Frage an Daniela Schneckenburger bezüglich Finanzen

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Daniela Schneckenburger
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ralf M. •

Frage an Daniela Schneckenburger von Ralf M. bezüglich Finanzen

Hallo Fr. Schneckenburger

was würden Sie davon halten, wenn man die Kirchensubventionen endlich abschafft und damit einen nicht unerheblichen Beitrag zur Behebung unserer gegenwärtigen Finanzkrise schafft?

Bundesweit geht es immerhin um eine Summe von ca. 14 Millarden Euro.
Viele Politiker sitzen auf den Kirchentagen oder in den Kirchengremien und lassen die politischen Gemeinden offenbar lieber pleite gehen als das Verfassungsgebot zu erfüllen und die Milliardenzahlungen an die Kirche endlich zu beenden.
Es ist nicht nachvollziehbar, daß man die Lasten für Sozialhilfe bzw- Hartz IV-Empfänger ständig erhöht, aber Bischöfen sechstellige Gehälter verfassungswidrig aus der Staatskasse bezahlt.

Gehet hinaus aus ihr, mein Volk, auf dass ihr nicht teilhabt an ihren Sünden und nicht empfanget von ihren Plagen ! (Johannes-Apokalypse, 18, 14)

MfG

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Müller,

bitte entschuldigen Sie zunächst die stark verspätete Antwort. Ihre Anfrage ist leider versehentlich im Maileingang untergegangen.

Grundsätzlich möchte ich zum Thema „Kirche und Staat“ festhalten, dass Deutschland kein laizistischen Staat ist, der Religionsausübung bekämpft, sondern verfassungsrechtlich den Kirchen das Recht einräumt, sich als Körperschaft des öffentlichen Rechtes selbst zu organisieren und damit eigenständig Steuern zu erheben. Dies ist eine Grundlage dafür, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften ihreRolle als wichtige Kräfte der Zivilgesellschaft wahrnehmen können.

Die Haupteinnahmequelle der Kirchen ist die Kirchensteuer, die die Religionsgemeinschaften nur und ausschließlich von ihren Mitgliedern zur Finanzierung der Ausgaben der Gemeinschaft erheben. In der Bundesrepublik wird die Kirchensteuer von den Finanzämtern der jeweiligen Länder eingezogen, die dafür eine Aufwandsentschädigung einbehalten. Wer nicht Mitglied einer Kirche ist, zahlt keine Kirchensteuer.

Des Weiteren erhalten Kirchen und Religionsgemeinschaften, also insbesondere die beiden christlichen Großkirchen, aus Steuermitteln sogenannte „Staatsleistungen“. Diese Geldzahlungen entrichten die Bundesländer an die jeweilige Gemeinschaft als Ausgleich für Verstaatlichungen von Kirchengut, die vor allem im Zuge der Reformation und der Französischen Revolution stattgefunden haben. Es handelt sich hierbei also nicht um Subventionen, sondern um einen Ausgleich für einen erlittenen Verlust.

Inhalt dieser Zahlungen sind Leistungen für den persönlichen und sachlichen Bedarf der allgemeinen kirchlichen Verwaltung, Leistungen für die Ausbildung, Besoldung und Versorgung der Geistlichen und anderer Kirchenbeamter sowie Aufwendungen für sonstige kirchliche Bedürfnisse, vor allem für die Instandhaltung von Kirchengebäuden. Die Höhe der Gehälter der Amtsträger liegt ausschließlich in der Verantwortung der jeweiligen Kirchen.

Die jeweiligen Länder haben mit den christlichen Kirchen Staat-Kirchen-Verträge abgeschlossen. In diesen sind die Höhe der Staatsleistungen und der Mechanismus ihrer Anpassung an die Inflationsrate jeweils festgelegt. Auch die Zahlung der Staatsleistungen ist daher eindeutig nicht verfassungswidrig. Eine Abschaffung dieser Staatleistungen würde zu erheblichen volkswirtschaftlichen Schwierigkeiten führen, weil sich die Höhe der dann einmalig zu leistenden Ablösung oder Entschädigung in jedem Bundesland auf hohe Milliardenbeträge summieren würde.

Ungeachtet dieser Diskussion leisten Kirchen und Religionsgemeinschaften einen Dienst für die Allgemeinheit, der ansonsten vom Staat geleistet werden müsste. Neben dem Betrieb von Krankenhäusern, Altenheimen und Kindergärten erbringen die christlichen Kirchen viele Leistungen caritativer Art, häufig durch ehrenamtliche Tätigkeit ergänzt. Dies kommt auch dem säkularen Gemeinwesen zugute.

Als nicht-staatliche Organisation sind insbesondere die Kirchen starke zivilgesellschaftliche Akteure, die wegen ihrer Größe und ihres Einflusses ein bedeutendes Gegengewicht zur staatlichen Gewalt darstellen - übrigens einer der Gründe, warum die Stellung der Kirchen als Körperschaft des öffentlichen Rechts und als wichtiger Teil der Zivilgesellschaft von den Vätern und Müttern des Grundgesetzes gerade mit der Erinnerung an den totalitären nationalsozialistischen Staat so ausgestaltet wurde.

Daher plädiere ich für die Beibehaltung des bisherigen Systems der Finanzierung der Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Schneckenburger