Frage an Dietmar Bartsch bezüglich Finanzen

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Dietmar Bartsch
DIE LINKE
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Frage von Max P. •

Frage an Dietmar Bartsch von Max P. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Dr. Dietmar Bartsch,

Vielen Dank!

Nur 2 kleine Anmerkungen:
500 Euro erscheinen mir nicht bedarfsdeckend.
Sind Sie demnach gegen neue Kohlekraftwerke wie z.B. in Lubmin. Das ist nicht nur umwelttechnischer Mist, sondern ruiniert auch den Tourismus besonders in Mecklenburg/Vorpommern.

Verzeihen Sie wenn ich noch eine Frage stelle:

Die größte Finanz- und Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik bringt enorme Kosten mit sich: Bankenrettungen, Konjunkturpakete und sinkende Steuereinnahmen, steigende Arbeitslosigkeit….
Die Frage drängt sich auf, wer die Zeche für die Exzesse des globalen Finanzmarktcasinos bezahlen soll.

Obwohl sich die Parteien im Wahlkampf überwiegend bemühen, die Karten nicht offen auf den Tisch zu legen, sickern immer wieder Vorschläge durch, die zur Abwälzung der Krisenkosten auf die Allgemeinheit und besonders auf die sozial Schwächeren führen würden: Erhöhung der Mehrwertsteuer, Rente ab 69, Schrumpfung der Leistungen des gesetzlichen Krankenkassen, weitere Privatisierung öffentlichen Eigentums.

Diese Mittel würden diejenigen am härtesten treffen, die am wenigsten für die Krise verantwortlich sind.

Wie stehen Sie zu Attac’s Forderung von konkrete Maßnahmen, die die Profiteure in die Pflicht nehmen und die Krisenursachen wirksam bekämpfen:
• Eine einmalige Vermögensabgabe für Vermögen über 500.000 €
• Eine solidarische Einfachsteuer, die Reiche, Superreiche und wirtschaftlich stabile Unternehmen stärker in die Pflicht nimmt
• Die konsequente Austrocknung von Steueroasen
• Eine Schrumpfung und demokratische Kontrolle der Finanzmärkte. Dazu gehört ein Verbot von gefährlichen Finanzinstrumenten sowie von Zweckgesellschaften, Hedge Fonds und Private Equity Gesellschaften.

Legen Sie Ihre Karten auf den Tisch (VOR den Wahlen!), welche konkreten Konzepte haben Sie zur Finanzierung der Krisenkosten.

Ich freue mich auf Ihre Antwort

mit freundlichen Grüßen,

Max Priesemann

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Priesemann

die Positionen der LINKEN sind in unserem Wahlprogramm klar formuliert und wir werden daran auch nach der Wahl festhalten.
Wir sagen:

Eine Demokratie funktioniert nur dann, wenn sie die Ziele demokratischer Mehrheiten auch gegenüber wirtschaftlicher Macht durchsetzen kann. Die gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten des Volkes müssen den Unternehmen die Ziele des Wirtschaftens und einen klar definierten Rahmen vorgeben. Deshalb treten wir für eine neue Wirtschafts- und Sozialordnung ein.
Als erster Schritt muss der Finanzsektor unter demokratische Kontrolle gestellt werden. Sparkassen und Genossenschaftsbanken beweisen, dass Banken in den Dienst der Gesellschaft gestellt werden können. In Zukunft sollen alle Banken dem Gemeinwohl dienen. Wer allerdings versucht, den Finanzmarkt zu regulieren, ohne die immer weitere Anhäufung von Kapital und Vermögen zu stoppen und zu reduzieren, ist zum Scheitern verurteilt. Die Enteignung von Millionen arbeitender Menschen muss wieder rückgängig gemacht werden. Das ist nicht nur ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, sondern auch der wirtschaftspolitischen Vernunft, denn nur so kann die Binnennachfrage gestärkt werden.
Das Thema Wirtschaftsdemokratie gehört auf die Tagesordnung. Wer den Unternehmerinnen und Unternehmern und den Finanzfonds freie Hand lässt, verhindert Demokratie. Genau dies erleben wir jetzt täglich. Auch auf betrieblicher Ebene muss die Sozialbindung des Eigentums gesichert werden. In den vergangenen Jahren wurde die wachsende Unterordnung des Betriebsvermögens unter die Interessen der Investmentfonds gefeiert. Diese Fonds sind an der langfristigen Unternehmensentwicklung nicht interessiert. Massenentlassungen in florierenden Betrieben wurden normal und die Rechte der Beschäftigten Makulatur.
Wir fordern ein Verbot von Massenentlassungen bei allen Unternehmen, die nicht insolvenzgefährdet sind. Es geht jetzt darum, die ständige Enteignung der Lohnabhängigen durch Arbeitsplatzverlust, Kurzarbeit und Lohndumping umzukehren. DIE LINKE fordert deshalb, dass staatliche Hilfen nur im Tausch gegen entsprechende Eigentumsanteile und Entscheidungsrechte der öffentlichen Hand und Belegschaften vergeben werden; die Großgläubiger müssen benannt werden.
Nicht zuletzt brauchen wir eine neue internationale Wirtschaftspolitik. Dass Spekulanten die Handels- und Kapitalströme bestimmen und schwere Krisen auslösen, ist ein globaler Irrsinn, der nicht hinzunehmen ist. Auf europäischer Ebene müssen Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen aufgebaut und bestehende gestärkt werden. Auf internationaler Ebene ist darüber hinaus eine Reform des Währungssystems erforderlich, um die Abhängigkeit der Wechselkurse von spekulativen Kapitalbewegungen zu beenden. Es müssen Zielzonen für die Wechselkurse eingerichtet werden, um den Welthandel zu stabilisieren. Es ist wichtig, dass die Steueroasen wirklich geschlossen werden.

