Frage an Diether Dehm bezüglich Finanzen

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Diether Dehm
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Frage von Jörg L. •

Frage an Diether Dehm von Jörg L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Dehm,

Kann bzw. müsste man nicht endlich, auch einen sogenannten "Zinsschnitt" ( Halbierung ) bei den Bankenzinsen - für Griechenland und alle verschuldeten europäischen Länder als Ausgleich dafür einfordern, das man einen Grossteil der Banken mit einem europäischen Bankenrettungsschirm geholfen hat ?

Für Ihre Antwort vielen Dank im Voraus.

MfG
JL

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Sehr geehrter Herr Lindeholz,

vielen Dank für Ihre Frage. Wie Sie ja sicherlich wissen, bewegt sich der Leitzins der Europäischen Zentralbank zur Zeit bei einem historischen Tiefststand - niedriger kann zumindest der Zins nicht mehr. Theoretisch wäre es zwar möglich, von den Geschäftsbanken zu verlangen, dass sie von Griechenland eine niedrigere Verzinsung für die griechischen Anleihen verlangen, das wäre jedoch rechtlich kaum durchsetzbar und wahrscheinlich auch nicht unbedingt zielführend, sind doch durch das Ankaufprogramm der EZB große Teile der griechischen Staatsanleihen nicht mehr im Besitz privater Banken und Versicherungen, sondern der EZB und einen Großteil der Verpflichtungen Griechenlands machen inzwischen die Kredite der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und des Internationalen Währungsfonds aus - zu einem kleineren Teil auch die direkt unter anderem von Deutschland an Griechenland ausgezahlten Kredite. Diese letzteren, bilateralen Kredite, werden nach Angaben des Bundesfinanzministeriums zur Zeit mit einem Zinssatz von 0,582 Prozent verzinst. Für die Zahlungen aus dem EFSF gilt bis 2022 ein Zinsmoratorium, zur Zeit zahlt Griechenland also darauf keine Zinsen, allerdings eine jährliche "Servicegebühr" von 0,05 % auf die ausstehende Kreditsumme. Einzig relevante Größe ist in diesem Zusammenhang die Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Internationalen Währungsfonds, der von Griechenland Zinsen in Höhe von etwa 3,77 Prozent verlangt, im vergangenen Jahr immerhin 951 Millionen Euro Zinsen und Gebühren. Diese detaillierten Zahlen liegen uns zur Zeit leider nur für Griechenland vor, für die anderen von Ihnen genannten Staaten dürfte sich die Situation aber ähnlich darstellen. Sie sehen also, dass ein Zinsschnitt nur wenig bringen würde - einziger Adressat wäre hier der Internationale Währungsfonds. Dort eine niedrigere Verzinsung zu verlangen, wäre aber recht aussichtslos.

Dass vor allem Griechenland derzeit keinen Fuß an den Boden bekommt, liegt in erster Linie daran, dass die Euro-Länder - darunter natürlich auch Deutschland - bislang weitere Zahlungen an Griechenland mit der Begründung verweigern, es lägen noch keine substanziellen Vorschläge aus Griechenland vor, wie die bisherigen "Vereinbarungen" zur Senkung der griechischen Staatsschulden umgesetzt werden sollen.

Mit freundlichen Grüßen
Diether Dehm