Frage an Ditmar Staffelt von Ingrid M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Dr. Staffelt,
wie Sie wissen soll noch vor der Sommerpause im Bundestag ein Gesetz gegen die Einfuhr von Robbenprodukten beschlossen werden.
In diesem Zusammenhang besuchten Regierungsvertreter der kanadischen Arktisregion Berlin. Es fand auch ein Gespräch mit Bundestagsabgeordneten statt, in dem die Inuits für ihre Interessen warben. Offensichtlich besteht in ihrer Fraktion Konsens dieses Gesetz ohne "Wenn und Aber" durchzuwinken.
Meine Fragen an Sie:
- Sind Sie nicht auch der Meinung, dass durch dieses Gesetz den Inuits ein Teil ihrer Lebensgrundlage genommen wird, da diese Jagd jahrhundertelang zur Lebenssicherungs beitrug.
- Offensichtlich wird von Experten nicht bestritten, dass eine Regulierung der Robbenpopulation notwendig ist. Stimmt das, oder gibt es nicht genügend natürliche Feinde?
Ich hoffe, dass vor der Abstimmung eine Diskussion stattfindet, die dieses nicht einfache Thema von allen Seiten beleuchtet.
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Mathes
Sehr geehrte Frau Mathes,
die Koalitionsfraktionen haben einen Gesetzesentwurf vorgelegt, den der Bundestag im April zu weiteren Beratungen an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen hat. In der Tat sind meine Fraktion und ich der Meinung, dass wir ein nationales Import-, Be- und Verarbeitungsverbot sowie ein Verbot des Inverkehrbringens von Robbenprodukten benötigen. Im deutschen Recht fehlt bislang eine solche Regelung.
Viele Verbraucher beklagen die nicht tierschutzgerechten Methoden zur Tötung der Robben. Die Jagd mit Bootshaken, Knüppeln oder Metallstangen ebenso wie die leider immer noch nicht selten angewendete Praxis, den Robben bei lebendigem Leib das Fell abzuziehen, führen zu erheblichem Leiden, auch wenn mittlerweile ein Großteil der Tiere erschossen wird. Mehr als 80 Prozent der Deutschen plädieren in Umfragen für ein strenges Importverbot sämtlicher Robbenerzeugnisse.
Hierbei kommt die Frage auf, ob eine Regulierung der Robbenpopulation unumgänglich ist. Kanada bspw. erkennt eine Notwendigkeit der Bestandsreduzierung von Robben. Dort wurden seit 1996 mehr als drei Millionen Sattelrobben gezielt getötet. Allein in diesem Jahr wurden 275.000 von der kanadischen Regierung offiziell zum Töten freigegeben. Weltweit werden zu kommerziellen Zwecken knapp 750.000 Robben getötet.
Länder wie Kanada oder Namibia wollen mit dem Handel von Robbenprodukten zweifellos Gewinn erzielen, wirtschaftliche Argumente stehen häufig einer natürlichen Bestandsregulierung entgegen. Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die Bejagung von Robbenbeständen zur Eigenversorgung der indigenen Bevölkerung gesichert bleiben muss, aus diesem Grund enthält der Gesetzentwurf eine Ausnahmeregelung zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Existenz. Die rein kommerzielle Robbentötung zur Herstellung von Kleidung oder Wellnessprodukten hingegen lehne ich entschieden ab!.
Bisher konnte sich die EU auf keine gemeinsame Position verständigen. Auch die so genannte Jungrobbenrichtlinie aus dem Jahr 1983 hat die Erwartungen nicht ausreichend erfüllen können. Ein europaweites Einfuhr- und Handelsverbot bei Produkten aller Robbenarten ist derzeit leider nicht abzusehen. Wir wollen mit der Einbringung des Koalitionsentwurfes das gesamte Verfahren beschleunigen. Deutschland soll neben den Niederlanden und Belgien eine Vorreiterrolle für ein nationales Handelsverbot einnehmen, um auf diesem Weg zu einem europaweiten Einfuhr- und Handelsverbot zu kommen. Entscheidend ist dabei natürlich, dass die Kompetenzen der Gemeinschaft im Bereich Handelspolitik und Tierschutz nicht verletzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ditmar Staffelt