DIE LINKE fordert:
• private Banken vergesellschaften, den Finanzsektor öffentlicher Kontrolle unterwerfen und strikt regulieren: den privaten Bankensektor in die öffentliche Hand überführen und, entsprechend den Sparkassen, auf das Gemeinwohl verpflichten; Leerverkäufe, außerbilanzielle Zweckgesellschaften, Derivate, Hedge-Fonds und Private-Equity-Gesellschaften verbieten; Steueroasen austrocknen; zinsgünstige Finanzierung sinnvoller Investitionen gewährleisten; kleinen und mittleren Unternehmen sowie Konsumentinnen und Konsumenten faire Konditionen bieten; kostenloses Girokonto für jede und jeden ermöglichen; Börsenumsatzsteuer am Finanzplatz Deutschland und möglichst international einführen; Europäische Zentralbank reformieren, sie gleichrangig zur Preisstabilität auch auf die Förderung von nachhaltiger Entwicklung und Beschäftigung verpflichten und durch das Europäische Parlament und den Rat der Wirtschafts- und Finanzminister kontrollieren; das internationale Finanzsystem reformieren, die Spekulation mit Währungen durch feste, aber veränderbare Wechselkurse eindämmen;
• Verteilung von Einkommen und Vermögen gerechter gestalten: deutlich höherer Anteil der Löhne am Volkseinkommen und gerechte Steuerpolitik, welche die Vermögenseinkommen, große Erbschaften und Finanzgeschäfte wesentlich stärker belastet als bisher; Millionärssteuer für die Bewältigung der Krisenlasten;

DIE LINKE fordert ein verteilungsgerechtes Steuersystem, das kleine und mittlere Einkommensbezieher entlastet und Vermögende und steuerlich Leistungsfähige stärker belastet. So muss das Steueraufkommen dauerhaft und sozial gerecht erheblich erhöht werden, um die Kosten der Krise, eines sozialökologischen Umbaus und des Ausbaus des Sozialstaats zu finanzieren.

DIE LINKE fordert, die Umverteilung von unten nach oben zu beenden und umzukehren:
• die Einkommensteuer sozial und gerecht reformieren: Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zum Grundprinzip machen; das Steuerrecht einfach und transparent gestalten; Personen und Familien mit niedrigen und durchschnittlichen Einkommen entlasten und Steuerpflichtige mit hohen und sehr hohen Einkommen stärker heranziehen;
• den Grundfreibetrag auf 9.300 Euro erhöhen, so dass mehr als 12.000 Euro brutto im Jahr steuerfrei bleiben;
• Kapitalerträge wie Zinsen und Dividenden zum persönlichen Steuersatz versteuern statt mit einer Pauschalsteuer von 25%;
• den Spitzensteuersatz auf 53% anheben;
• die Steuerbelastung bis zum Spitzensteuersatz von 53% linear ansteigen lassen (Eintrittspunkt 65.000 Euro); dieser Tarifverlauf führt dazu, dass diejenigen, die weniger als 70.245 Euro im Jahr zu versteuern haben, entlastet werden; diejenigen, die mehr haben, werden belastet;
• den steuerlichen Betriebsausgabenabzug für Geschäftsführungs-, Vorstands- und Aufsichtsratsvergütungen auf das 20fache des Lohnes eines Facharbeiters bei Vollzeitbeschäftigung in der untersten Lohngruppe begrenzen;
• eine höhere Erbschaftssteuer realisieren: den Erbberechtigten einen einheitlichen Freibetrag in Höhe von 150.000 Euro gewähren; für Erbinnen und Erben, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, für Kinder, hinterbliebene Ehegatten und für eine vom Vererbenden benannte Person (beispielsweise Lebenspartnerin oder Lebenspartner) diesen Freibetrag verdoppeln; bei Betriebsvermögen nur das Anlagevermögen zur Berechnung der Steuer heranziehen;
• die Vermögensteuer als Millionärsteuer wieder einführen: Privatvermögen von über einer Million Euro mit mindestens fünf Prozent besteuern; >>>>>>

Den vollen Wortlaut unseres Wahlprogramms können Sie hier nachlesen: http://die-linke.de/wahlen/positionen/wahlprogramm/ Unsere bereits vor und währen der Krise und vor den Wahlen erfolgten Aktivitäten und Initiativen im Bundestag können Sie unter http://www.linksfraktion.de nachlesen.

Freundliche Grüße

Dr.Dietmar Bartsch, MdB

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