Frage an Daniela Ludwig bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Daniela Ludwig
CSU
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Frage an Daniela Ludwig von Daniel B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Ludwig,

ich würde gerne Ihre Meinung zu dem neuen Paragraphen 202d aus dem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung hören.
In der Zeit ist am 19.5.2015 unter anderem folgendes zu diesem Paragraphen geschrieben:

"Ulf Buermeyer, Richter und Verfassungsrechtler, schreibt in einem Gastbeitrag bei Netzpolitik, der Paragraf gefährde die Pressefreiheit. ZEIT ONLINE sagte er: "Die Norm in ihrer derzeitigen Form ist (wenn auch wohl aus Versehen) ein Anti-Whistleblower-Gesetz. Der Umgang mit den Snowden-Dokumenten wäre danach in Deutschland unter bestimmten Umständen strafbar, die Investigativ-Abteilung des Spiegel stünde mit einem Bein im Gefängnis. Jedenfalls könnte und müsste die Staatsanwaltschaft wohl ermitteln und gegebenenfalls auch durchsuchen."
"( http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2015-05/vorratsdaten-hoechstspeicherfrist-gesetzentwurf-netzpolitik )

- Wie sehen Sie den Bezug zu einem Anti-Whistleblower-Gesetz?
- Finden Sie die Aufarbeitung der Snowden-Dokumente wichtig und sinnvoll?
- Wie stehen Sie dazu, dass die Aufarbeitung der Dokumente von Whistleblowern auf einmal eine Straftat werden könnten?

Vielen Dank,
Daniel Böning

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CSU

Sehr geehrter Herr Böning,

vielen Dank für Ihre Nachricht zur Vorratsdatenspeicherung bzw. zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten.

Ich glaube, dass der Gesetzentwurf klare und transparente Regeln zur Vorratsdatenspeicherung schafft. Wir geben den Ermittlern mit dem vereinfachten Zugriff auf wichtige beweisführende Daten ein weiteres schlagkräftiges Instrument zur Verbrechensbekämpfung an die Hand. Dabei stellen wir aber auch die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger sicher und berücksichtigen die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes. Die Verbindungsdaten werden nur in einem klar vorgegebenen und eng begrenzten Rahmen gespeichert und verwendet‎.

Sie sprechen besonders den neu zu schaffenden Strafbestand der Datenhehlerei an. Dieser wird durch die Änderung des Strafgesetzbuches (StGB) und die Einführung des §202d eingeführt. Er sieht vor, dass sich strafbar macht, wer sich oder einem anderen nicht öffentlich zugängliche Daten, die ein anderer durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, verschafft, wer sie einem anderen überlässt, wer sie verbreitet oder in sonstiger Weise zugänglich macht, um sich oder einen Dritten zu bereichern oder einen anderen zu schädigen. Derzeit ist der An- und Verkauf solcher Daten, die zuvor ausgespäht oder durch eine andere rechtswidrige Tat erlangt worden ist, nicht strafbar. Darunter fallen etwa auch Daten von Kreditkarten, die im Rahmen des täglichen Geschäftsverkehrs verwendet werden. Aufgrund dieser Lücken hat sich 2012 auch der Deutsche Juristentag für die Einführung eines Strafbestandes der Datenhehlerei ausgesprochen.

Dieser Strafbestand darf aber nicht ohne Beachtung von §202 Absatz 3 gelesen werden, der Folgendes besagt:
"Absatz 1 gilt nicht für Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen. Dazu gehören insbesondere 1. solche Handlungen von Amtsträgern oder deren Beauftragten, mit denen Daten
ausschließlich der Verwertung in einem Besteuerungsverfahren, einem Strafverfahren oder einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zugeführt werden sollen, sowie 2. solche beruflichen Handlungen der in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Personen, mit denen Daten entgegengenommen, ausgewertet oder veröffentlicht werden.“

Das bedeutet, dass etwa Handlungen von Amtsträgern, mit denen Daten ausschließlich der Verwertung in einem Besteuerungsverfahren, einem Strafverfahren oder einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zugeführt werden sollen nicht unter den Tatbestand der Hehlerei fallen. Von beruflichen Pflichten sind insbesondere auch journalistische Tätigkeiten in Vorbereitung einer konkreten Veröffentlichung umfasst. Somit fallen auch journalistische Tätigkeiten unter den Tatbestandsausschluss.

Insofern sehe ich die Kritik, dass der neue geschaffene Straftatbestand ein Anti-Whistleblower-Gesetz sei oder gar die Pressefreiheit gefährde, für nicht begründet an.

Lassen Sie mich außerdem noch einige grundlegende Sätze zu Whistleblowern sagen: Arbeitnehmer, die helfen, Gesetzesverstöße zu verhindern bzw. wirksam bekämpfen zu können, zum Beispiel von Korruption, Aufdeckung von Missständen im Pflegebereich oder bei Lebensmittelherstellung, verdienen den Schutz der Rechtsordnung vor Repressalien des Arbeitgebers. Wer sich für andere einsetzt, muss vor Nachteilen geschützt sein. Dies ist in Deutschland der Fall, denn allgemeine arbeitsrechtliche und verfassungsrechtliche Vorschriften und die Rechtssprechung haben bereits einen klaren Schutz geschaffen.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen weitergeholfen zu haben und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Ludwig

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