Frage an Dietmar Köster bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Dietmar Köster
SPD
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Frage von Reinhard G. •

Frage an Dietmar Köster von Reinhard G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Prof. Köster,

ich hoffe doch sehr, dass die EU-Kommission CETA nicht vorläufig in Kraft setzen wird? Nach den vielen Protesten gegen die Freihandelsabkommen, den Unterschriften, den geschätzten 150 000 bis 250 000 Demonstranten an 10. Oktober in Berlin, wäre das fatal. Sollte nicht das (Rest)-Vertrauen in die Demokratie gestärkt werden – indem unsere Demokratie umfassend gestärkt wird? Sehen Sie nicht die Gefahr, dass sonst auch besonders rechte Parteien mehr Zulauf erhalten?

Die Bürger Europas erhalten keine Entschädigungen, wenn sie durch Gesetzesänderungen Nachteile erleiden. Sie würden so bei einem Abschluss der Freihandelsabkommen gegenüber großen Konzernen diskriminiert. Sollte nicht vereinbart werden, dass die Menschen hohe Entschädigungen erhalten, deren Rechte durch große Konzerne verletzt werden, an jedem Ort der Welt?

Was sollen denn eigentlich mögliche Vorteile von TTIP sein? In einer vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie heißt es: "Deutschland erwartet im Median einen leichten Rückgang der Exporte von ca. 7%." ( http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/Studien/dimensionen-auswirkungen-freihandelsabkommens-zwischen-eu-usa,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf Seite 74) Das würde durch die erwartete härtere Konkurrenz gegen US-Unternehmen auf dem Europäischen Markt zustande kommen. Wird etwa Deutschland und Europa von den US-Verhandlungsführern unter Druck gesetzt, ein für Europa nachteiliges Handelsabkommen zu unterzeichnen?

Sollten nicht besser über die WTO internationale Handelsabkommen vereinbart werden, bei denen das Wohl der Menschen und nicht die Profite im Vordergrund stehen? Sollten nicht die Interessen der ärmeren Länder besonders berücksichtigt werden, da unfaire Handelsabkommen eine bedeutende Fluchtursache sind? Was halten Sie von den Vorschlägen der Allianz für ein „Alternatives Handelsmandat“? Sie finden meiner Meinung nach bislang zu wenig Beachtung.

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Sehr geehrter Herr G.,

im Namen von Herrn Köster bedanke ich mich für Ihre Anfrage.

Dietmar Köster sieht sowohl TTIP und CETA als auch TiSA äußerst kritisch und lehnt die Abkommen in ihren jetzigen Fassungen – so weit sie bekannt sind – ab. Grundsätzlich setzt er sich für einen fairen Welthandel ein. Freihandelsabkommen, etwa auf WTO-Ebene, können ein guter Hebel sein, um weltweit zum Beispiel bessere Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte oder Umweltschutz voranzutreiben. Diesen Ansprüchen werden die aktuell diskutierten Freihandelsabkommen allerdings nicht gerecht.

Dietmar Köster ist der Meinung, dass Handelsstreitigkeiten nicht Gegenstand einer privaten/teils-öffentlichen zusätzlichen Gerichtsbarkeit sein dürfen. Als Abgeordneter des Europäischen Parlaments verdeutlichte Dietmar Köster seine Position bei zahlreichen Anlässen, z.B. in der Stellungnahme des Rechtsausschusses zur TTIP-Resolution, über die am 16. April 2015 abgestimmt wurde. Dabei erzielte die S&D-Fraktion einen großen Erfolg. So konnte Dietmar Köster als zuständiger Verhandlungsführer für die S&D mit seinen Änderungsvorschlägen erreichen, dass die Mehrheit der Ausschussmitglieder Schiedsgerichte in jeglicher Form ablehnte - eine Meinung, die bei der finalen Abstimmung im Plenum des EU-Parlaments am 09.07.2015 leider nicht mehrheitsfähig war.

Auch aufgrund der großen zivilgesellschaftlichen Proteste hat die EU Kommission bei CETA einen neuen Ansatz beim Investitionsschutz und bei der Beilegung von Investitionsstreitigkeiten erarbeitet und das bisherige intransparente Verfahren reformiert. Was die Kommission als "klare Abkehr vom alten System" bezeichnet, reicht aus der Sicht von Dietmar Köster nicht aus. Er lehnt auch den Kompromiss eines neuen öffentlichen Schiedsmechanismus, der ein privates ISDS Schiedsgericht ersetzen soll, ab. Trotz wichtiger Erfolge - etwa bei der öffentlichen Daseinsvorsorge, zum Verbraucherschutz oder zu Arbeitnehmerrechten - stimmte er daher am 08.07.2015 bei der finalen Abstimmung zur TTIP-Resolution des Parlaments gegen die Resolution.

Schiedsgerichte brechen mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz jeder Demokratie, dass ein Recht für alle in gleicher Weise gilt. Investoren dürfen keine anderen Rechte haben, als z.B. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir benötigen keine Paralleljustiz, um die Investitionen von Unternehmen zu schützen, denn sonst würden Gewinninteressen von Unternehmen völkerrechtlich abgesichert und private Gewinninteressen hätten Vorrang vor dem Gemeinwohl. Damit entstünde ein juristisches Ungleichgewicht zugunsten der Verwertungsinteressen insbesondere großer Unternehmen. Die nationalen Rechtswege reichen aus, um über Klagen von Unternehmen zu urteilen.

Die Diskussion um TTIP rechtfertigt in keinem Maße, dass Menschen sich rechten Parteien anschließen, die unsere offene Gesellschaft in Frage stellen und Hass und Ängste gegen Menschen aus anderen Kulturkreisen oder mit anderem religiösen Hintergrund schüren. Das zivilgesellschaftliche Engagement gegen TTIP und CETA zeigt, dass wir eine lebendige Demokratie haben, für die es sich lohnt einzusetzen.

Dietmar Köster wird auch weiterhin gegen jedes Abkommen stimmen, das Schiedsgerichte enthält - sowohl gegen TTIP, CETA als auch TiSA.

Mit freundlichen Grüßen
Jonas Freist-Held

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