Frage an Dirk Sielmann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Dirk Sielmann
SPD
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Frage von Kersten A. •

Frage an Dirk Sielmann von Kersten A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Sielmann,

mit Interesse habe ich zur Kenntnis genommen, dass Sie als Vorsitzender des Landesbundes der Gartenfreundinnen und -freunde Hamburg e.V. für die Bürgerschaft kandidieren.
Da Sie einem überparteilichen Verein vorstehen, war ich dann aber doch umso mehr erstaunt, wie im GARTENFREUND Wahlwerbung für Sie und die SPD betrieben wird. In Ausgabe 1/2020 wird Herr Ingo Kleist interviewt, der eine eindeutige Wahlaussage zu Ihrem Gunsten trifft. In Ausgabe 2/2020 nehmen Sie dann sogar persönlich in Ihrem Vorwort Stellung zur Bürgerschaftswahl und werben zwar nicht für sich persönlich, aber deuten die Antworten der vom Landesbund eingeholten Statements von Parteien so, dass Sie der Partei DIE LINKE nachsagen, Sie das Bnudeskleingartengesetz nicht in der "bewährten Form" beibehalten wollen. Sie warnen dann sogar vor einem "Antasten" des BKleinG.
Das Interview mit Herrn Kleist findet eine Fortsetzung, Er betont ein weiteres Mal, wie sehr er sich freuen würde, wenn "viele Hamburger Gartenfreundinnen und Gartenfreunde Dirk Sielmann, der auf Platz 43 der Landesliste der SPD für die Hamburgische Bürgerschaft kandidiert, wählen, damt er in Zukunft Mitglied des Landesparlaments ist. Dann gäbe es in der Bürgerschaft auch wieder kleingärtnerischen Sachverstand."
Meine Fragen:
- Warum lehnen Sie offenbar den Vorschlag der LINKEn ab, dass das Gesetz sozial-ökologisch fortgeschrieben werden sollte und neuen Anforderungen an umwelt- und familienfreundlicher Kleingartennutzung angepasst werden sollte? Würde Sie eine parlamentarische Initiative in der Bürgerschaft etwa nicht unterstützen?
- Halten Sie es auch für richtig, dass es einen Bestandsschutz und Rechtssicherheit für Kleingärten in Hamburg gibt?
- Wie schätzen Sie die Gefahr der Parzellenminiaturisierung ein?
- Werden Sie, sollten Sie MdHB werden, als Vorsitzender überparteilich agieren oder geben Sie dann Ihr Amt auf?

Mit freundlichen Grüßen
K. A.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei meine Antworten zu den gestellten Fragen.

Zu Frage 1:

Eine sozial-ökologische Fortschreibung des Bundeskleingartengesetzes ist nicht erforderlich, weil diese Aspekte bereits unter dem geltenden Gesetz praktiziert werden können. In den Hamburger Kleingartenanlagen werden Kooperationen mit Kitas, Schulen, Flüchtlingsorganisationen sowie mit anderen sozialen und ehrenamtlichen Einrichtungen gepflegt. Dem naturnahen Gärtnern haben sich der LGH und die Mitgliedsvereine ebenfalls verschrieben. In Zusammenarbeit mit dem Verein "Naturgarten e. V" werden Schulungen für die Fachberaterinnen und Fachberater der Vereine durchgeführt. Naturgarten e. V. veröffentlicht im "Gartenfreund" regelmäßig Artikel zum Thema biologischer Obst- und Gemüseanbau sowie zum naturnahen Gärtnern.

