in den Blick zu nehmen. Wer das beherzigt, erkennt, dass Deutschland nicht der „Zahlmeister Europas“, sondern der größte Gewinner der Währungsunion ist. Etwa 40 Prozent der deutschen Exporte gehen in die Eurozone, wodurch in Deutschland mehr als drei Millionen Arbeitsplätze gesichert werden.

Die Stabilität des Euros und unserer Partnerländer liegt daher vor allem im deutschen Interesse, weil uns ein Zusammenbruch der Währungsunion am härtesten treffen würde. Der Exportnation Deutschland kann es auf Dauer nicht gut gehen, wenn die Wirtschaft im Rest Europas am Boden liegt. Wenn es uns nicht gelingt, diese Länder dauerhaft zu stabilisieren, dann droht die Krise auch auf Deutschland überzugreifen. Wir retten nicht Griechenland oder Spanien, sondern wir retten letztlich auch den Wohlstand und die Arbeitsplätze in Deutschland!

Diese Solidarität ist selbstredend keine Einbahnstraße. Die betroffenen Staaten müssen ihrer Verantwortung gerecht werden, Fehlentwicklungen abstellen und Schulden abbauen.

Und ein weiterer Punkt ist mir wichtig: Europa ist mehr als ein Wirtschaftsverbund verschiedener Nationalstaaten, Europa ist auf eine Vision. Mehr als 300 Millionen Menschen, die friedlich, in Wohlstand, Demokratie und sozialer Gerechtigkeit zusammen leben. Wenn wir dieser Vision näher kommen wollen, dann müssen wir gerade auch in einer Krise beieinander stehen.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Kolbe