Zum Thema „umwelt- und familienfreundlicher Kleingartennutzung“ wird von einigen Interessierten der Ausbau der Gartenlauben mit Sanitäreinrichtungen wie z. B. WCs und Duschen gefordert. Dazu muss man wissen, dass die Privilegien des Kleingartenwesens (niedrige Pachthöhe und Kündigungsschutzregelungen), die letztlich Grundrechtseingriffe in Artikel 14 Grundgesetz (Privateigentum) darstellen, Gegenstand mehrerer Urteile des Bundesverfassungsgerichtes waren. Die Privilegien des Kleingartenwesen wurden nur deshalb als verfassungsgemäß beurteilt, weil den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern im Gegenzug „Auflagen“ zur Nutzung der Kleingärten gemacht wurden: Die Gartenlauben dürfen nur in einfacher Ausstattung und nicht zum Wohnen geeignet sein und der Obst- und Gemüseanbau ist verpflichtend. Jede Gesetzesinitiative, die darauf abzielt, den Ausstattungsstandard der Gartenlauben zur erhöhen, gefährdet den Bestand des Bundeskleingartengesetzes, weil die notwendigen Begründungen für die oben genannten Grundrechtseinschränkungen entfielen. Eine Entwicklung weg vom Kleingarten hin zum Wochenendgrundstück lehne ich ab, weil der Schutz der Gärten entfiele und die Pachtkosten für ein 300 qm Grundstück geradezu explodierten. Das sollte auch die Partei „Die Linke“ nicht bewirken wollen …

Weil die Erörterung des Themas an dieser Stelle zu viel Platz einnehmen würde verweise ich auf eine Schriftliche Anfrage Ihrer Fraktion Die Linke, in der die Punkte in der Beantwortung  ausführlich und nachvollziehbar behandelt worden ist.

https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/65459/fragebogenaktion_zu_abwaessern_in_kleingaerten_nachfragen_zu_den_schriftlichen_kleinen_anfragen_drs_21_15141_und_21_15494.pdf

Eine parlamentarische Initiative zur Änderung des Bundeskleingartengesetzes, die (auch wenn sie gut gemeint sein mag …) lehne ich ab, weil sie nur Schaden anrichten und keine positiven Ergebnisse erzielen kann. Damit stehe ich in vollem Einklang mit allen Landesverbänden des Kleingartenwesens in Deutschland und mit dem Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e. V.

Zu Frage 2:

Ja. Mit den vertraglichen Regelungen, die der Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e. V. als Dachverband der Kleingartenvereine in Hamburg mit der Stadt geschlossen hat ist die Anzahl der Kleingärten in Hamburg gesichert. Wenn Kleingärten ersetzt werden müssen, hat die Stadt die Kosten für das Ersatzland und für die Herrichtung einer neuen Anlage zu übernehmen.

Zu Frage 3:

Der Gesamtumfang der Kleingartenflächen, die der Landesbund von der Stadt und von einigen privaten Verpächtern gepachtet hat beträgt ca. 13.500.000 qm. Das entspricht in etwa der Fläche von acht Außenalstern. Im Durchschnitt sind das, bezogen auf die in Hamburg vorhandenen 33.500 Parzellen, ca. 402 qm pro Parzelle. Die Altanlagen, die vor dem Zweiten Weltkrieg angelegt wurden, haben häufig 600 bis 1.000 qm große Parzellen. Eine „Gefahr“, die von Parzellenverkleinerungen ausgeht, besteht nicht, sondern im Gegenteil die Notwendigkeit der Teilung von Parzellen. Die Verdichtung von Bestandsanlagen bietet darüber hinaus den Vorteil der Sanierung der gesamten Infrastruktur des Vereines. Die Kosten dafür übernimmt die Stadt. Beispiele finden Sie unter folgendem Link:

https://www.hamburg.de/beispielprojekte/

Im Übrigen werden kleinere Parzellen immer häufiger nachgefragt, und zwar insbesondere von Alleinerziehenden und von Berufstätigen. Nähere Informationen könne Sie der aktuellen Bedarfsanalyse der Behörde für Umwelt und Energie entnehmen, die Sie unter folgendem Link abrufen können:

https://www.hamburg.de/contentblob/6492296/55ac714ff5e6822028cc94a2a2d27e24/data/kleingartenbedarfsanalyse.pdf

Zu Frage 4:

Sollte ich von den Hamburgerinnen und Hamburgern in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt werden, übe ich mein Amt als Vorsitzender des Landesbund der Gartenfreunde in Hamburg e. V. weiterhin überparteilich aus.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Sielmann